Sebastian Barthmes

Herr Stiegeler, das Jahr läuft anders als gedacht, was war besonders einschneidend?

Corona hat alles durcheinandergewirbelt. Der Lockdown war am einschneidendsten und die kurze Vorlaufzeit eine große Herausforderung.

Und die konnten Sie gut bewältigen?

Es war zuerst ein Gefühl der Hilflosigkeit. Aber wir haben uns dank unseres Feuerwehrkommandanten sehr früh mit Schutzausrüstung eingedeckt. Er war unser Krisenmanager.

Das klingt ja nach einem schnell ausgearbeiteten Plan.

Wir wussten gar nicht, ob es das richtige Vorgehen ist, und auch nicht, ob wir die Ausrüstung brauchen. Bislang hat es sich aber gezeigt, dass wir – so denke ich – gut gehandelt haben.

Die Gemeindeverwaltung wusste im März nicht, was passieren wird. Ist es schlimmer gekommen, als Sie es sich vorgestellt haben?

Das ist schwierig zu beantworten. Wir hatten eigentlich den Worst Case angenommen. In zwei Kliniken sind Hochrisikopatienten untergebracht, und auch der Altersdurchschnitt der Einwohner ist hoch. Wir gingen schon davon aus, dass es schlimmer kommt, als es tatsächlich kam.

Welche Folgen hat die Corona-Pandemie für die Kommune, was haben die Gemeindeverwaltung und andere unternommen?

Manche Projekte, zum Beispiel die Entwicklung des Rathausareals, sind schon ins Stocken geraten. Auch die Dachsanierung des Feuerwehrgerätehauses mussten wir zurückstellen – das Problem werden wir aber zu einem anderen Zeitpunkt definitiv angehen und so haben wir die eine oder andere Investition hinterfragt und umgeplant. Eine neue Fotovoltaikanlage für das Rathausdach schaffen wir aber trotzdem an. Jetzt geben wir dafür viel Geld aus, aber in einigen Jahren hat sich die Anlage dann schon bezahlt gemacht, weil wir merklich Stromkosten einsparen werden und leisten somit einen weiteren Beitrag in Sachen regenerativer Energien.

Aber es gibt auch positive Folgen: Die Dorfgemeinschaft wird wieder mehr wertgeschätzt. Vielen Menschen haben im Rathaus angerufen und ihre Hilfe angeboten.

Und in der Gemeindeverwaltung überlegen wir, wie wir in Krisenzeiten und auch sonst mit den Bürgern kommunizieren. Wir haben zum Beispiel einen WhatsApp-Infokanal eingerichtet. Damit verfügen wir über eine ganz schnelle Verbindung zu den Bürgern. Circa 500 Menschen haben sich schon angemeldet, und auch via Facebook-Posts geben wir Infos weiter.

Durch die geltenden Einschränkungen ist das Miteinander in der Gemeinde aber schwieriger geworden, oder?

Ja, die Herzlichkeit ist ein wenig auf der Strecke geblieben. Positiv ist aber, wenn man das so sehen kann, das Thema Hygiene und Abstand. Man lernt, dass man in einigen Momenten auch auf so etwas achten kann.

Wie stark bindet Sie das Thema Corona?

Mit Corona haben wir tagtäglich zu tun. Ständig kamen neue Verordnungen und kommen noch immer Neuerungen und Anpassungen. Es hat uns gefordert, immer up to date zu sein. Wir haben auch die Existenzangst im Dorf gespürt.

Welche wirtschaftlichen Folgen können Sie jetzt schon benennen?

Seit März bis jetzt haben wir über 30.000 Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr weniger. Die Unternehmen und auch die Gemeinde müssen also finanzielle Einbußen und auch Einbußen bei der Lebensqualität verkraften. Das Minus im Tourismusgeschäft wird nie mehr aufgeholt werden können, denn die Bettenkapazität ist begrenzt. Dafür war die Zeit einfach zu lang.

Wie ist die Situation im Tourismus im Moment?

Ab Pfingsten ging es im Tourismus verstärkt los. Jetzt herrscht etwa Normalbetrieb. Manche Stammgäste haben aber abgesagt, weil wir zum Beispiel die Schlemmermeile absagen mussten. Der Wohnmobilstellplatz, den wir gerade erweitert haben, war trotzdem an vielen Wochenenden übervoll. Mit Wohnmobilen, als Campingtourist oder in Ferienwohnungen kann man den nötigen Abstand einhalten. Hotels hätten also jetzt noch Kapazitäten frei.

Können Sie die finanzielle Belastung der Gemeinde im Hinblick auf die Pandemie beziffern?

Coronabedingt haben wir bis jetzt circa 30.000 bis 40.000 Euro Mehrausgaben für die Hygieneausstattung. Zum Beispiel haben wir einen monatlichen Bedarf an Einmalhandschuhen allein in der Kindertagesstätte von ungefähr 5000 Stück. Das ist ökologisch wahnsinnig, aber im Moment leider notwendig. Wir rechnen mit rund 800.000 Euro weniger Einnahmen durch Einbußen bei der Kurtaxe, der Gewerbesteuer, den Kindergartengebühren oder der Einkommenssteuer.

Wie ist die Situation bei den Gewerbetreibenden?

Einige Gewerbetreibende haben ihre Steueranmeldung auf Null gesetzt. Ich werde aber jetzt auf sie zugehen, um über die Perspektiven zu sprechen. Vielleicht kann man auch eine Idee entwickeln, wie die Kommune, der Gemeindeverwaltungsverband oder der Landkreis die Unternehmen ideell unterstützen können.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

Es gibt eine Taskforce, der Vertreter der zehn bis 15 größten Tourismusbetriebe und Klinikbetreiber angehören. Zusammen wollen wir überlegen, wie man Höchenschwand in Sachen Kur und Tourismus voranbringt. Gleich nach den Sommerferien wird es eine Terminbesprechung mit den Vereinen geben, damit wir absprechen, welche Termine nachgeholte werden, und um zu erfahren, was die Vereine jetzt brauchen.

Sie sehen die kommenden Monate also optimistisch?

Ja, alles andere wäre auch nicht gut. Aus dieser Krise werden wir sicher viel lernen. Zum Beispiel haben wir den Gemeindehaushalt kritisch hinterfragt. Bei der geplanten und notwendigen Sanierung der Halle in Attlisberg sind die Vereine auch nach wie vor bereit, viel in Eigenleistung beizutragen. Wir machen uns darüber Gedanken, wie wir unser touristisches Angebot erweitern, erneuern und ausbauen können. Wir werden sparen, wo es geht, und gleichzeitig in die Zukunft investieren. Aber nicht nur Corona ist eine Herausforderung. Die Trockenheit und der Zustand der Wälder stellen eine weitere Krise dar.