Mit dem neuen Jahresprojekt „Kulturküche“ will die katholische Kita St. Josef die Toleranz und das Verständnis für die Werte der unterschiedlichen Kulturen stärken und fördern. Immerhin haben 87 Prozent der Kita-Kinder einen Migrationshintergrund. Den Auftakt machte am Donnerstag ein türkischer Abend mit dem Rhein-Bildungs- und Kulturverein als einem von fünf Kooperationspartnern.
In ungezwungener Atmosphäre erlebten etwa 50 Kinder und Erwachsene kurzweilige und lehrreiche Stunden. Mit dem Jahresprojekt wollen die Verantwortlichen in mehrfacher Hinsicht Akzente setzen: Es ist im Rahmen des Bundesprogramms „Sprach-Kita – weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ und mit Blick auf die Weiterentwicklung der Einrichtung zu einem Kinder- und Familienzentrum entstanden. Darüber hinaus beteiligt sich die Kita St. Josef mit dem Projekt an der Konzeption 2025 für Integration und Teilhabe der Stadt und es soll als Beteiligung am Werte-Jahr 2020 verstanden werden, betont Kita-Leiterin Martina Rückert.
Tisch-Rituale sind wichtig
Viele Familien würden heute nicht mehr bei den Mahlzeiten gemeinsam am Tisch sitzen, „dabei sind gerade solche Rituale ganz entscheidend für die Kindesentwicklung“, sagte Rückert zum Auftakt. Auch hätten Kinder oft keine kindgerechten Speisen in der Vesperdose, und vieles andere, was früher wichtig war, sei in der heutigen Zeit verloren gegangen. „Deswegen haben wir uns dieses Projekt einfallen lassen.“ Nicht zuletzt auch, weil Sprachentwicklung auch auf die Ernährung zurückzuführen sei. Außerdem seien Kinder neugierig, was der Freund zuhause isst und was dort gekocht wird.
Die für das Projekt zuständigen Erzieherinnen möchten ermutigen, gemeinsam bewusster zu essen. Dabei sollen landestypische Gewohnheiten der einzelnen Nationen erläutert werden, in der Hoffnung, „dass die gegenseitige Akzeptanz der Kulturen wächst“, so Rückert. Geplant ist, über das Jahr verteilt regelmäßig zu Leckereien aus verschiedenen Ländern einzuladen. Bei den Länder-Abenden soll gemeinsam gekocht und gegessen werden. Das Ziel ist, dass die Gäste Kontakte knüpfen und ins Gespräch kommen, alles stets im Hinblick darauf, wie die Kinder miteinbezogen werden können. Außerdem sollen Tipps und Tricks aufgezeigt werden, wie kleine einfache Tischspiele Kinder zum Essen und Sitzenbleiben motivieren können.
Internationale Rezeptvorschläge
Auch internationale Rezeptvorschläge für Familienessen gehören dazu. Um all die Hintergrundinformationen der Kulturen korrekt weitergeben zu können, hat die Kita als Kooperationspartner das Familienzentrum, den russischen Bildungs-, Kultur- und Integrationsverein Rosinka, die italienische Frauengruppe und die Quartiersarbeit mit den Integrationslotsen der Stadt Rheinfelden gewonnen.
Nach einem gemeinsam gesungenen Lied stellte Hülya Bogazliyanlioglu vom Rhein-Bildungs- und Kulturverein dessen Aufgaben und Ziele vor und machte mit der türkischen Tischkultur bekannt, wo das gemeinsame Essen mit der Familie „ein ganz wichtiges Ritual ist“. Viele staunten, als sie erklärte, dass man auf dem Teller von vorne zu essen beginne, keine Portion nachgeschoben werde, wenn der Mund noch nicht leer sei und der Kopf nicht zum Teller gestreckt, sondern aufrecht gesessen werde.
Alle beteiligten sich mit großem Spaß an der Zubereitung der bewusst einfach gewählten türkischen Speisen: Fellah Köfte (Bulgurbällchen) und Peynirli Pogaca (mit Käse gefüllte Hefeteilchen). Eifrig rollten und formten selbst die Kleinsten den vorbereiteten Teig – sogar die Papas machten mit. Die türkischen Frauen standen überall hilfreich zur Seite oder kochten derweil Unmengen an Knoblauch für eine würzige Joghurt-Soße, bis es endlich hieß „Afiyet olsun“ (guten Appetit). Selbstverständlich stand nach dem Essen auch das Aufräumen auf dem Programm.