Ein grausiger Fund: Teile der zerstückelten Leiche eines Mannes werden Anfang April im Rhein bei Breisach gefunden. Die Identität ist bald geklärt: Die menschlichen Überreste stammen vom 38-jährigen Mahdi Bin Nasr aus Tunesien, zuletzt wohnhaft in Rickenbach (Kreis Waldshut), der seit Ende Dezember vermisst wurde. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen nun abgeschlossen und erhebt Anklage wegen Totschlags nach Paragraf 212 Strafgesetzbuch. Vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen soll sich ein 58-jähriger aus Deutschland stammender Mann verantworten müssen. Darüber informiert die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung und nennt weitere Details.
Tödlicher Schuss am Tag vor Heiligabend
Konkret wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, in den Abendstunden des 23. Dezember 2023 den 38-jährigen Mahdi Bin Nasr in einer Unterkunft in der Gemeinde Rickenbach erschossen zu haben. Der Geschädigte sei aufgrund einer Kopfschussverletzung am Tatort verstorben. Doch wie konnte es so weit kommen?
Aufgrund der Ermittlungen wird laut Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass der Angeschuldigte erstmals am Abend des 23. Dezember auf den 38-Jährigen traf, wobei es zu verbalen Beleidigungen des Geschädigten gegen den Angeschuldigten und dessen Familienangehörige gekommen sein soll. Im weiteren Verlauf des Abends habe der Angeschuldigte Mahdi Bin Nasr in dessen Unterkunft mit einer Schusswaffe aufgesucht. In diesem Zusammenhang soll das Opfer weitere Beleidigungen und möglicherweise eine Bedrohung geäußert haben.
Leiche im Wald versteckt und mit Machete zerstückelt
Am nächsten Tag soll der Angeschuldigte den Leichnam aus der Wohnung gebracht und in einem Waldstück abgelegt haben. Die Leiche von Mahdi Bin Nasr habe er ein paar Tage später in einer Kleingartenanlage mit einer Machete in sechs Teile zerlegt, in Maschendrahtzaun eingewickelt und sodann an unterschiedlichen Stellen in den Rhein geworfen.
Teile der Leiche des 38-Jährigen wurden dann am 6. April 2024 im Bereich Breisach (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) im Rahmen eines privaten Tauchgangs aufgefunden. Der Fund und das Ergebnis der anschließenden rechtsmedizinischen Obduktionen führten zur Gründung der 60 Personen starken Sonderkommission „Rhenus“, die im Anschluss umfangreiche und aufwendige Ermittlungstätigkeiten durchführte.
Der Angeschuldigte stellt sich
Laut Staatsanwaltschaft stellte sich der Angeschuldigte am Abend des 25. April der Polizei und räumte die Tötung des seit dem 23. Dezember vermissten Mannes ein. Er wurde daraufhin vorläufig festgenommen und das zuständige Amtsgericht erließ einen Tag später einen Untersuchungshaftbefehl. Der 58-Jährige kam in eine Justizvollzuganstalt. „Die anschließenden Ermittlungen in Form von kriminaltechnischen, rechtsmedizinischen und digitalforensischen Untersuchungen konnten den dringenden Tatverdacht bestätigen“, schreibt die Staatsanwaltschaft.
Der Angeschuldigte ließ sich laut Staatsanwaltschaft umfassend zur Sache ein und macht geltend, er habe eine vom Geschädigten ausgehende Gefahrenlage wahrgenommen und aufgrund einer angenommenen Bedrohungssituation auf diesen geschossen. Der Angeschuldigte ist bisher nicht vorbestraft.
Weitere Details, ob der 58-Jährige aus der Gemeinde stammt und worum es in dem Streit ging, will die Staatsanwaltschaft aus Nachfrage nicht nennen. Der Mann wird aber nicht wegen Mordes angeklagt, weil die Anklagebehörde kein Mordmerkmal wie Heimtücke oder niedere Beweggründe ermitteln konnte. Das Gericht kann aber nach dem Prozess zu einer anderen Beurteilung kommen.
Was ist über das Opfer bekannt?
Der getötete Mahdi Bin Nasr ist wiederholt strafrechtlich mit Gewalt- und Betäubungsmitteldelikten in Erscheinung getreten und hat auch Haftstrafen verbüßt, wie der Mitteilung der Staatsanwaltschaft zu entnehmen ist. Das Landgericht Waldshut-Tiengen – Schwurgericht – hat nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden.
SÜDKURIER-Recherchen zufolge lebte das Opfer unter falschem Namen in Deutschland und hatte den Behörden gegenüber angegeben, er stamme aus Algerien, um nicht abgeschoben zu werden. Knapp zehn Jahre sei seine Einreise zurückgelegen, sagte eine Familienangehörige nach dem Fund der Leichenteile im Rhein. Nach dem Verschwinden des 38-Jährigen hatte seine Familie zwar im April 2024 dann Gewissheit über sein Schicksal, aber noch mehr Fragen als Antworten. Antworten soll nun das Hauptverfahren bringen.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, dass bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt.