Wo einst noch das Chemiewerk Lonza als Tochterunternehmen des Schweizer Lonza-Konzerns Düngemittel und Schleifmittel produzierte, findet sich heute das größte Gewerbegebiet in Waldshut-Tiengen – der Gewerbepark Hochrhein. Mittlerweile sind 85 Prozent des Gewerbegebiets bebaut. Vor 25 Jahren wurde die Produktion im Lonza-Werk Waldshut vollständig eingestellt. Grund genug zu schauen, was sich heute auf dem Areal befindet und wie es sich entwickelt hat.
"Ich bin zufrieden, wie er sich inzwischen entwickelt hat", sagt der frühere Bürgermeister der Stadt Waldshut-Tiengen, Manfred Beck, der einmal den Gewerbepark Hochrhein als das größte Projekt in seiner Amtszeit bezeichnet hat. Allerdings sei es erst im dritten Anlauf geglückt, aus der Industriebrache einen Gewerbepark zu machen. Wobei für Beck das Gebiet dem Namen Park nicht gerecht geworden sei. "Ursprünglich war geplant, die mittlere Straße, den Lonzaring, der vom kleinen Kreisel nach Osten führt, zur Allee zu machen", erzählt Manfred Beck und fügt hinzu: "In der Umsetzung ist das nicht ganz gelungen."
Wer sein Auto zur Hauptuntersuchung bringen muss, sich einen neuen Sportwagen kaufen möchte, ein Bauprojekt starten will oder einfach nur ein paar schöne Blumen für den Garten sucht, wird im Gewerbepark Hochrhein 500 Meter nordöstlich des Grenzübergangs zur Schweiz fündig. Doch dort findet man außer dem Baumarkt noch viel mehr: ein Möbelhaus, ein Bogensportzentrum, ein Sportwetten-Büro, Küchenstudios sowie Holz- und Metallbauunternehmen und viele Firmen mehr. In die renovierten Räumlichkeiten des ehemaligen Lonza-Verwaltungsgebäudes (gelbe Häuserzeile an der Bundesstraße) sind unter anderem die Polizeidirektion, das Zollkommissariat Waldshut-Tiengen sowie die AOK eingezogen.

Auch die deutsch-schweizerische Gemeinschaftszollanlage befindet sich auf dem Areal. Allerdings sorgen die vielen Lastwagen dort öfters für ein Verkehrschaos: Immer wieder blockieren sie den Obi-Kreisel und dann entstehen mitunter lange Staus auf der B 34 zwischen Tiengen und Waldshut. Hätte man bei der Erschließung des Gewerbeparks nicht voraussehen können, dass die Kapazität der Zollanlage eines Tages nicht mehr ausreicht und ein Verkehrschaos droht? "Nein", sagt Manfred Beck. Damals sei nicht abzusehen gewesen, dass der Schweizer Zoll mehrere Warenabfertigungsanlagen an den Grenzübergängen entlang des Hochrheins schließen werde. Ein zweiter Vorstauraum bei der Zollanlage könnte die Verkehrsprobleme entschärfen.
Auf der Fläche von 336.700 Quadratmetern, was etwa 47 Fußballfeldern entspricht, haben sich im Gewerbepark über 30 Unternehmen angesiedelt. Großflächiger Einzelhandel mit innenstadtrelevantem Sortiment wurde von der Stadt von vorneherein ausgeschlossen, um die Wirtschaft in den Innenstädten von Waldshut und Tiengen nicht zu schwächen. Die Gewerbepark Hochrhein GmbH, die von der Lonza zur Vermarktung des Geländes gegründet wurde, hat alle Grundstücke bereits verkauft. Noch nicht bebaut sind davon laut Geschäftsführer Stefan Seiter 55.000 Quadratmeter.
"Es ist kein Wunschkonzert, wer sich da ansiedelt", sagt Manfred Beck. Er erinnert daran, dass es bei der Erschließung gelungen sei, die finanzielle Belastung für die Stadt so gering wie möglich zu halten. "Die Stadt hat sich beim großen Kreisverkehr auf der B 34 und bei der Einfahrt West bei A.T.U. beteiligt", so der frühere Erste Beigeordnete der Stadt. Alle anderen Erschließungsarbeiten habe die Gewerbepark Hochrhein GmbH getragen.
