In Laufenburg hat die Zeit ohne Obrigkeit begonnen. Unterstützt von Abordnungen anderer Narrengruppen stürmte der Elferrat am Dritten Faißen um 11.11 Uhr das Rathaus. Dort setzten die Narren Paragraphendschungelkönig Ulrich Krieger ab und entließen seine durchweg weibliche Mannschaft in eine glückselige Fasnachtszeit. Die Übergabe eines gebackenen Stadtschlüssels an die Narren symbolisierte den Machtwechsel. Musikanten der Stadtmusik fanden die dafür passenden Töne.

Die bis auf den Chef durchweg weibliche Mannschaft im Laufenburger Rathaus haben genug: „Ich bin Beamter – holt mich aus dem ...
Die bis auf den Chef durchweg weibliche Mannschaft im Laufenburger Rathaus haben genug: „Ich bin Beamter – holt mich aus dem Paragraphenschungel!“ | Bild: Vonberg, Markus

Das Rathaus-Team hatte die Elfer dieses Mal als Teilnehmer der Casting-Show „Ich bin ein Beamter – holt mich hier raus!“ erwartet. Insbesondere der Bürgermeister schien es gar nicht erwarten zu können: „In fünf Minuten ist 11.11. Uhr! Dann ist hier fertig!“, rief er aus seinem Dienstzimmer den Narren entgegen. Narrenpolizist Jonny Böhler war die Pünktlichkeit in Person, als er Krieger die Handschellen anlegte und ihn in den Ratssaal führte, wo Elfer ihr Tribunal abhielten.

Polonaise im Rathaus: Gleich ist der Bürgermeister weg! Video: Vonberg, Markus
Narrenpolizist Jonny Böhler legt Ulrich Krieger in dessen Amtszimmer Handschellen an.
Narrenpolizist Jonny Böhler legt Ulrich Krieger in dessen Amtszimmer Handschellen an. | Bild: Vonberg, Markus

Doch gemach! Denn zunächst ließ Elfer-Sekretär seinen ganzen Charme spielen und begrüßte die Gäste aus Laufenburgs französischer Partnerstadt Le Croisic in akzentfreiem Französisch. Selbstironisch erklärte er, wie es um Laufenburgs ältesten Fasnachtsverein steht: „Rien ne va plus. Nichts geht mehr.“

Elferrats-Präsident Ralf Malnati (rechts) hat detailliert zusammengefasst, was der Bürgermeister im vergangenen Jahr verbrochen hat.
Elferrats-Präsident Ralf Malnati (rechts) hat detailliert zusammengefasst, was der Bürgermeister im vergangenen Jahr verbrochen hat. | Bild: Vonberg, Markus

Doch zeigte Elfer-Präsident Ralf Malnati, dass die Elfer durchaus noch das Stadtgeschehen aus närrischer Perspektive beobachten. So habe das Städtle jetzt ja ein E-Mobil bekommen. Springender Punkt aber sei: „Wie kommt de Pfus in die Chischte? Vielleicht Atomstrom uns Frankreich?“ Malnati wollte das auf jeden Fall verhindern und übergab Krieger für die E-Chauffeure eine Kappe mit einem Windrädchen drauf. Bei hinabgekurbeltem Fenster und bergab am Heiliggeistbuckel produziere der dann seinen eigenen Strom.

So freuen sich Stadträtinnen, Amtsleiterinnen und Rathaussekretärinngen, wenn der Bürgermeister nichts mehr zu sagen hat (von links): ...
So freuen sich Stadträtinnen, Amtsleiterinnen und Rathaussekretärinngen, wenn der Bürgermeister nichts mehr zu sagen hat (von links): Michaela López Dominguez, Martina Bögle und Nadine Hottinger. | Bild: Vonberg, Markus

Die 150.000 Euro für das Museum Schiff im Schweizer Laufenburg fand Malnati gar nicht lustig: Das sei etwas viel Geld für eine „Brockenstube“ auf der falschen Seite des Rheins. Mit dem Geld hätte man auch was vernünftigeres anfangen können: „Einen Ausflug nach Berlin, Mallorca oder sogar nach Rotzel zum Sascha.“

Mitglieder der verschiedenen Narrengruppen und das Rathaus-Team verfolgen die Absetzung des Bürgermeisters.
Mitglieder der verschiedenen Narrengruppen und das Rathaus-Team verfolgen die Absetzung des Bürgermeisters. | Bild: Vonberg, Markus

Endlich lieferte Malnati auch eine vernünftige Erklärung, weshalb der Elferrat dieses Jahr keine Wiiberklatsch organisiert hatte. Eigentlich sei „Knöllchen-Mario“ für das musikalische Programm angefragt worden. Doch der Freizeitmusiker und Stadtsheriff habe aus Zeitgründen abgesagt: „Er muss Strofzettel schriebe. Anweisung von oben...“

Krieger spielte den Ball zurück: „Der Elferrat ist in Laufenburg doch selbst das größte Thema, verlässt er doch das übliche, über Jahrzehnte eingeübte traditionelle Schema.“ Kein Wiiberklatsch, keine Schulbefreiung, kein Kinderball, sogar beim Würstchenverkauf am Alten Zoll hätten sich die Elfer aus dem Staub gemacht.

Der Bürgermeister ist dingfest gemacht. Das Tribunal kann beginnen.
Der Bürgermeister ist dingfest gemacht. Das Tribunal kann beginnen. | Bild: Vonberg, Markus

Weil die Fasnacht ja ein alter Ritual der Winteraustreibung sei, befürchte die Truppe wohl, dafür geradestehen zu müssen, dass es gar keine echten Winter mehr gebe. UM die Elfer für die Laufenburger Fasnacht zu erhalten, bot er ihnen seinen juristischen Beistand an: „Denn der Elferrat ist für die Fasnacht in Laufenburg wichtig, deshalb, liebe Elfer, macht es in Zukunft wieder richtig.“

Winfried Gerteis ist erschienen, um den Elferrat für die Nachwelt im Stadtarchiv aufzubewahren.
Winfried Gerteis ist erschienen, um den Elferrat für die Nachwelt im Stadtarchiv aufzubewahren. | Bild: Vonberg, Markus

Dann trat Winfried Gerteis als Archiv-Mitarbeiter auf. Er war gekommen, um den Elferrat ins Stadtarchiv zu verbringen: „Wir haben da schon elf Schachteln gerichtet.“ Noch seien er und sein Chef Martin Blümcke aber nicht ganz sicher, unter welchem Sachgebiet die Elfer abzulegen seien: „Unter Kulturgut? Unter Fürsorgewesen? Unter Wirtschaftsförderung? Unter Tierhalung – wegen Chicken-Gang?“ Ganz so verstaubt, dass er ins Archiv gehöre, sei der Elferrat dann doch nicht, fand Gerteis.

Schmutziger Dunnschtig oder dritter Faissen:

Das könnte Sie auch interessieren

Fasnacht 2023: So feiern die Narren am Hochrhein und im Südschwarzwald