In der Einrichtung könnten bis 2022 in zwei Gruppen 40 Betreuungsplätze für Kinder über drei Jahren entstehen. Träger wäre der Verein zur Errichtung und Erhaltung muslimischer Kindergärten mit Sitz in Mannheim.
Dort unterhält der Verein bereits seit sieben Jahren eine Kindertagesstätte in Kooperation mit der Stadt Mannheim. Partner vor Ort ist ebenfalls eine Ditib-Gemeinde, wie Faruk Sahin, Geschäftsführer des Trägervereins, am Montag dem Sozialausschuss in Rheinfelden erläuterte. Ditib steht für Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion und ist die größte sunnitisch-islamische Organisation in Deutschland.
Die Stadt wäre erst der zweite Standort des Vereins. „In Baden-Württemberg gibt es nur in Karlsruhe eine weitere muslimische Kita, allerdings mit einem anderen Träger.“ Das Ziel des Vereins sei es, die Teilhabe am Leben in Deutschland zu ermöglichen. Ein wesentliches Instrument dafür sei der Spracherwerb. „Wir wollen die deutsche Sprache gezielt bewahren und fördern, ohne die Herkunftssprache zu vernachlässigen“, so Sahin.
In der Praxis sehe das so aus: Ein Kind stellt eine Frage, zum Beispiel auf türkisch. Die Erzieherin wiederholt die Frage auf deutsch und gibt die Antwort auf deutsch – aber auch in der Herkunftssprache, falls das Kind es nicht verstanden hat. „Das funktioniert sehr gut.“ Bestätigt werde dies regelmäßig bei den Einschulungstests, die den Kindern der muslimischen Kita einen überdurchschnittlichen Erfolg beim Spracherwerb bescheinigten. Wie in anderen konfessionellen Einrichtungen auch, soll es religionspädagogische Inhalte geben. So beginne der Morgenkreis etwa mit der Rezitation der ersten Sure des Korans, vor und nach dem Essen würden Dankesgebete gesprochen.
Vermittlung islamischer Riten
Die Vermittlung islamischer Riten und muslimischer Werte geschehe spielerisch und kindgerecht. „Wir orientieren uns an den Wünschen der Eltern.“ Die muslimische Kita soll allen Kindern in Rheinfelden offenstehen. In Mannheim, wo ebenfalls 40 Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, sind drei Kinder nicht-muslimischen Glaubens gemeldet. Von den sieben beschäftigten Erzieherinnen gehört eine einer anderen Religion an.
Die Kita könnte auf dem Gelände neben der Alperenler-Moschee, das der Ditib-Gemeinde gehört, entstehen. Die Kosten für den Neubau, geschätzt 1,5 Millionen Euro, würde die Gemeinde tragen, so Sahin, ebenso die Ausstattung. Die Stadt würde die Betriebskosten mit einem Zuschuss in Höhe von 68 Prozent fördern; der gleiche Satz wird auch anderen freien Trägern gewährleistet.
Stadt hält Wunsch für nachvollziehbar
Für die Stadt passt das Vorhaben in die Kitalandschaft. In Rheinfelden lebe eine große Bevölkerungsgruppe muslimischen Glaubens. Aus dieser Gruppe komme der Wunsch nach einer Einrichtung, die ihre religiöse Prägung aufnehme. „Diesen Wunsch halten wir für nachvollziehbar und legitim, denn es ist der gleiche Wunsch, der christlich geprägte Familien veranlasst, evangelische oder katholische Einrichtungen nachzufragen“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Laut Armin Zimmermann, Leiter des Amtes für Familie, Jugend und Senioren, leben in Rheinfelden rund 150 Kinder muslimischen Glaubens im Alter von einem bis sechs Jahren, etwa 40 davon hätten einen türkischen Migrationshintergrund.
Sozialausschuss spricht von Insellösungen
Im Sozialausschuss wurden die Pläne verhalten aufgenommen und viele Fragen zum Leitbild und den Zielen der Einrichtung gestellt. „Stellen wir uns so Integration vor, indem wir Insellösungen schaffen?“, wollte etwa Sabine Hartmann-Müller (CDU) wissen. Schließlich besuchten viele muslimische Kinder städtische aber auch konfessionelle Einrichtungen, das funktioniere in der Stadt gut. „Integration ist dann gelungen, wenn Muslime auf Augenhöhe wahrgenommen werden und eigene Wünsche äußern dürfen“, entgegnete Sahin. Auch Muslime wollten Verantwortung tragen, wie die übrigen Kirchen in Deutschland dies mit ihren konfessionellen Einrichtungen täten.
„Ich habe keinerlei Befürchtung, dass es in dieser Einrichtung zu islamistischen Umtrieben kommt“, so Zimmermann. Die Stadt werde die Einrichtung fachlich begleiten und habe die Satzung des Vereins sowie das pädagogische Konzept sehr genau geprüft. Dieses sei transparent und nachvollziehbar. Die Betriebserlaubnis werde, wie in allen anderen Fällen auch, vom Kommunalverband Jugend und Soziales erteilt.