2009 reaktivierte man die alten Grundwasserbrunnen der Lonza, damit die ansässigen Betriebe mit Hilfe von dezentralen Wärmepumpen beheizt werden können. 2017 verkaufte die Gewerbepark Hochrhein GmbH diesen Geothermie-Betrieb an die Stadtwerke Waldshut. Einzig die Lonza-Werksdeponie bewirtschaftet die Gesellschaft noch heute, in enger Abstimmung mit dem Landratsamt. Diese wurde 2008 geschlossen und begrünt. Auf dem Südhang der ehemaligen Werksdeponie baute Lonza eine Photovoltaikanlage, welche von der Gewerbepark Hochrhein GmbH zusammen mit den Stadtwerken Waldshut-Tiengen betrieben wird. Die Anlage produziert Strom für 250 Haushalte. Die 2880 Solarmodule wurden an einer Drahtseilkonstruktion befestigt. Diese Photovoltaikanlage ist laut Lonza in ihrer Art und Größe einmalig.
Es war ein langer Weg von der Stilllegung der Produktionsstätte der Lonza im Jahr 1994 bis zur Nutzung des Geländes als Gewerbepark, dazwischen lagen über zehn Jahre: 1996 wurde das gesamte Werkareal gereinigt, entstaubt und eine umfassende Sanierung der Quecksilberlasten für rund 14 Millionen Euro eingeleitet. Bereits 1998 gab es erste Planungen zur Umnutzung des Geländes, die dann aber scheiterten. 2002 einigten sich die Stadt und die Lonza schließlich auf einen Bebauungsplan, für den der Gemeinderat am 9. Dezember 2003 mit großer Mehrheit stimmte. 2005 begannen die Bauarbeiten für den Gewerbepark.
Die Meilensteine auf dem Weg zum Gewerbepark
- 1913: Gründung der Lonza-Werke GmbH Waldshut, als erste Auslandsniederlassung der schweizerischen Lonza AG Visp.
- 1981: Die Lonza-Werke auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Rund 1500 Mitarbeiter stellen anorganische und organische Massenprodukte her.
- 1994: Vollständige Schließung der Lonza-Werke, Waldshut, laut Werksdarstellung als Folge von Konkurrenzprodukten aus Billiglohnländern und hohen Umweltauflagen.
- 1998: Erste Projekte zur Umnutzung des Geländes scheitern an den hohen Kosten und an der konsequenten Haltung der Stadt, innenstadtrelevanten Handel in großflächigen Betrieben nicht zuzulassen.
- 2003: Gemeinderat stimmt mit großer Mehrheit für die Aufstellung eines Bebauungsplanes Gewerbepark Hochrhein.
- 2004: Beginn des Rückbaus der über 100 ehemaligen Werksgebäude und Anlagen, Altlastensanierung.
- 2005: Die Firmen Petrovic und TET Tröndle/Firma EWS nehmen als Erste ihren Betrieb im Gewerbepark Hochrhein auf. Es folgen Zollkommissariat, Verkehrspolizei, Auto-Teile-Unger und AOK.
- 2005: Beginn der Bauarbeiten an den neuen internen und externen Erschließungsstraßen.
- 2006: Der Bebauungsplan Gewerbepark Hochrhein mit einem Sondergebiet für einen Möbelmarkt wird rechtskräftig.
- 2007: Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes und Schaffung eines Sondergebietes für einen Bau- und Gartenmarkt (Obi) auf dem Ostgelände.
- 2008: Schließung der Lonza-Werksdeponie, die renaturiert wurde. Auf dem Südhang der Deponie wird eine Photovoltaik-Anlage installiert.
- 2009: Reaktivierung der Grundwasserbrunnen zum Geothermie-Betrieb. Sie werden 2017 an die Stadtwerke Waldshut verkauft.