Der Coronavirus hält die Menschen in Atem. Er kommt näher. Spätestens seit Erkrankungsfälle in Norditalien bekannt wurden und im benachbarten Schweizer Kanton Aargau Verdachtsfälle untersucht worden sind, beschäftigen sich die Bewohner auch hier mit dem neuartigen Virus mit dem Namen SARS-CoV-2.
Von uns befragte Reiseveranstalter in Waldshut-Tiengen geben sich im Moment noch gelassen und warten ab. Behörden, Ärzte und Krankenhäuser sind vorbereitet. Aber viele Menschen reagieren bereits auf die Medienmeldungen. In Apotheken in Waldshut und Tiengen werden verstärkt Mundschutz und Hand-Desinfektionsmittel nachgefragt. Engpässe entstehen.
„Es herrscht noch keine Panik“, sagt Susanna Heim, Pressesprecherin des Landratsamts Waldshut. Die Behörde stehe eng im Kontakt mit dem Gesundheitsministerium, und es bestünden Absprachen mit dem Kanton Aargau und den Flughäfen Zürich und Basel.
Für solche Fälle sei man auf dem Landratsamt immer vorbereitet, versichert Heim. „Jeder weiß, was er im Ernstfall zu tun hätte“, ergänzt sie. Alle Ärzte seien informiert. Betroffene sollen nicht in die Praxis oder die Notaufnahme gehen. Heim: „Die Ärzte kommen zum Patient.“
Ganz wohl ist den Menschen hier offensichtlich doch nicht. Den Apotheken gehen allmählich Mundschutz und Desinfektionsmittel aus. „Die Artikel sind der Renner“, sagt Thomas Fleck, Inhaber der Löwenapotheke in Waldshut. Obwohl er darauf hinweist, dass ein herkömmlicher Mundschutz nicht vor Ansteckung schützt, wollen die Kunden einen haben. „Es ist reine Hysterie, die im Moment herrscht“, sagt der Apotheker.
Auch in der Engel Apotheke in Waldshut gibt es keinen Mundschutz mehr. Desinfektionsmittel ist noch zu haben. Um die Kunden etwas zu beruhigen, werden Informationsblätter des Robert-Koch-Instituts verteilt. Die angehende Apothekerin Anna Vogelbacher rät: „Ich kann nur nahe legen, die Hände gut zu waschen. Desinfektion ist der beste Schutzmechanismus.“
Dirk Geiger, Inhaber der Marktapotheke in Tiengen, erwartet für die nächsten Tage eine Lieferung eines sterilen Virugards, wie das Desinfektionsmittel genannt wird, und von speziellen FFP2-Filtern. „Die schützen vor Aerosolen. Der klassische OP-Mundschutz hilft nur bei Infizierten, um den Virus nicht zu verbreiten. Für den Selbstschutz bringt er nichts.“ Die Weltgesundheitsorganisation habe indes eine Empfehlung herausgegeben, was Apotheken herstellen können. Geiger: „Wir sind recht gut vorbereitet.“
Ruhe in Reisebüros
Ruhig ist es noch in den Reisebüros in der Doppelstadt. Buchungen für Italien liegen den befragten Unternehmen ohnehin fast keine vor. „Im Moment spüren wir noch keine Auswirkungen, das ist noch zu frisch“, sagt Mark Andris von L‘Tur in Tiengen, „aber es kann noch kommen, wir wissen nicht wie sich alles entwickelt.“ Sein Reisebüro biete mehr Pauschalreisen zum Beispiel in die Karibik oder nach Ägypten an. „Im Norditaliengeschäft läuft bei uns nicht so viel.“
Peter Napiontek, der Rentner aus Waldshut, organisiert seit vielen Jahren im Umfeld von Vereinen Reisen nach Italien. Für den 2. Juni ist erneut eine Fahrt nach Cattolica an der Adriaküste geplant. „Wir warten ab“, sagt er kurz. Ebenso der Velo- und Bikeclub (VBC) Waldshut-Tiengen der im April wieder ins Trainingslager ins 20 Kilometer nördlich von Rimini gelegene Cesenatico reisen will. VBC-Vorsitzender Reinhard Steffens: „Im Moment unternehmen wir noch nichts. Wir setzen uns aber zusammen und machen uns Gedanken darüber.“
Auch die Volkshochschule (VHS) Buch lässt noch offen, ob die geplante Reise nach Rom in der Karwoche stattfindet. „Ich habe mit meinem Freund telefoniert. Er sagt: Es ist kein Problem im Moment, er hat eher Probleme mit Touristen, die Reisen absagen“, erklärt Jürgen Munzert, der für die VHS die Touren organisiert.
Er werde noch ein paar Tage abwarten. Munzert: „Wir sind nicht überängstlich, aber wir müssen den Dingen in die Augen sehen.“ Es könne durchaus sein, dass etliche sagen, dass sie nichts riskieren wollten. Er bleibe in Kontakt mit seinem Freund in Rom.