Der Zeichner und Maler Abdelhamid Baioui greift wieder zur „spitzen Feder“ und bringt satirisch-kritische Karikaturen zu Papier. Vor drei Jahren hat Baioui einen Schlaganfall erlitten. Nach langer Erkrankung und Reha-Maßnahmen kann sich der 67-Jährige nun wieder künstlerisch betätigen als Karikaturist, der das Geschehen in der Gesellschaft, in der Weltpolitik, aber auch in seiner Wahlheimat Rheinfelden genau beobachtet und Ereignisse kritisch, aber mit Humor aufs Korn nimmt.
„Mit wenigen Strichen kann man viel aussagen“, beschreibt Baioui seine Tusche- und Stiftzeichnungen. „Auf die Idee kommt es an. Wenn ich selber über etwas lachen kann, dann zeichne ich es.“
In der Corona-Krise hat er sich mit bedrohlichen Themen auseinandergesetzt. Eine Karikatur zeigt eine weinende Erdkugel, zerdrückt vom Kräftemessen zwischen Wirtschaft und Corona. „Die Erde, die weint, das ist nicht zum Lachen, das tut weh“, so der Zeichner.
Auch zu den geschlossenen Grenzen hat sich Baioui ein Bild überlegt: Da sitzt ein Mann beim Optiker und kann trotz dicker Brille das Wort „Grenzöffnung“ nicht lesen. Wie sich die Corona-Krise auf das Familienleben auswirkt, ist auf einer anderen Zeichnung zu sehen. Darauf sieht man einen Mann, der Teller wäscht, während seine Frau die Zeitung mit Corona-Schlagzeilen liest. „Jetzt kümmern sich die Männer auch mal um den Haushalt“, wollte Baioui damit hintersinnig ausdrücken.
Das lokale Geschehen
Auch das lokalpolitische Geschehen beschäftigt ihn stark. „Das Lokale ist mir sehr wichtig“, sagt er und zeigt auf eine Karikatur über die Oberbürgermeisterwahl in Corona-Zeiten. Klaus Eberhardt, der 94 Prozent der Stimmen holte, lässt auf dieser Karikatur in kraftvoller Pose die Muskeln spielen und hält in einer Hand einen Mundschutz. „Abstand halten“ steht darunter. „Das ist doppelsinnig gemeint“, sagt Baioui, der bei bekannten Persönlichkeiten auf „Fingerspitzengefühl“ beim Karikieren achtet. „Ich habe viele Karikaturen über Rheinfelder Themen gemacht“, erzählt der Künstler, der seit 43 Jahren in der Industriestadt wohnt und von sich sagt: „Ich bin ein Rheinfelder.“
Der 1953 in Tunesien geborene Regisseur, Maler, Zeichner, Dolmetscher und Dozent hat früher als Regisseur Serien speziell für Kinder im Fernsehen gemacht. Seit er in Rheinfelden lebt, hat er sich auf verschiedenen Gebieten engagiert. Bis vor wenigen Jahren war er als Volkshochschul-Dozent sehr aktiv, anfangs noch in Räumen der Realschule, dann im VHS-Haus.
Baioui hat Kurse für Arabisch, Karikaturen-Zeichnen und das Filmemachen mit der eigenen Kamera geleitet, aber auch Theater für Kinder. Er hat in den 1980er Jahren im Zuge der VHS-Tätigkeit das Buch „Wie zeichne ich Karikaturen“ herausgebracht, das in einer Auflage von 1000 Exemplaren erschienen ist.
Der Vater von fünf Kindern, der in zweiter Ehe verheiratet ist, setzt sich im Christlich-Islamischen Verein Hochrhein ein, dessen Vorstand er viele Jahre angehörte. Bei Veranstaltungen des Vereins hat er Vorträge gehalten über die Ehe im Islam und die Begräbniskultur im Islam.
Verständnis für andere Kulturen zu wecken, zwischen den Kulturen zu vermitteln, die Integration zu fördern, ist Baiouis Anliegen. Er setzt sich für ausländische Mitbürger und Asylbewerber ein, die in der Gemeinschaftsunterkunft leben, fungiert als Übersetzer. Einmal, erinnert er sich, sei er als ungewöhnlicher, arabisch sprechender „Weihnachtsmann“ in der Gemeinschaftsunterkunft aufgetreten. „Ich wollte immer helfen“, sagt er über sein Engagement.
In Ausstellungen, etwa in der Sparkasse Rheinfelden, hat er sich als vielseitiger Maler mit Landschaften, Stillleben und Tunesien-Impressionen vorgestellt. Viele Jahre lang sind Baiouis Karikaturen regelmäßig in lokalen Tageszeitungen erschienen, damit hat er sich einen Namen gemacht. Nun wieder Karikaturen zeichnen zu können, macht ihm große Freude.