Rheinfelden Der alte Friedhof Warmbach liegt an der Mouscronallee zwischen dem Festplatz am Tutti Kiesi und dem Europastadion. Trotz der drei Parkplätze, der beiden ansprechenden Sitzbänke und den jungen Bäumen vor seinem Eingangstor muss man wissen, dass es ihn gibt, um ihn wahrzunehmen.
Am 30. Dezember 1974 fand hier die letzte Urnenbestattung statt. Am 1. April 1975 wurde der Friedhof außer Dienst gestellt. Nach 20 Jahren Ruhezeit wurde das letzte Grab entsprechend zum Jahresende 1994 aufgelöst. Bis 2027 plant die Stadt, den Friedhof zu einem öffentlichen Park umzugestalten.
Abgeschlossen ist das Tor derzeit nicht mehr. Nachdem die überalterten Bäume entfernt worden sind, sieht Patrick Pauli, Leiter der Abteilung Stadtgrün und Umwelt, keinen Grund mehr, den Menschen den Zugang zu verwehren. Der Ort ist problemlos begehbar, auch wenn die Sträucher großgewachsen sind und die Brombeeren von überall her über die Mauer wuchern. Vor allem Thuja und Eibe wachsen dort, „typisches Friedhofsgehölz“, sagt Pauli. Der ganze Bereich ist von Gras bedeckt, das ein paarmal im Jahr gemäht wird. Wege sind keine mehr zu erkennen.
Das große Kruzifix aus Sandstein am anderen Ende gegenüber des Einganges erinnert noch deutlich an die einstige Funktion dieses Ortes, ein halb platter Fußball unter einem Strauch zeugt von zwischenzeitlichen Besuchern. Pauli und seine Mitarbeiter haben aber noch nie jemanden hier angetroffen, wie sie erzählen. Der Friedhof ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt worden, 1962 hat die Stadt noch über eine Erweiterung nachgedacht. Ein knappes Dutzend Grabsteine steht noch überall verteilt herum, der älteste vom 8. Januar 1930. Keine Spuren sieht man mehr von den Gräbern von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. 20 von ihnen gab es hier in Warmbach, laut Pauli so viele wie sonst nirgends in Rheinfelden. Wiederentdeckt hat sie der Rheinfelder Geschichtsforscher Artur Spengler. Im Stadtarchiv stieß Spengler auf einen Originalplan des Friedhofs aus dem Frühjahr 1945. Dort ist die Lage aller Gräber eingezeichnet.
Es handelt sich zum einen um zehn Kriegsgefangene aus der Sowjetunion, die in acht Gräbern parallel zur südlichen Mauer, im sogenannten Bankett, beerdigt wurden. Spengler vermutet, dass sie möglichst weit weg von öffentlicher Aufmerksamkeit vergraben werden sollten; ihre Gräber hätten auch keine Grabsteine erhalten. Die Deutschen zeigten damit ihre Verachtung für sie. Dennoch vermerkten sie die Lage der Gräber genau. Man kennt sogar einige der Namen: Die Alliierten ließen die Rheinfelder Betriebe, in denen sie arbeiten mussten, nach Kriegsende Listen erstellen. Die Sowjetunion sammelte alle ihre Gefallenen in Südbaden auf einem Zentralfriedhof in Donaueschingen: Auch die Rheinfelder Leichen wurden umgebettet.
Einen ganz anderen Umgang pflegten die Nazis mit den Zwangsarbeitern aus Belgien, Italien und Bulgarien: Sie wurden ordentlich neben den Einheimischen begraben. Von zweien konnten keine Angehörigen ermittelt werden: Sie liegen noch immer in der Erde. Es sind der 21-jährige Belgier Jean-Baptiste van Loog und ein 25-jähriger Bulgare, der nach verschiedenen Quellen Boris Christov oder Boris Stoitchkov hieß. Beide waren auf der Flucht im Rhein erschossen worden. Nach Erlebnisberichten schossen die Deutschen noch bis ans Schweizer Ufer hin. Pauli hält es für gut möglich, dass die beiden in dem lehmigen Boden auch heute noch als unverweste Wachsleichen liegen.
Der Friedhof soll ein „Pocket Park“ werden. Wie Pauli erklärt, soll er sich in der Gestaltung an der ursprünglichen Kreuzform der Wege orientieren, sodass vier abgetrennte Bereiche entstehen. Für deren Gestaltung gibt es schon Ideen. Die Erinnerung an die beiden Zwangsarbeiter soll in angemessener Form, etwa mit einer Stele oder Plakette, erhalten bleiben. Gemäß Bundesgesetz haben alle Kriegsopfer in Deutschland ewiges Ruherecht, so Pauli.