Die filmreifen Szenen liegen nun bald drei Jahre zurück. Am Morgen des 30. November 2022 rückten etliche Polizisten in Blumberg an und durchsuchen mehrere Immobilien: sechs Wohnungen und ein Haus in der Espenstraße. Sichergestellt wurden Beweismittel wie Unterlagen, Dokumente oder digitale Datenträger. Die Beamten waren im Auftrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe unterwegs.
Die Strafverfolgungsbehörde ermittelte zu diesem Zeitpunkt bereits gegen sechs Personen wegen des Verdachts aus Blumberg die verbotene Vereinigung Kalifatstaat zu unterstützen.
Seit den aufregenden Ereignissen, die auch viele Blumberger mitbekamen, ist es still geworden: Auch die Einschätzung von Bürgermeister Markus Keller. Seit Winter 2022 habe er in der Sache nichts mehr gehört.
In 15 Jahren habe ihn ein paarmal der Verfassungsschutz aus Stuttgart angerufen; auch halbes Jahr vor der Hausdurchsuchung. „Mir wurde gesagt, dass ein gewisser Personenkreis beobachtet werde. Das war aber keine Erkenntnis, mit der ich etwas anfangen konnte“, so Keller.
Richter gibt Auskunft
Das Verfahren befinde sich in einer Zwischenphase zwischen Anklageerhebung und Eröffnung des Hauptverfahrens, sagte auf Anfrage Axel Heim, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe. Er gehört auch der nominell dreiköpfigen Staatsschutzkammer an, vor der das Kalifatstaat-Verfahren verhandelt wird.
Im Februar 2024 war Anklage gegen sechs Beschuldigte erhoben worden. Vor etwa einem Jahr hieß es aus Karlsruhe, das Verfahren werde im Frühjahr 2025 eröffnet. Dieser Termin hat sich nun verschoben.
Laut Heim begründen verschiedene Faktoren eine längere oder kürzere Prüfungsphase. Schneller befunden wird, wenn Beschuldigte in Haft sind. Bei den Beschuldigten im Blumberger Verfahren ist das nicht der Fall. Zum anderen bekommen dringende Fälle Vorrang. Die Staatsschutzkammer, so Heim, hätte es zuletzt in einem spektakulären Verfahren mit der Verschleppung von Mädchen nach Tschetschenien zu tun gehabt.
Entscheidung bis zum Frühherbst erwartet
Der Vorsitzende Richter erwartet, dass bis Spätsommer/Frühherbst eine Entscheidung zur Eröffnung des Hautverfahrens gefallen sein dürfte. Dann beginnt die Terminfindung, denn alle Verteidiger der dann Angeklagten müssen an der Verhandlung teilnehmen können.
Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklageerhebung von sechs Beschuldigten aus: Die türkischen Staatsbürger sollen gegen ein Vereinigungsverbot verstoßen haben. Konkret geht es um die Aufrechtererhaltung und Unterstützung der verbotenen Vereinigung Kalifatstaat in Blumberg.
Nicht klar sei dabei, so Heim, ob jeder der Beschuldigten angeklagt werde. Für jeden werde eine Einzelentscheidung getroffen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird durch die Kammer vorbereitet. Grundlage muss ein hinreichender Tatverdacht mit hoher Verurteilungswahrscheinlichkeit sein. Aber was heißt hier hoch? 50 Prozent aufwärts, ordnet Heim ein.
Prozessdauer wohl maximal zehn Tage
Die Staatsschutzkammer tagt öffentlich ohne besondere Sicherheitsvorkehrungen. Bei Bedarf können diese angeordnet werden, erklärt Heim. Die Dauer eines Prozesses vor der Staatsschutzkammer lasse sich schwer vorhersagen. Zwischen einem und 20 Tagen sei da alles möglich. Mit Blick auf die vorliegende Beweislage würde er aber „kaum mehr als zehn Tage dauern“.
Alle Beschuldigten befinden sich gegenwärtig auf freiem Fuß. Heim begründet das mit dem Hinweis, es habe bei keinem der Beschuldigten zu irgendeinem Zeitpunkt Fluchtgefahr bestanden.
Wer sich dem Zugriff der Behörden entziehen möchte, tut sich leichter, wenn er keinen festen Wohnsitz hat. Oder er möchte einer drohenden Haftstrafe entgehen.
Haft scheint unwahrscheinlich
Im Blumberger Verfahren scheint ein Ende mit Handschellen unwahrscheinlich. Heim verweist auf das Strafmaß eines Prozesses unter dem Themendach Kalifatstaat der etwa zeitgleich zu den Ereignissen in Blumberg vor dem Landgericht Koblenz verhandelt wurde. Verhängt wurden ausschließlich Bewährungsstrafen. Das umfangreichste Strafmaß seien 1,5 Jahre Haft auf Bewährung gewesen.