Verena Pichler

Mit spürbarer Zurückhaltung und teils deutlichen Vorbehalten haben die Mitglieder des Sozialausschusses in ihrer Sitzung am Montag auf die Pläne reagiert, auf dem Gelände der Alperenler-Moschee in der Schafsmatt einen Kindergarten in muslimischer Trägerschaft zu errichten. Insbesondere die Sorge, dass dort eine Parallelgesellschaft entstehen könne, trieb die Mitglieder um. Aus den Reihen der anwesenden Ortschaftsräte aus Karsau kamen auch Bedenken über den Standort im Gewerbegebiet.

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Für die Stadt sind die Pläne der Ditib-Gemeinde und des Vereins zur Errichtung und Erhaltung muslimischer Kindergärten ein wichtiger Baustein bei der Schaffung neuer Betreuungsplätze. Denn mittelfristig fehlen der Stadt bis 2030 rund 172 Plätze für Kinder über drei Jahren. In der Einrichtung könnten 40 Ü3-Plätze entstehen. Auch finanziell ist das Vorhaben interessant, denn die Baukosten von 1,5 Millionen Euro sowie die Ausstattung würde die Ditib-Gemeinde übernehmen.

Für Armin Zimmermann, Leiter des Amts für Familie, Jugend und Soziales, ist auch der gesellschaftliche Aspekt wesentlich. „Ich habe einige Zeit im Sudan gelebt. Als dort Christen einwanderten, äußerten sie bald den Wunsch nach eigenen Kirchen oder Schulen.“ Deshalb sei der Wunsch der muslimischen Gemeinde nachvollziehbar.

Die Mitglieder des Sozialausschusses taten sich damit aber erkennbar schwer. „Warum ausgerechnet Rheinfelden?“, wollte etwa Anette Lohmann (Grüne) wissen und auch Rita Rübsam (Freie Wähler) fragte nach dem Mehrwert. „In Rheinfelden gelingt die Integration muslimischer Kinder doch gut.“ Elke Streit (SPD) bekannte, „Bauchweh“ bei dem Projekt zu haben, und sorgte sich insbesondere um den Spracherwerb. „Wir befürchten, dass so eine Parallelgesellschaft entsteht“, sagte Sabine Hartmann-Müller für die CDU-Fraktion.

Versuch, Bedenken zu zerstreuen

Faruk Sahin, Geschäftsführer des Trägervereins, versuchte, die Bedenken und Sorgen zu zerstreuen. Auf Rheinfelden aufmerksam sei der Verein geworden, als sich die Ditib-Gemeinde an ihn gewandt habe. In Mannheim betreibe der Verein seit sieben Jahren eine Kindertagesstätte mit großen Erfolgen, gerade was den Spracherwerb und die Vorschularbeit betreffe. Bei regelmäßigen Festen oder Tagen der offenen Türe präsentiere sich die Einrichtung nach außen. „Wir wollen durch Erfahrung auch Ängste abbauen.“ Dabei sei es auch wichtig, Muslime nicht als „orientalische Stereotypen“ zu sehen, sondern als eine neue Form von Deutschen.

Sabine Hartmann-Müller brachte in der Diskussion den Vorschlag ein, einen weiteren Träger in die Einrichtung aufzunehmen, um ein interreligiöses Konzept zu leben. „Das fände ich hervorragend.“ Für Sahin keine Option. „Da hätte ich mir gewünscht, dass die katholische Kirche vor einem Jahr auf die Gemeinde zugegangen wäre. Jetzt ist es zu spät.“ Gleichwohl wolle er nicht ausschließen, dass eine zweite Einrichtung in dieser Form einmal zustande käme.

Amtsleiter Zimmermann wiederum erteilte dem Vorschlag, in einer bestehenden Kita eine muslimische Gruppe einzurichten, eine Absage. „Den Luxus, eine Gruppe dafür aufzulösen, können wir uns nicht leisten.“ Für ihn ist der Wunsch muslimischer Eltern nach einer pädagogischen Einrichtung, die religiöse Werte vermittle, absolut nachvollziehbar. „Ich selbst bin überzeugter evangelischer Christ. Für mich stand außer Frage, dass meine Kinder eine evangelische Einrichtung besuchen.“

Fritz Gräßlin, als sachkundiger Einwohner Teil des Ausschusses, wollte wissen, woher das Geld stammt, mit dem die Gemeinde die Kita finanzieren will. „Wir bezahlen religiösen Einfluss, wenn wir das Geld für die Kita nehmen.“ Dies, entgegnete Zimmermann, würde die Stadt auch bei katholischen oder evangelischen Kindergärten tun.

Die Antwort auf die Frage nach der Finanzierung blieb Sahin in der Sitzung schuldig, worauf auch Süleyman Emre, ebenfalls sachkundiger Einwohner hinwies. In der Moschee-Gemeinde seien längst nicht alle Mitglieder über das Vorhaben informiert. Zudem würde das Gelände, wo nun die Kita geplant sei, als Parkplatz genutzt und gerade zu den Freitagsgebeten sei dieser voll.

Für Sybille Jung (SPD Karsau) ist der Standort im Gewerbegebiet schlecht gewählt. „Eine Kita sollte doch fußläufig erreichbar sein.“ Sie befürchtet einen „Auto-Tourismus“. Bürgermeisterin Stöcker entgegnete, dass auch andere Einrichtungen für Kinder nicht zu Fuß zu erreichen seien; die Baurechtsabteilung habe das Grundstück geprüft.

Auf Nachfrage der Zeitung erklärte Faruk Sahin, dass die 1,5 Millionen Euro ein erster Richtwert nach Gesprächen mit einer Architektin wären. „Ein großer Teil davon wird sicher über Spenden aufgebracht, aber auch ein Kredit ist denkbar.“