Sebastian Barthmes

Herr Probst, das Coronavirus prägt im Moment das Leben. Sonst ist in St. Blasien alles in Ordnung?

Wir hatten neben dem Virus in diesem Jahr leider auch andere kleinere und größere Herausforderungen zu bewältigen. Da war zum Beispiel das Hochwasser zum Jahresbeginn. Es gab im Vergleich zum vorigen Hochwasser andere Schäden an anderen Orten.

Das Hochwasser war nur der Einstieg in ein besonderes Jahr?

Ja. Es gab noch die Wassertrübung im Albtal. Und auch den Sturm gab es. Die Schulen waren deshalb einen Tag lang geschlossen und Verkehrswege waren eingeschränkt. Aber immerhin haben wir bei Stürmen in unserer Lage oft Glück. Parallel dazu gab es bei den Ermittlungen im Radonbad ein Teilergebnis. Auch hier erleben wir ein schwieriges Jahr. Und auch um die Alpincenter GmbH mussten wir uns kümmern, wo Anfang des Jahres die Insolvenz drohte.

Und jetzt gilt die volle Aufmerksamkeit der Bewältigung der Corona-Krise?

Nach wie vor fordert uns die Pandemie enorm. Der Personaleinsatz ist gewaltig. Gleichzeitig zu diesen Sonderaufgaben kamen die Strukturdiskussionen im Liftverbund, die nicht einfach sind. Auch die Nachricht, dass die Lungenfachklinik nach Waldkirch zieht, erreichte uns im Frühjahr. Das Schlimmste aber war der Tod eines Mitarbeiters.

Das Jahr war bisher also voller negativer Überraschungen?

Da sind schon viele unvorhergesehene Themen und Krisen, mit denen man umgehen muss. Es sind aber auch Themen dabei, die altbekannt sind, strukturelle Themen, bei denen klar war, dass sie irgendwann akut werden.

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Also gab es einige schlaflose Nächte?

Ich schlafe eigentlich immer gut. Aber in diesem Jahr waren die Gedanken schon intensiver. Wenn sich die Themen so aneinanderreihen, ist es schon schwierig. Wenn sie sich dann auch noch überlappen, braucht man schon eine gute Mannschaft.

Und die haben Sie?

Ein klares Ja.

Die Verwaltung wird also von den Krisen getrieben?

Es gab drei Phasen: In der akuten Zeit gab es täglich Sitzungen des Krisenstabs. Dabei ging es zum Beispiel um Beschaffungen und Abstimmungen mit den Kliniken. Man ist von einer großen Welle ausgegangen. Dabei ging es bis hin zur Frage, wie die Stadt mit vielen Verstorbenen umgeht. Danach ging und geht es um die Frage, wie man das Jahr 2020 neugestaltet. Jetzt kommt die Phase, in der man schon mehr Klarheit hat und an die Planung für 2021 geht.

Welche Entwicklung erwarten Sie?

Die Corona-Situation wird wohl noch einige Zeit anhalten.

Das hätte welche Auswirkungen?

Ich kann mir schwer vorstellen, dass es Veranstaltungen gibt, bei denen Menschen nah aneinander feiern. Das wünscht sich zwar jeder, ich bin aber noch verhalten in meinem Optimismus. Wir müssen pragmatisch vorsichtig bleiben. Aber ich bin sicher, dass wir kluge Konzepte finden werden, um 2021 zu einem bunten Jahr zu machen. Ich freue mich zum Beispiel auf die Feiern zum Gerbert-Jubiläum, das 25. Bildhauersymposium und Veranstaltungen der Vereine. Auch Fasnacht und die kommende Wintersportsaison werden wir gestalten.

Die Ungewissheit ist also groß. Wie gehen Sie in der Verwaltung damit um?

Es ist spannend, wie sich die Gesellschaft verändert, welche Trends sich ändern. Hier kann man jetzt aktiv gestalten. Und das möchten wir in der aktuellen Planungsphase tun. In unserer Gemeinde laufen so viele tolle Projekte, mit denen wir einen attraktiven Standort schaffen, da müssen wir mit ganzer Kraft weiterarbeiten.

