„Wir können nicht mehr nichts machen“, sagt Volker Busch. Was damit gemeint ist, veranschaulichte der Neurowissenschaftler und Psychiater aus Regensburg anhand eines Erlebnisses, das er vor seinem informativen und unterhaltsamen Referat beim dritten SÜDKURIER-Wissensforum hatte: „Ich saß vorhin in einem Eiscafé in Ihrer schönen Stadt und habe mich nur umgeschaut. Jeder um mich herum schaute auf sein Handy“, erzählte Volker Busch seinen rund 370 Zuhörern in der Waldshuter Stadthalle.
Wer sein Gehirn mit Reizen überflute, beispielsweise durch intensive Smartphone-Nutzung und ständige Erreichbarkeit, sei spätestens abends geistig erschöpft. „Entspannung im Gehirn erreichen Sie nicht in der Wellness-Oase, sondern wenn Sie bei einer Tätigkeit in der Tiefe versinken“, sagte der Experte.
Er empfahl seinem Publikum, sich einmal am Tag Zeit zu nehmen für eine sogenannte Fokusstunde, in der man sich voll und ganz auf eine Sache konzentriert und nicht ablenken lässt. „Sie werden produktiver sein und auch zufriedener, wenn Sie etwas wegschaffen, das auch noch gut ist“, versprach Busch.
Es sei nämlich eine Illusion, dass der Mensch multitaskingfähig ist, also mehrere Dinge gleichzeitig erledigen kann. „Multitasking geht nur, wenn die eine Tätigkeit motorisch ist und die andere intellektuell“, sagte der Referent. Beispielsweise, wenn man beim Autofahren gleichzeitig den Nachrichten im Radio lausche. „Vorausgesetzt, der Verkehr lässt dies zu.“

Echte Gleichzeitigkeit könne das Gehirn jedoch nicht leisten. „Es kommt uns parallel vor, aber ist tatsächlich seriell“, sagte Busch, der unser Gehirn mit einem alten Druckerkabel verglich. „Wenn wir Dinge nacheinander machen, sind wir besser, als wenn wir uns unterbrechen lassen und zwischen Tätigkeiten hin- und her wechseln“, so der Neurologe.
Dennoch sei er kein Gegner von Smartphones, betonte Volker Busch. „Ich will Ihnen Ihr Handy nicht madig machen. Es geht um die Dosis“, sagte er. Gleiches gelte für den Nachwuchs. „Erlauben Sie Ihren Kindern digitale Medien. Aber wenn sie Hausaufgaben machen oder am Tisch beim Essen sitzen, müssen sie es weglegen“, empfahl der zweifache Vater seinen Zuhörern.
Auch Videospiele seien nicht so schlecht wie ihr Ruf. Studien hätten ergeben, dass sich die eingeschränkte Motorik von Parkinson-Erkrankten, die ein Vierteljahr lang ein bestimmtes Videospiel spielen, ähnlich dem bekannten Super Mario, in der die Hauptfigur über Hindernisse springen und durch Tunnel und Röhren klettern muss, deutlich verbessert habe. „Sie konnten danach besser die Zähne putzen oder sich leichter das Hemd zuknöpfen“, erzählte der Wissenschaftler, die an der Uni Regensburg forscht und Vorlesungen hält.

Volker Busch berichtete von seinen Studenten Folgendes: „Die Aufmerksamkeit eines 19-Jährigen über die Länge der Tagesschau zu halten, ist sauschwer.“ Apropos Studenten: „65 Prozent meiner Studenten kennen das Testbild nicht“, sagte der Wissenschaftler über die Einblendung am Fernsehen, die früher anzeigte, dass für diesen Tag nichts mehr gesendet werde. „Das war früher unser gesellschaftliches Bild für offline“, sagte Busch und empfahl, sich öfter mal zu langweilen, um „im Gehirn aufzuräumen“. Beispielsweise beim Wandern, so wie er es als Wahlbayer gerne mache.
„Das war Wissen tanken im besten Sinne“, sagte der Waldshuter SÜDKURIER-Redaktionsleiter Kai Oldenburg nach Buschs kurzweiligem Vortrag.
Die nächsten Termine
Das SÜDKURIER-Wissensforum findet jeweils dienstags von 19.30 bis 21 Uhr in der Stadthalle Waldshut statt.
- 24. September: Artikulation & Stimme mit der Phonetikexpertin Monika Heim.
- 15. Oktober: Denkmuster & Soziale Kompetenz mit dem Experten für Selbstmotivation, Dani Nieth.
- 19. November: Menschenkenntnis mit Potenzialwecker Gereon Jörn.
Die Einzelkarte kostet 59 Euro, für SÜDKURIER-Abonnenten nur 39 Euro. Kartenbestellungen unter der Telefonnummer 07531/999 10 48 und online unter diesem Link.