Als eine der ersten Frauen in ganz Baden-Württemberg erhielt Barbara Rueb vor 50 Jahren ihren Meistertitel als Raumausstatterin. An ihrer Meisterschule war sie damals die einzige Frau unter 23 Männern.
Seither hat sich das Geschlechterverhältnis in ihrem Metier grundlegend verändert: In ihrem Betrieb in der Laufenburger Altstadt bildete sie zwischen 1983 und 2000 insgesamt sechs weibliche Lehrlinge aus.

Von Beginn an sei es nicht leicht gewesen, Auszubildende zu finden. „Es war immer eine Mühe und es wurde im Verlauf der Zeit noch schwieriger“, berichtet Rueb, die im vergangenen Frühjahr im Alter von 78 Jahren ihren Ruhestand angetreten hat.
Viele Bewerber auf eine Ausbildung zum Schreiner
Probleme mit dem Finden von Azubis hatte Schreinermeister Ekkehard Meroth nie. Im Gegenteil steht der 59-Jährige regelmäßig vor der Auswahl, welchem der zahlreichen Bewerber er eine Lehre in seinem Betrieb in Wehr anbieten möchte. „Unser Gewerk ist nach wie vor sehr beliebt. Andere Branchen haben Probleme damit, Azubis zu finden, aber wir als Möbelschreinerei erhalten viele Bewerbungen“, so Meroth.
Er selbst hat seine Lehre bereits im Alter von 14 Jahren begonnen. „Für mich war von Anfang an klar, dass ich Schreiner werden würde. Ich wollte nie etwas anderes machen“, erinnert sich Meroth. Nach acht Jahren im Ausbildungsbetrieb machte er sich 1997 selbstständig.
Seit 2000 bildet er selbst aus – und das mit Erfolg: Zwei seiner ehemaligen Lehrlinge haben mittlerweile einen Meistertitel und arbeiten noch immer in seiner Schreinerei. „Auch mit mehreren anderen ehemaligen Azubis habe ich noch Kontakt“, erzählt der Schreinermeister.
„Ich habe denen gezeigt, dass ich einiges drauf habe“
An ihre Ausbildung erinnert sich auch Barbara Rueb gerne zurück. Die gebürtige Laufenburgerin absolvierte zunächst eine Lehre als Tapezierdekorateurin. Im Anschluss machte sie einen Meistertitel als Raumausstatterin an der Meisterschule in Stuttgart, wo sie sich in einer Männerdomäne behaupten musste. Unter den 23 Männern sowie den Ausbildern herrschten zunächst Vorurteile gegenüber der 27-Jährigen: „Ich habe denen aber gezeigt, dass ich einiges drauf habe“, erzählt Rueb.

Nachdem sie im Jahr 1980 den Betrieb ihres Vaters übernommen hatte, begann die Raumausstatterin im Jahr 1983 selbst auszubilden. „Leider gab es immer weniger Interessenten“, erinnert sich die 78-Jährige. Ab dem Jahr 2000 unterrichtete sie in Waldshut als überbetriebliche Ausbilderin, doch auch dort fiel es zunehmend schwerer, die Kurse voll zu bekommen. Inhaltlich habe sich die Ausbildung im Laufe der Zeit deutlich verändert und an die neuen Anforderungen im Beruf angepasst.
Ekkehard Meroth will die Tradition seines Handwerks bewahren
Gleiches gilt für die Ausbildung zum Schreiner, wie Ekkehard Meroth berichtet: „Heutzutage gibt es viel mehr unterschiedliche Materialien, mit denen man umgehen können muss, als früher“, so der Schreinermeister. Neben Holz und Glas werde mittlerweile auch viel mit Kunststoff, Stahl und Kupfer gearbeitet – entsprechend viel umfangreicher sind heute die Lehrinhalte an der Holzfachschule. „Außerdem sind heute natürlich andere Gestaltungen angesagt als früher. Das ändert sich stetig, was den Beruf sehr abwechslungsreich macht“, erklärt Meroth.
Zudem haben sich seit seiner Ausbildung große technische Entwicklungen ergeben. Heute müssen Lehrlinge auch die Arbeit mit computergesteuerten Maschinen beherrschen. Auch die Lackiertechniken haben sich verändert. „Trotz dieser Veränderungen versuchen wir in unserem Betrieb, das traditionelle Handwerk zu bewahren und die Grundtugenden zu vermitteln“, so Meroth.
Beruf der Raumausstatterin kämpft ums Überleben
Die Tradition ihres Handwerks liegt auch Barbara Rueb am Herzen. Die Wertschätzung für die Historie und die Verbindung von Tradition mit neuen Anforderungen waren stets entscheidend für ihre Arbeit. Eine besondere Leidenschaft hat Rueb bis heute für schöne, bunte Stoffe aus verschiedenen Ländern und Zeiten. Stolz war sie immer auf ihre vielfältigen Polster-, Möbel- und Gardinenstoffe und ihre große Sammlung an Musterbüchern.
Nähen, Polstern, Wände verspannen – all das gehört zum Handwerk einer Raumausstatterin. Dass der Beruf im Zeitalter von Ikea ums Überleben kämpfen muss, weiß auch Rueb und zeigt sich dennoch optimistisch, dass es ihn weiterhin geben wird: „Der Beruf verändert sich und die kleinen Betriebe werden wohl wegfallen. Aber es wird immer Menschen geben, die eine individuelle Raumausstattung schätzen“, so Rueb. Für sie ist klar: „Es ist ein wunderschöner, kreativer Beruf. Ich würde ihn jederzeit wieder ergreifen.“
Meroth freut sich über das Lächeln seiner Kunden
Optimistisch zeigt sich auch Ekkehard Meroth im Hinblick auf die Zukunft seines Handwerks: „Viele wünschen sich hochwertige Möbel, die nicht sofort kaputtgehen. Die Kunden schätzen unser Handwerk und unsere Erfahrung“, so der Schreiner. Dennoch weiß er, dass man ständig dazulernen muss, um nicht von den Entwicklungen der Zeit überholt zu werden.

Meroth empfindet seinen Beruf als erfüllend. „Es ist einfach schön, zu sehen, wie sich ein Projekt von der Idee über die Zeichnung bis hin zur Fertigstellung entwickelt“, erklärt er. Das eigenverantwortliche Arbeiten an eigenen Projekten mache den Beruf aus.
Besonders freue er sich dann über das Lächeln der Kunden, wenn er es geschafft hat, ihre Vorstellungen umzusetzen. Er ist sich sicher, dass die Lehre zum Schreiner für junge Menschen auch heute noch attraktiv ist.