Mit Frauenpower ist die Auto-Comedy auf dem Tutti Kiesi-Areal gestartet. Ein wahres Meer an Autos breitete sich vor der Kabarettistin Hazel Brugger aus, die am Sonntagabend vor restlos ausverkauftem Platz auftrat. Die Fans in den 150 Wagen warteten entspannt und gut gelaunt auf den jungen Comedy-Star.
Kulturamtsleiter Claudius Beck, der mit Mund-Nasenschutz am Eingang stand und mit seinen Helfern die unablässig strömende Blechlawine aufs Gelände lotste, hat mit der Wahl-Kölnerin einen Volltreffer gelandet. Ihre Fans reisten teils von weit her an, man sah sogar Karlsruher Kennzeichen. Auf den Autositzen machten es sich die Zuschauer gemütlich, die einen tranken ein Gläschen Sekt, andere hatten ihre Karossen mit Palmen und Sonstigem geschmückt. Ein Kameramann filmte den Live-Auftritt, der direkt auf die große Filmleinwand übertragen wurde.
Warm-up mit Thomas Spitzer
Zum „Vorwärmen“ kam Thomas Spitzer, Comedian und Bruggers WG-Genosse, auf die Bühne, um die „Motoren der Lachmuskeln“ schon mal ins Rollen zu bringen. Er habe sogar Verbindungen nach Rheinfelden, da seine Schwester hier eine Praxis betreibe, erzählte Spitzer. Dann betrat der Star des Abends die Live-Bühne, in lässiger Kluft, begrüßt mit allem, was an Begeisterungs-Ausbrüchen möglich ist im Auto-Kino: kurzes Hupkonzert, Lichthupe, Scheibenwischer, kollektives Autotüren-Zuknallen, wildes Klatschen im Auto und sogar mittels Klatsch-App.
Sie freue sich, so nah an der Schweizer Grenze aufzutreten, schließlich sei sie in der Schweiz aufgewachsen, sagte die 26-Jährige. Schon nach ein paar Minuten zog sie ihre Jacke aus, machte Anspielungen auf ihre kleine „Stripshow“ und die Stripper von Sixx Paxx, die bald auf demselben Platz auftreten, und diktierte der Frau von der Presse in den Block: „Schreiben Sie das auf!“
Das Hupkonzert interpretierte sie so, dass die Zeitung offenbar auch viele Fans habe. Schlagfertig, spontan, frech, witzig, herausfordernd, mit scharfzüngigem, bissigem Humor, so gab sich Hazel Brugger bei dieser letzten Show auf ihrer Auto-Comedy-Tour. Dass ihre Mama im Auto-Publikum sitzt, hielt sie nicht davon ab, schonungslos ironische Einblicke ins Privat- und Familienleben zu bieten, übers Erben in 35 Jahren zu reden und „schreckliche Dinge vor Autos zu sagen“.
Gottschalk als Vorbild
Als Kind, verriet Brugger, wollte sie Thomas Gottschalk werden und zum Fernsehen gehen. Süffisant ließ sie ein Gag-Feuerwerk über peinliche Show-Wetten mit Toilettenpapier, großäugige überforderte Moderatorinnen, „Gänse am Set“, einen splitterfasernackten Kauz und eine „Dirty Eule“ los.
Dann gab sie Intimes vom Besuch bei ihrem älteren Gynäkologen preis: „Genau so stelle ich mir ein Date mit dem Papst vor.“ Ob Pille, Spirale oder Urinprobe mit dem Spruch „O‘zapft is“: Hazel Brugger kennt keine Tabus und plaudert ungeniert auch über intime Themen.
Die Mentalitätsunterschiede
Nach jeder Pointe gingen die Licht-Hupen an, besonders wild, als Hazel Brugger über die Mentalitätsunterschiede zwischen Schweizern und Deutschen, Erlebnisse in deutschen und schweizerischen Banken und auf Autobahnen in beiden Ländern lästerte, und über die Bußgelder in der Schweiz fürs zu schnelle Fahren: „Das kostet so viel wie ein Haus in Mecklenburg-Vorpommern.“ So viel Auto-Humor müsse sein, „falls die Autos zuhören“.
Ihr Vorsprechen bei einer deutschen Bank („Ich habe gehört, Ihr habt mega viel Geld, ich zahl‘s auch zurück“) nahm Hazel Brugger ebenso gnadenlos aufs Korn wie die zu kleinen Hosentaschen bei Frauenhosen und alles, was Erwachsene komplett ausrasten lasse: Dinge von der Steuer abzusetzen, Büropartys, Mittelaltermärkte.
Politik und Systemkritik lässt sie weitgehend außen vor an diesem Abend. Über den Hashtag Hazel Brugger Rheinfelden können Fans spontan Fragen stellen, und mit einem letzten Song über die seltsame Corona-Zeit verabschiedet sich der Shooting-Star der Kabarettszene von der lichthupenden Blechkarawane.