Besuche von Ministern sind in Grafenhausen nicht ungewöhnlich. Meistens ist ihr Ziel allerdings die badische Staatsbrauerei Rothaus. Diesmal war der hohe Besuch aus der Landeshauptstadt aber gekommen, um sich über das genossenschaftliche Hausarztmodell „MVZ Rothauser Land“ zu informieren, das seit dem 1. April in Betrieb ist.

„Die Sicherung einer wohnortnahen und bedarfsgerechten Versorgung“, ist für Peter Hauk, Minister für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, ein wichtiger Baustein für die Zukunft ländlich geprägter Regionen in Baden-Württemberg.

Genossenschaftliche Hausarztpraxis

Gekommen waren neben dem Regierungsmitglied zur Besichtigung der Praxis von Barbara und Markus Bohl eine ganze Reihe von Politikern, Vertreter von Institutionen, Gemeinderäte sowie die Bürgermeister der drei Genossenschafts-Kommunen: Christian Behringer (Grafenhausen), Marlon Jost (Bonndorf) sowie Bürgermeisterstellvertreter Wolfgang Frech aus Ühlingen-Birkendorf.

Der Minister erklärte bei seinem Besuch, dass sich im Westen der Bundesrepublik amerikanische Konzerne in Hausarztpraxen einkaufen. Dieses Modell möchte er in Baden-Württemberg nicht haben.

Die Menschen müssten sicher sein, dass es auch in Zukunft Hausärzte in ihrer Nähe gibt. Der Kabinettsausschuss habe die Initiative des Gemeindetages, des Hausärzteverbandes und des baden-württembergischen Genossenschaftsverbandes aufgegriffen, um die medizinische Grundversorgung mit einem genossenschaftlichen Ansatz zu verbessern. „Mit dem MVZ Rothauser Land wird nun ein Ergebnis aus dem Modellprojekt sichtbar“, sagte Hauk vor dem Ärztehaus.

Prioritätenliste junger Ärzte

Die Struktur der Mediziner habe sich verändert, der Wunsch nach einer eigenen Hausarztpraxis stünde nicht mehr ganz ober auf der Prioritätenliste junger Ärzte. Abschreckend sei für viele der Verwaltungsaufwand sowie mangelnde Flexibilität bei Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen.

Das MVZ-Modell

Teilzeitmodelle seien in der bisherigen Struktur gar nicht umsetzbar. Eine Anstellung in einem Krankenhaus würde daher oft der Selbstständigkeit vorgezogen, so der Minister. Hauk lobte die Initiative aller Beteiligten, sah im genossenschaftlichen MVZ sogar ein Zukunftsmodell. Die Analyse der bisher zehn am Modellprojekt im Lande beteiligten Städte und Gemeinden erfolge im Jahr 2027.

Anstellungsverträge für Mediziner

Der im Ärztehaus praktizierende Allgemeinmediziner und Internist Markus Buhl betonte: „Ich möchte nicht, dass die Hütte geschlossen wird, wenn wir in einigen Jahren in Rente gehen!“ Er hofft, dass bald so viele junge Kollegen im „MVZ Rothauser Land“ arbeiten möchten, dass nach Räumen in Bonndorf und Ühlingen-Birkendorf gesucht werden müsse.

Ein Szenario wie in anderen Kommunen, möchte er dem Rothauser Land ersparen: „Erst geht der Arzt, dann verschwindet die Apotheke schließlich wollen junge Menschen hier nicht mehr leben.“ Barbara Bohl, Vorsitzende der Genossenschaft und praktizierende Ärztin im MVZ, kann sich vorstellen, dass es künftig möglich sein könnte, Veraltungsaufgaben oder Hausarztbesuche unter den Kollegen aufgeteilt werden könnten. Mit diesem Medizinischen Versorgungszentrum sollen etwa Anstellungsverhältnisse für Ärzte in Teil- oder Vollzeit geschaffen werden.

Einzelkämpfer haben ausgedient

Dem Präsidenten und Geschäftsführer des Gemeindetages, Steffen Jäger, war es ein dringendes Anliegen, allen Danke zu sagen, die sich diesem Projekt verschrieben haben. „Das ist ein Ansatz, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sichern.“ Hausärzte als „Einzelkämpfer“ seinen ein Auslaufmodell, deshalb sei es wichtig, dort wo die Menschen wohnen möchten, Infrastruktur zu erhalten. Zukunft im ländlichen Raum müsse gestaltet werden. „Dieses MVZ ist keine Sozialromantik, das ist auch Wirtschaftsförderung. Es ist ein Modell, das Schule machen sollte“, betonte Jäger.

„Als Leuchtturm im Leuchtturm“ bezeichnete Bürgermeister Behringer das MVZ in seiner Gemeinde. Reinhold Pix (MdL/Grüne) hatte das Ärztezentrum bei einem Besuch als Leuchtturm bezeichnet, mit demselben Label versah der Kabinettsausschuss zur Förderung genossenschaftliche Modelle medizinischer Versorgungszentren.

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