Das Eröffnungskonzert der coronabedingt jeweils in doppelter Ausführung stattfindenden Reihe der Internationalen Domkonzerte St. Blasien gestaltete traditionsgemäß Domorganistin Eiko Maria Yoshimura. Dabei wurde der erste der jeweils zwei angesetzten Termine pro Konzert um 17.15 Uhr noch von einer relativ überschaubaren Besucherzahl wahrgenommen. Die Organistin brachte Bach, Liszt, Messiaen und Reger zu Gehör und erntete für ihren Vortrag reichen Beifall, für den sie sich mit einem melodischen, weich fließenden und periodisch klar strukturierten „Cantabile“ aus der Feder von Enrico Pasini als Zugabe bedankte.
Den Anfang machten Präludium und Fuge E-Dur BWV 566 von Johann Sebastian Bach, ein Werk des Meisters aus seinen Anfangszwanzigern, in dem er das aparte Wechselspiel von sprudelndem Laufwerk und vollgriffigen Harmonien des Präludiums auch in der Folge als strukturierendes Merkmal einsetzt, sowohl im Zwischenspiel zwischen den beiden Fugen als auch am Ende der Komposition. Die Fugenthemen selbst sind geprägt durch beinahe tänzerische Staccati, wobei sich die zweite Fuge mit breiterem Tempo, satterem Ton und deutlich schneller einsetzender Polyphonie von der ersten abhebt.
Es folgte das Choralvorspiel „Vor deinen Thron tret‘ ich hiermit“ BWV 668, das Bach der Legende nach auf seinem Totenbett seinem Schwiegersohn in die Feder diktiert haben soll. Das hatte der künstlerische Leiter der Domkonzerte, Bernhard Marx, in seiner kurzen Einführung vor dem Konzert erläutert. Hier schaffte es die versierte Organistin durch ihr luzides Spiel sogar, einen gewissen Eindruck von der Komplexität des kompositorischen Aufbaus wiederzugeben. Deutlich hörbar nämlich verschränken sich darin gleich zu Beginn das Thema und dessen Umkehrung. In der Folge tritt die Melodie immer wieder durch die hervorstechende Registrierung aus dem Gefüge hervor, wenngleich die in der Komposition verwirklichte Zahlensymbolik dem Ohr naturgemäß weitgehend verborgen bleiben muss.
Von großem romantischem Überschwang gekennzeichnet ist Franz Liszts Präludium und Fuge über B-A-C-H. Der Komponist nutzt sein Ausgangsmotiv einerseits zur Gestaltung von chromatischen, engintervalligen, geradezu tumultuös wirkenden Passagen, denen er wilde Läufe entgegensetzt. Auf diese Weise benutzt der das B-A-C-H-Motiv als düster dräuendes Stimmungsmittel, während die Staccati der Läufe mitunter einem triumphalen Höhepunkt zuzustreben scheinen. Zugleich wirkt die Wiederkehr des B-A-C-H-Motivs strukturbildend. Eine letzte Steigerung am Ende wird durch eine kurze lyrische Episode unterbrochen, in der das Motiv beinahe mystisch aufscheint, um dem triumphalen Schluss Platz zu machen.
Olivier Messiaens 1928 komponiertes Werk „Das himmlische Gastmahl“ reiht in langen Notenwerten langsam wechselnde Harmonien scheinbar eigenständig aneinander. Das dem Werk vorangestellte Zitat aus dem Johannesevangelium „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm“ wird musikalisch umgesetzt durch wie glitzernde Tropfen aus einer in sich schwebenden Masse sich herauskristallisierende Staccati.
Am Beginn von Max Regers Fantasie und Fuge über den Choral „Wie schön leucht‘ uns der Morgenstern“ von 1899 steht ein heftiger Ausbruch, gefolgt von einer düster anmutenden Pianissimopassage. Erst relativ spät taucht die Choralmelodie auf, wird sinfonisch verarbeitet, schließlich als Fuge dargeboten, wobei sie immer mehr an Präsenz gewinnt. In diesem üppigen Tongemälde, eindeutig bezüglich der technischen Anforderungen dem Höhepunkt des Konzertprogramms, konnte die Organistin so recht ihre überragende Beherrschung des Instruments unter Beweis stellen.