Und die Finanzen? Sie sprachen von einer Belastung von bis zu zwei Millionen Euro für den städtischen Haushalt.

Ich erhoffe mir sehr schnell Klarheit, wie Bund und Land helfen und zum Beispiel den Ausfall bei den Steuereinnahmen ausgleichen. Das Jahr müssen wir nutzen, um strukturelle Probleme, die schon lange gedrückt haben und jetzt deutlich zu Tage getreten sind, anzugehen. Es muss jetzt klar sein, dass wir einen Wendepunkt erreicht haben.

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Welche strukturellen Probleme meinen Sie?

Zunächst sind es die Wirtschaftlichkeitsprobleme. Da baut man in manchen Teilen noch zu stark auf Quantität, statt auf Qualität. Wir haben zum Beispiel die Albtalhalle, das Kurhaus Menzenschwand und den Kursaal. Und wir müssen die Mehrzweckhalle bei der Schule bauen. Wir sehen aber, dass der Erhalt der Infrastruktur uns sehr fordert. Das geht alles, solange die Einnahmen sprudeln.

Was ist also Ihr Ziel?

Wenn man überlegen muss, was man mit dem einen Euro macht, den man hat, merkt man, dass man sich nicht alles leisten kann. Man muss also Dinge nachhaltig finanzieren. Das bedeutet auch, dass wir uns noch stärker überlegen, wie wir Kräfte bündeln und Synergien nutzen können. Die Nutzung von öffentlichem Räumen und Gebäuden ist dabei nur ein Beispiel unter vielen.

Die Vereine konnten zwar ihre eigentliche Arbeit oft nicht machen, sie waren aber doch in der Zeit aktiv, zum Beispiel bei der Einkaufshilfe. Welche Bedeutung haben die Vereine für die Stadt?

Bewusst wurde uns in diesem Jahr, dass bürgerschaftliches Engagement, die Bedeutung der Vereine, gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. Wenn es wirtschaftlich schwierig wird, ist die Basis dieses Engagements noch wichtiger, um Aufgaben erledigen zu können, die der Staat nicht leisten kann. Man muss also den Blick verstärkt auf das Ehrenamt lenken. Die Gemeinde sollte bei der Vernetzung helfen und zum Beispiel eine neue Plattform schaffen. Die Mitglieder müssen das tun können, was der eigentliche Vereinszweck ist. Das haben wir beim Einkaufsservice gesehen: Die Ehrenamtlichen wollen etwas tun. Und eine hauptamtliche Mitarbeiterin aus der Verwaltung regelt das, was im Hintergrund zu geschehen hat.

Sie haben vorhin von 2020 als einem schwierigen Jahr gesprochen. Wie sehen Sie die Zukunft?

Es war für uns alle kein leichtes Jahr bisher. Aber es war auch ein gutes Jahr. Der Kindergarten wird gebaut und der Breitbandausbau kommt gut voran. Auch zusammen mit anderen tut sich viel: Der Ostflügel des Kollegs wird saniert und das evangelische Pfarrhaus gebaut. Der Bauantrag für das Ärztehaus läuft, die Schule wird weiter saniert. Außerdem haben wir die neue Forstverwaltung seit Jahresbeginn in St. Blasien. Zudem konnte die Stadtverwaltung offene Stellen erfolgreich neu besetzen und wir haben ein neues Bauamt geschaffen.

Also ist die Lage von St. Blasien ganz gut?

Wir sind gut aufgestellt, ja. Wir ziehen an einem Strang und haben klare Ziele für die Zukunft vor Augen. Ganz klar ist, dass wir in den nächsten Jahren investieren müssen. Klar, wir haben 2020 erstmal langsam gemacht und Einsparpotenzial definiert. Man muss aber auch Schritte in die Zukunft machen, das bedeutet, wir müssen investieren. Tatkraft und Zuversicht sind dabei die besten Begleiter.