Zerstörungswut und Kriminalität machen vor religiösen Stätten nicht halt. Immer wieder kommt es in den Kirchen und Kapellen der Seelsorgeeinheit St. Blasien zu Vorfällen. Wer das tut und was die Motive der Täter sind, könne man meistens nur vermuten, sagt Seelsorgeleiter Pfarrer Jan Grzeszewski. Er und seine evangelische Kollegin Lisa Rudzki, die Pfarrgemeinderäte Johannes Sebulke und Siegfried Vogelbacher, Dommesner Waldemar Czajka und Häuserns Bürgermeister Thomas Kaiser berichten von den Vorfällen in ihren Gemeinden.

Eine Kirchenbesucherin, die namentlich nicht genannt werden möchte, vermutet hinter den Taten die wachsende Gleichgültigkeit gegenüber den religiösen Gefühlen anderer. Eine andere blickt auf vergangene Zeiten zurück: „Ich erinnere mich noch an die Jahre, als man wie auf Zehenspitzen durch die Kirche lief und nur im Flüsterton sprach. Das ist heute bei vielen Menschen ganz anders.“
Vielfach stellen sich Verantwortliche der Kirchengemeinden die Frage, ob Gotteshäuser überhaupt tagsüber durchgängig geöffnet bleiben sollten. Pfarrer Jan berichtet, dass man sich entschlossen habe, die Kapelle in Wittenschwand zu schließen: „Diese Kapelle wird nur noch für Gottesdienste geöffnet“, berichtet er. Der Grund: Es habe eine Gruppe gegeben, die in der Kapelle immer wieder Zigaretten geraucht und die Altartücher beschmiert habe, so Pfarrer Jan. Von Langfingern heimgesucht wurden dagegen die Kirchen in Ibach und Menzenschwand. „Dort wurden die Opferkassen aufgebrochen“, berichtet Pfarrer Jan. Allerdings wolle man die Gotteshäuser deswegen nicht zusperren, sie sollen weiterhin für Betende oder zur Meditation zugänglich sein, man habe jedoch ein Auge auf Eindringlinge.
Erst vor Kurzem wurden christliche Symbole in der Wittlisberger Kapelle in Häusern angegangen. „Jemand hat neben die Opferkerzen und in den Weihwasserstein uriniert“, sagt Bürgermeister Thomas Kaiser entrüstet. Trotzdem ist überzeugt, dass die Kapelle für Besucher offenbleiben sollte. Einmal sei eine Osterkerze aus der Kapelle gestohlen worden, doch vor grobem Vandalismus sei die Wittlisberger Kapelle bisher glücklicherweise verschont geblieben, berichtet Pfarrgemeinderat Johannes Sebulke. In der Fridolinskirche werde zwar alle paar Jahre der Opferstock aufgebrochen, aber da dieser täglich geleert werde, seien dort stets nur ein paar Münzen zu finden, und das lohne sich nicht, sagt Johannes Sebulke.
Pizzaparty in der Fridolinskirche
Ein anderer Eindringling kam nicht zum Stehlen, sondern zum Feiern in die Fridolinskirche. Wie Johannes Sebulke berichtet, hatte er das Portal aufgebrochen und im Kircheninneren eine Pizzaparty gefeiert, Pizzakarton und Büchsen blieben liegen. Sebulke verbucht das Vorkommnis unter „Dummer-Jungen-Streich“, Konsequenzen hatte der Vorfall dennoch: Das Türschloss des Portals sei aufgerüstet worden, es aufzubrechen sei jetzt kaum noch möglich.
Dom auch Ziel der Täter
Auch der Dom ist immer wieder das Ziel Tätern. „Daher hat immer jemand von uns ein Auge auf das Gotteshaus, dass meistens Besucher im Dom sind, ist auch gut“, sagt Dommesner Waldemar Czajka. Wenn hier etwas beschädigt wird, sei das eher Zufall. Es werde aber mutwillig geklaut. „Das wird langsam zu einer Belastung“, erklärt er. Ausgelegte Bücher etwa, in denen die Lesungen nachgeschlagen werden können, würden einfach mitgenommen. Inzwischen lege er alte Ausführungen aus, die nicht mehr gebraucht werden. Und immer wieder würden Leute Plakate von der Magnetwand im Kircheninneren oder Kerzen mitnehmen. Der Dommesner appelliert an die Menschen: „Wenn jemand ein Plakat haben will, kann er kommen, wir haben immer welche übrig.“
Konsequenzen gezogen
Im Sommer vergangenen Jahres fehlten im Dom mehrere Tage hintereinander 60 bis 80 Kerzen pro Tag. Auch der Betrag in der Kasse war weg. Waldemar Czajka hatte einen Verdacht, wer der Dieb ist. „Ab dem Zeitpunkt, an dem ich den Mann angesprochen und ihm mit der Polizei gedroht habe, hat keiner mehr Kerzen entwendet“, so der Mesner. Bis vor kurzem. Da habe es wieder so einen Fall gegeben. Eines jedenfalls kann inzwischen nicht mehr passieren: „An die Opferkassen gehen sie nicht mehr, da haben wir Konsequenzen gezogen und sie so gesichert, dass nichts gestohlen werden kann“, berichtet Waldemar Czajka.
In der St. Annakirche und Johanneskapelle in Tiefenhäusern sei es seines Wissens schon lange nicht mehr zu solchen Vorfällen wie den berichteten gekommen, berichtet Pfarrgemeinderat Siegfried Vogelbacher. Zum Beispiel sei es jetzt schon ewig her, dass eine auf dem Altar unachtsam abgestellte Kerze die Holzstatue angekokelt habe. Pfarrerin Lisa Rudzki von der evangelischen Christusgemeinde St. Blasien hat noch gar keine Übergriffe auf das evangelische Gotteshaus erlebt. Sie ist allerdings erst seit einem Monat da. Die Kirche habe aber sowieso einen gewissen Schutz: „Traditionell ist die Christuskirche nur zu den Öffnungszeiten des Büros geöffnet – und das Büro ist im selben Gebäude. Somit ist die Kirche nicht unbeaufsichtigt“, sagt Pfarrerin Rudzki.