Die Telemedizin ist auf dem Vormarsch. Auch der in Minseln niedergelassene Allgemeinmediziner Ludwig Fritze bietet nun Videosprechstunden an – und will sie aufgrund guter Erfahrungen auch über die Pandemie hinaus beibehalten.
Schon seit Sommer 2020 vergibt die Praxis Fritze Termine für Videosprechstunden. Anfangs habe es eine gewisse Skepsis seitens der Patienten gegeben, berichtet der Hausarzt, mittlerweile aber habe sich die fernmündliche Diagnostik bewährt.

Durchschnittlich vier bis fünf Patienten konsultieren den Arzt täglich in der Videosprechstunde. In der Woche können es zu Spitzenzeiten auch schonmal bis zu 20 Patienten sein, die Fritze nicht in der Praxis, sondern zuhause am Rechner ihre Beschwerden und Symptome schildern.
Besonders bewährt habe sich die Methode bei Verlaufskontrollen von Coronapatienten. Ihr Fernbleiben von der Praxis schützt auch die anderen Patienten. Gerade bei milden Verläufen entfällt so auch für das Praxispersonal ein enormer Mehraufwand an Schutzmaßnahmen.
Ersten Eindruck verschaffen
Aber auch bei Krankmeldungen und Patienten, die nur über leichtes Unwohlsein klagen, bietet Ludwig Fritze die Telesprechstunden gerne an. „Es ist eine gute Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen“, sagt der Mediziner, der erstaunt ist, was die Technik so alles leisten kann. Die Qualität der Videoübertragung sei in der Regel wirklich gut, betont Fritze.
Neben dem, was die Patienten selbst an Symptomen schildern, kann er über die Atemfrequenz und die Mimik auch am Rechner viel über ihre physische, aber auch psychische Verfassung in Erfahrung bringen. In vielen Fällen würde auch ein Vororttermin in der Praxis nicht viel anders ablaufen.
Aber die Alternative zur Präsenz-Sprechstunde hat auch ihre Grenzen. Braucht es weitergehende Untersuchungen, wie etwa eine Blutabnahme oder einen Ultraschall, wird doch noch ein Termin in der Praxis fällig. Auch bei hochbetagten Patienten habe der Praxisbesuch Vorrang, sagt Fritze. Es sei denn, sie erhalten aus der Familie Unterstützung beim Einrichten und Bedienen der Technik. Diese sei zwar nicht kompliziert, wer den Umgang mit dem Rechner jedoch so gar nicht gewohnt sei, könne sich dennoch überfordert fühlen.
Link kommt per SMS oder E-Mail
„Grundsätzlich muss man aber nicht viel mehr können, als zu wissen, was eine SMS ist“, relativiert Fritze den Aufwand. Das Vorgehen ist relativ einfach. Der Arzt versendet per SMS oder E-Mail den Link zur Videosprechstunde. Der Patient seinerseits öffnet den Link und akzeptiert die Nutzungsbedingungen. „Und schon kann es losgehen“, sagt Fritze, der sich über die Einfachheit der Anwendung sichtlich freut. Aus datenschutzrechtlichen Gründen kann übrigens nur eine von der KV zertifizierte App benutzt werden – eine Sprechstunde etwa per Whatsapp wäre nicht zulässig.
Für den Mediziner überwiegen klar die Vorteile. Die Telemedizin spare Patienten Wege und helfe, den Praxisalltag flexibler zu gestalten. „Heute haben wir 100 Impftermine. In den Pausen kann ich gut noch eine Videosprechstunde machen. In der Präsenz wäre das logistisch ein enormer Aufwand“, sagt er. Als Ergänzung zum normalen Praxisbetrieb hält Ludwig Fritze die Videosprechstunde daher für sinnvoll – auch über Corona hinaus.
In der Ärztewelt hat die Pandemie offenbar einen gewaltigen Paradigmenwandel angeschoben. Verzeichnete die Kassenärztliche Vereinigung 2019 lediglich 200 Fälle, die als Telemedizin abgerechnet wurden, schnellte die Zahl auf 135 000 im Jahr 2020.
Erste Erfahrungen im Bereich Telemedizin habe man in Baden-Württemberg schon vor Corona mit dem Pilotprojekt docdirekt.de gemacht, an das niedergelassene Haus- und Kinderärzte angeschlossen sind, die online beraten, betont KV-Sprecher Kai Sonntag. Dabei habe sich herausgestellt, dass es für viele Menschen oft auch erstmal nur um die Frage gehe, ob sie überhaupt einen Arzt brauchen.