Als „gefühlt von 0 auf 500“ Megabit pro Sekunde beschreibt Halil Ünal die Internetgeschwindigkeit, die er neuerdings in seinem Haus am Waldshuter Fichtenweg hat. Ünal ist einer der ersten Kunden, die an das neue Glasfasernetz der Stadtwerke Waldshut-Tiengen auf dem Aarberg angeschlossen wurden.
Zwar gibt es schon länger Glasfaser im größten Wohngebiet der Doppelstadt. Doch seien die vorhandenen Leitungen eines überregionalen Internetanbieters in der Vergangenheit häufig von Störungen betroffen gewesen, wie Bewohner der Bergstadt, darunter auch Oberbürgermeister Philipp Frank, berichten. Der OB verweist im Pressegespräch auf eine WhatsApp-Gruppe, in der Betroffene regelmäßig Störfälle mitteilen und sich gegenseitig austauschen.

„Es war eine Katastrophe“, sagt Halil Ünal über seine Erfahrungen mit überregionalen Anbietern. Schwankungen bei der Datenverbindung und schlechter Kundenservice haben ihn nach einer Aussage so manches Mal an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Arbeiten im Auto oder bei Bekannten
Als Selbstständiger in der IT-Branche, der von zu Hause aus arbeitet, sei er auf konstante Internetgeschwindigkeit angewiesen. Teilweise habe er bei Störungen auf sogenannte Hotspots zurückgreifen müssen, erzählt er. Dabei nutzt ein Computer die mobile Datenverbindung eines Mobiltelefons. Mitunter habe er auch das Internet eines Bekannten, der in der Stadt wohnt, benutzen dürfen, oder habe aus dem Auto heraus gearbeitet. „Ich habe mir immer zu helfen gewusst“, erzählt Halil Ünal schmunzelnd. „Aber ich bin froh, dass es vorbei ist“, fügt er hinzu.
„Wir freuen uns, dass wir die Infrastruktur für Privatleute und Gewerbetreibende auf dem Aarberg verbessern konnten“, erklärt Siegfried Pflüger. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Waldshut-Tiengen ist gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Zarska, Bereichsleiter für Marketing und Vertrieb, in den Fichtenweg gekommen, um sich bei Halil Ünal zu erkundigen, wie zufrieden dieser mit seinem neuen Glasfaseranschluss ist. „Ich bin happy“, antwortet Ünal freudestrahlend. Er ist nicht der einzige, der auf ein stabiles Internetnetz angewiesen ist. „Die Pandemie hat dazu beigetragen, dass das Homeoffice an Bedeutung zugenommen hat“, merkt Pflüger an.
Mitte Februar 2022 begannen die Arbeiten für den Glasfaserausbau in der Bloisstraße. Im Jahr davor hatten die Stadtwerke Waldshut-Tiengen mit Plakaten und Briefen an die Aarberg-Bewohner für das Angebot geworben. Damals teilte das Unternehmen mit, dass mindestens 450 abgeschlossene Verträge notwendig seien, um das Vorhaben wirtschaftlich realisieren zu können.

Gratis-Eis sollte Kunden anlocken
Das Interesse war zunächst verhalten. Mit Informationsveranstaltungen und Gratis-Eis-Aktionen haben die Stadtwerke im Sommer 2021 die Werbetrommel für ihr Glasfaser gerührt. Als einen der Gründe für die anfängliche Zurückhaltung vermutet Siegfried Pflüger, dass die Bewohner den Stadtwerken nicht zugetraut hätten, nach den teilweise schlechten Erfahrungen mit anderen Anbietern für stabileres Internet zu sorgen. Er betont, dass das Glasfasernetz komplett neu und im Eigentum der Stadtwerke sei.
„Wir haben mit einer Baggerakquise gerechnet, und genau das ist eingetreten“, berichtet der Geschäftsführer weiter. Dabei handele es sich um das Phänomen, dass zögernde Kunden sich doch noch entscheiden, sobald ein Bagger vor der Tür steht. Laut den Stadtwerken sind mittlerweile 197 Verträge für 90 Hausanschlüsse abgeschlossen worden. Bei Mehrfamilienhäusern liege die Entscheidung für einen Anschluss beim Eigentümer.

Siegfried Pflüger rechnet in nächster Zeit mit mehr als 200 weiteren Glasfaserkunden. Dass die Stadtwerke nicht erst nach dem Abschluss von 450 Verträgen die Bagger haben anrollen lassen, wie ursprünglich vorgesehen, liegt Pflüger zufolge daran, dass der überwiegende Teil der Verträge eine Datenrate von mehr als 50 Megabit pro Sekunde beinhalte. Dadurch sei die Wirtschaftlichkeit des Projekts gewährleistet.
Anschlussgebühr wird steigen
Im Unterschied zu manch anderem überregionalen Anbietern verlangen die Stadtwerke eine einmalige Gebühr von derzeit 550 Euro für einen Glasfaseranschluss. Siegfried Pflüger verweist auf die Baukosten. Im Gegenzug fällt dem Geschäftsführer zufolge die monatliche Gebühr bei den Stadtwerken geringer aus als bei anderen Unternehmen.
Noch gibt es die Möglichkeit, Glasfaserkunde bei den Stadtwerken zu werden. „Solange die Bagger vor der Tür stehen, gilt der günstigere Preis“, sagt Pflüger über die Anschlussgebühr. Wenn die Arbeiten in der Bergstadt einmal abgeschlossen sind, könnten je nach Entfernung des Hauses zur Straße bis zu 2000 Euro fällig werden, teilt er mit. Nach jetzigem Stand geht der Geschäftsführer davon aus, dass das Projekt spätestens Ende 2023 beendet wird.
„Wir freuen uns, dass wir den Bewohnern des Aarbergs ein Angebot machen können. Und dass es mit einem städtischen Unternehmen möglich wird, freut uns doppelt“, erklärt Oberbürgermeister Philipp Frank.