Eine Musikbox in der Dorfgaststätte war früher der Hit. Ende der 1950er- bis Ende der 1960er-Jahre gab es eine solche technische Errungenschaft auch im Gasthaus „Birke“ in Birkendorf. Birkenwirt Johann Fechtig habe ein Herz für die Jugend gehabt. Bei ihm durften Kinder und Jugendliche durch die Hintertür ins Nebenzimmer, wo Musikbox und Fernseher standen, erzählt der heute 81-jährige Hansjörg Dörflinger, der mit seinen Altersgenossen damals begeisterter Nutznießer war. Zu Hause verfügte noch niemand über einen solchen Luxus.

Für die Dorfjugend sei es der Höhepunkt an Sonntagnachmittagen gewesen, gemeinsam Fernsehserien zu schauen und vor allem moderne Musik zu hören. Warf man 20 Pfennig in den Geldschlitz der Musikbox, bekam man ein, für 50 Pfennig drei und für eine Mark sieben Schlager zu hören. Da damals bei allen Taschengeld knapp war, ließ man selten auch mal zwei Mark für 15 Hits springen. Hatte man Glück, waren andere Gäste da, die das Gerät mit Groschen fütterten, und man sparte somit das eigene Taschengeld.
Wolfgang Schilke aus Birkendorf bevorzugte in jungen Jahren mit seiner Freundin und späteren Ehefrau Margret Kneipen, in denen eine Jukebox stand wie im Café „Beck“ in Ühlingen und im Hirschen in Untermettingen. So war er freudig überrascht, als er kürzlich bei einem Gaststättenbesuch in Untermettingen die reaktivierte Musikbox entdeckte. Jugenderinnerungen kamen auf.
Als langjährige Mitglieder der Trachtengruppe Birkendorf waren er und seine Frau Jahrzehnte als Tänzer aktiv. Begeistert begutachteten sie und ihre Begleiter das Gerät, drückten eine Taste und siehe da: „Oh Julie“ von Shakin‘ Stevens lief. Sie konnten nicht widerstehen, dazu wieder einmal das Tanzbein zu schwingen. Der Unterschied zu früher ist das inzwischen fortgeschrittene Alter der beiden, und die Schlager aus den 70ern und 80ern hört man, ohne Groschen einzuwerfen.
Die Anfänge der Musikbox im Hirschen
Seniorwirt Hermann Huber hatte die Musikbox 1970 für die Gaststätte von Verleiher Vetesnik aus Waldshut gemietet. Dieser kam regelmäßig, um den Geldsack zu leeren und die Musikbox mit neuen Platten zu bestücken. So konnte man immer aktuelle Hits hören.
Die beliebtesten Schlager zeigte ein Zählgerät an und verblieben länger in der Auswahl. Junge Leute aus der ganzen Umgebung seien dadurch in die Gaststätte gekommen, erinnert sich der Seniorchef Hermann Huber. Es war schon etwas Besonderes für die Jugend damals, bei cooler Musik einen Treffpunkt zu haben. Der Hirschen hatte damit ein großartiges Angebot in der Gaststube stehen.

Wie die heutige Wirtin Elke Weisser schmunzelnd erzählt, hätte allerdings der Münzensack in der Musikbox Begehrlichkeiten von Einbrechern geweckt. Dreimal seien Diebe nachts durch den landwirtschaftlichen Teil in die Wirtschaft gelangt und hätten den gefüllten Geldsack gestohlen.
Einbrecher verlieren Münzen auf dem Misthaufen
Beim dritten Einbruch sei der Großvater aufgewacht und habe laut aus dem geöffneten Fenster in die Dunkelheit geschrien. Vor Schreck verloren die Einbrecher auf der Flucht das Geld. Bei der Aufnahme des Kriminalfalles habe die Polizei die Münzen auf dem Misthaufen einsammeln müssen. Die Musikbox im Gasthaus Hirschen aber verbinde man vor allem mit vielen schönen Jugenderinnerungen und Anekdoten.

1983 wurde die Landwirtschaft beim Gasthaus Hirschen aufgegeben, der Ökonomieteil zu einem Saal und zwei Kegelbahnen ausgebaut. Die Musikbox kam für Hubers Tochter Elke und Sohn Edgar in den Keller und war bei Partys nützlich. Danach aber stand sie etwas ramponiert jahrelang vergessen weiterhin dort.
Ersatzteile sind schwer zu finden
Martin Tröndle, ein Freund der Familie und Elektroingenieur aus Herrischried, fand, dass man das gute Stück reaktivieren sollte. Er opferte einige Zeit für die gründliche Reinigung und Reparatur. Ersatzteile waren schwer erhältlich. Nach drei Jahren brachte er aber die Jukebox funktionstüchtig und auf Hochglanz poliert zurück.
Platz war in der Gaststube jetzt genügend vorhanden, da man wegen Corona Tische entfernen musste, um die vorgeschriebenen Abstände einhalten zu können, erklärt Elke Weisser. Die Gäste freuten sich über das gute Stück. Auch Jugendliche fänden es total „cool“ die Musikbox zu bedienen, berichtet die Tochter der Wirtin, Nina Weisser. Wenn Platten „hängen“ bleiben, bekomme die Musikbox einen kleinen Fußtritt, dann laufe sie wieder weiter.
Davon rät allerdings der leidenschaftliche Jukebox Sammler Kurt Huber aus Oberlauchringen dringend ab. Davon verkratze man die wertvollen Schallplatten. Er besitzt eine Vielzahl von Musikboxen verschiedener Hersteller, die er selbst restauriert und repariert und bringt sie zu altem Glanz zurück. Eine seiner restaurierten Prachtexemplare steht im Gasthaus Burg in Ewattingen.