Wenn im Bereich des Doms in St. Blasien gebaut wird, kann man davon ausgehen, dass Geschichte im Boden steckt. Seit 2022 ist am Kolleg ein neues naturwissenschaftliches Zentrum in Planung. Der Bau soll im Frühjahr beginnen, zuletzt wurden im Dezember die Aufträge vergeben.
Auch, weil das Areal unter Denkmalschutz steht, wurde die Denkmalpflege des Regierungspräsidiums mit einbezogen. „Wir haben den Archäologen viel Zeit eingeräumt“, erzählt Kollegdirektor Pater Hans-Martin Rieder. „Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt war hervorragend.“
Anbau kann errichtet werden
Es war davon auszugehen, dass keine Relikte der zentralen Klosterbauten an dieser Stelle stehen. Das Denkmalamt entschied also: Der Anbau kann errichtet werden, aber im Vorfeld benötigt es eine archäologische Begleitung. Damit wurde die Freiburger Firma „E&B excav“ beauftragt, die Untersuchungen und archäologische Ausgrabungen vornimmt.
Auf alten Fotos sind Industrieanlagen zu sehen, die über eine große Gartenanlage aus der Barockzeit gebaut worden waren. Dabei habe es sich um einen Park mit Springbrunnen gehandelt, wie man ihn von Schlössern kannte. „Es war dann eine Riesenüberraschung“, erzählt Jenisch, „dass wir sehr große Auffüllhorizonte gefunden haben.“
Das heißt: Schutt, der früher nicht wegtransportiert wurde. Stattdessen wurde nach den diversen Bränden des Klosters brauchbares Material wiederverwendet und der Rest in den Untergrund gearbeitet. Man habe sehr große Reste der Shed-Halle, also der Baumwollspinnerei, gefunden, die dort stand. Außerdem Teile einer repräsentativen Treppenanlage des Parks.
Kanal führte in die Alb
„Aber: Es wurden auch Teile eines Kanalsystems gefunden.“ Es gehe ins 12.¦Jahrhundert zurück. Der Kanal habe aus dem Kloster heraus in die Alb geführt. Er sei Teil eines großen Kanalnetzes gewesen, die das Gelände durchzogen: Für Brauchwasser, um Mühlen anzutreiben und um Handwerksbetriebe und Gerbereien mit Wasser zu versorgen.
Der Kanal habe auch an ein kleines Gebäude an der Ecke des Schlaftraktes der Mönche geführt. „Das gab es zu der Zeit in keiner Stadt und in keiner Burg, aber: Sie hatten eine richtige Wasserspülung“, sagt Jenisch. Mit großer Fließgeschwindigkeit wurden die Geschäfte der Mönche von ihrem Plumpsklo, das man sich ähnlich wie römische Latrinen vorstellen kann, weggetragen. Die hygienische Beseitigung der Fäkalien, so Jenisch, sei wahrscheinlich einer der Gründe gewesen, weshalb Mönche im Vergleich zur Normalbevölkerung länger lebten.
Gänge sind nun zuzuordnen
Von kleinen Gewölbegängen unter dem Kolleg habe die Schulleitung gewusst. Allerdings habe man damit nichts anfangen können. Mit den neueren Erkenntnissen könne man diese Gänge allerdings dem Kanalsystem zuordnen. Und noch ein weiterer Gang gehört dazu, den man bei den Bauarbeiten für den Laden „Forum am Dom“ und die Bücherei im Keller des katholischen Pfarrhauses fand.
Holger Schwartz vom Erzbischöflichen Bauamt Freiburg berichtet, dass der etwa 80¦Zentimeter breite und 1,10 Meter hohe Tunnel fast parallel zur Alb verlaufe und zwei bis drei Meter unter dem Kurpark liege. Der untere Teil des Tunnels sei aus behauenen Steinen gemauert, der obere Teil bestehe aus Bruchsteinen und Ziegeln. Dies erklärt Jenisch: Ursprünglich waren die Kanäle wohl oben offen wie das Freiburger Bächle. Später wurden sie mit Gewölben abgedeckt.
Erhaltenswert genug, dass der Bau umgeplant werden müsse, sind die Kanäle nicht. Das Wertvolle für das Denkmalamt sei die Dokumentation: Die baulichen Strukturen im Untergrund würden einen Beitrag zur Geschichte der Gebäude liefern. „Wir haben wichtige Erkenntnisse gewonnen“, sagt Jenisch. Zum ersten Mal habe am Kolleg eine große Grabung stattgefunden.
Weitere Untersuchungen folgen: Die Archäologen wollen durch geophysikalische Messmethoden mehr herausfinden. Man fand dadurch bereits Fundamente, die vom Grundriss der Klosteranlage abweichen. Weil die alte Klosteranlage kleiner war als die heutige, gehe man davon aus, dass sich unter dem Innenhof Reste davon befinden.