Was kann eine Stadt tun, damit hochbetagte Menschen möglichst lange und möglichst selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden Leben können? Diese Frage stellen sich Cornelia Rösner, Klaus Eberhardt und Diana Stöcker schon seit 2013. In diesen fünf Jahren haben sie nicht nur Einflussmöglichkeiten gefunden, sondern schon ein beachtliches Programm zusammengestellt. Denn für die Stadtverwaltung ist klar: Mehr Pflegeplätze können nicht die Antwort auf eine immer älter werdende Gesellschaft sein.
Im Jahr 2020, so die Prognose der Stadt, werden in Rheinfelden rund 1000 Menschen leben, die in irgendeiner Form pflegebedürftig sind, 15 Jahre später werden es gut 1300 sein. Damit ist Rheinfelden zwar „demografisch unauffällig und sogar ein bisschen jünger als der Landesdurchschnitt“, wie Rösner, Leiterin des Amts für Familie, Jugend und Senioren bei einem Pressegespräch am Donnerstag erklärte. Dennoch steigt die Zahl der Hochbetagten (80 Jahre und älter).
Was die statistische Auswertung der Stadt aber auch zeigt: Die meisten Menschen, die pflegebedürftig sind respektive Pflegegeld erhalten, werden im familiären Umfeld betreut und nehmen keine institutionelle Hilfe in Anspruch. „Wenn wir ehrlich sind, wollen wir doch alle am liebsten zu Hause alt werden“, so Rösner. Deshalb versuche die Stadt im Vor- und Umfeld der Pflege möglichst viele Hilfsangebote zu installieren – für die Senioren aber auch die Angehörigen. Für Klaus Eberhardt ist im Bezug aufs Bürgerheim deshalb auch klar, dass die Zahl der stationären Pflegeplätze nicht steigen wird, wenn der Umbau im Zuge der Landesheimbauverordnung abgeschlossen ist.
Aus dem Präsenz-Modell hat sich ein Vier-Felder-Modell der kommunalen Seniorenpolitik entwickelt. „Heute geht es eben nicht mehr darum, Freizeitangebote für Senioren zu schaffen, das können die meisten alleine“, so Bürgermeister Diana Stöcker. Bedarfsgerechte Seniorenpolitik stütze sich auf die Felder Information und Prävention, Netzwerkarbeit und Quartiersentwicklung, Fach- und Öffentlichkeitsarbeit sowie bürgerschaftliches Engagement. Zu letzterem zählt etwa der Stadtseniorenrat oder die Nachbarschaftshilfe, in der sich mittlerweile zwölf Ehrenamtliche in Patenschaften um ältere Menschen kümmern.
Die Stadt beschäftigt im Seniorenbüro zudem zwei Angestellte, die sich eine 100-Prozent-Stelle teilen. Gefördert wird das Projekt über das Nachfolgeprogramm von Präsenz, Präsenz im Quartier.
Dass die Hilfe auch ankommt, dafür sorgen Rösner und ihr Team proaktiv. „Wir schreiben jeden Bürger ab dem 75. Lebensjahr an oder telefonieren. Im Rahmen von Hausbesuchen bringen wir die Broschüre ’Gut zu wissen’ vorbei, in der alle relevanten Informationen gebündelt sind“, erklärt Rösner. Und obwohl das Netz so engmaschig wie möglich gestrickt ist, fallen auch in der Stadt einige Menschen durchs Raster, wie Rösner feststellen muss. „Wir sprechen hier von einer vulnerablen Zielgruppe, wo Vereinsamung oder auch Vermüllung vorkommen.“ Wie hoch diese Zahl ist, lässt sich nicht feststellen. Aber: „Auch hier hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass man sich an uns wenden kann, wenn in der Nachbarschaft ein solcher Fall auftritt“, so Rösner. Die Mundpropaganda funktioniere mittlerweile auch sehr gut.
Weitaus dickere Bretter zu bohren gibt es beim Thema Wohnungen für Senioren. Ein Mehr-Generationenhaus gibt es in der Stadt noch nicht. „Es sind genossenschaftliche Projekte in Planung, aber noch nichts spruchreif“, so OB Eberhardt. Eine Privatinitiative, von der er Kenntnis habe, komme jedoch nicht voran.
Dass Senioren ihre Wohnungen freiwillig gegen kleinere tauschen, habe er auch noch nicht erlebt. Urteilen will er darüber nicht. „Wer weiß schon, wie wir reagieren werden, wenn es einmal so weit sein sollte.“