Wenn man heute zwischen Gurtweil und Tiengen unterwegs ist, weist nichts mehr auf das hin, was dort einmal zu Zeiten des Römischen Reichs imposant ausgesehen haben muss – eine Villa Rustica. Schon 1891 wurden Ausschnitte des ehemaligen Herrenhauses untersucht, das Teil eines Landguts mit Römischem Bad war. Demnach führte einst ein Säulengang zunächst in einen Innenhof, von dort in ein Bad mit acht Räumen und weiter in ein Kuppelrondell.

Das Villenbad verfügte über einen Warmbadebereich mit einer Hypokausten-Einrichtung, also einer Fußbodenheizung, die auf kleinen Säulen aus Ziegeln lag. Ein kleiner Ausschnitt davon ist mit anderen Fundstücken, wie einer Münze des Kaisers Hadrian (76 bis 138 nach Christus) sowie Ziegeln mit Stempeln der XXI. und XI. Legion im Heimatmuseum Waldshut ausgestellt. Auch Spuren von bemalten Wänden und Mosaiken sowie Keramik wurden bei Ausgrabungen in den 20er Jahren entdeckt. Die römischen Bauten im Gewann Schlößlebuck und Schlößleäcker hatten eine Abmessung von etwa 230 auf 120 Meter. Die Umgebung wurde aber im Laufe der Jahre weitgehend überbaut und so erinnert heute nichts mehr an den Villenbau von einst.

Nach einer Überlieferung aus dem zwölften Jahrhundert wurde die Stadt Gurtwila zum ersten Mal 873 in einer Urkunde des Klosters Rheinau genannt. Auch andere Namensformen wie Churtwila um das Jahr 885, Gurtwilo (1094) oder Gurtwil (1225) fanden Erwähnung. Gurtweil erstreckt sich über die letzten vier Kilometer des Schlüchttals bis auf die Höhen der benachbarten Bergrücken Neuberg und Mühleberg, die jeweils auf einer Höhe von 560 Metern liegen.

Vor der Renaturierung: Beim Entenrennen 2019 stürzten sich noch kleine gelbe Gummienten die Abstufungen der Schlücht hinunter.
Vor der Renaturierung: Beim Entenrennen 2019 stürzten sich noch kleine gelbe Gummienten die Abstufungen der Schlücht hinunter. | Bild: Melanie Mickley

Mitten durch den Ort fließt die Schlücht, diese ist auch auf dem Gurtweiler Wappen in Blau auf weißem Grund symbolisiert. Vor mehr als 100 Jahren hatte man als Hochwasserschutz mehrere Stufen, sogenannte Abstürze von 1,10 bis 2,85 Metern in das Flussbett eingebaut. Diese wurden jetzt aus ökologischen Gründen zurückgebaut und somit haben Fische und andere Wassertiere wieder freie Bahn.

Nach der Renaturierung: Ohne die Abstufungen im Flussbett können sich jetzt Fische und andere Wassertiere wieder frei in der Schlücht ...
Nach der Renaturierung: Ohne die Abstufungen im Flussbett können sich jetzt Fische und andere Wassertiere wieder frei in der Schlücht bewegen. | Bild: Melanie Mickley

Im Mittelpunkt des Ortes stehen die Pfarrkirche sowie das Schloss Gurtweil, das mit einer wechselvollen Geschichte aufwarten kann. Im Jahr 1660 brannte es vollständig nieder, doch das Kloster St. Blasien baute es wieder auf und richtete dort eine Propstei ein. In dieser Zeit entstand auch die Schlosskapelle. Als Gurtweil später zu Baden gehörte, diente das Schloss als Krankenhaus, danach sogar als Schnapsbrennerei. Heute befindet sich das Wohnheim der Caritas-Werkstatt darin.

Unter Strom: Von einigen der Strommasten kann Gurtweil innerhalb der nächsten Dekade nach den Plänen der Netzbetreiber befreit werden.
Unter Strom: Von einigen der Strommasten kann Gurtweil innerhalb der nächsten Dekade nach den Plänen der Netzbetreiber befreit werden. | Bild: Melanie Mickley

Gurtweil ist das Drehkreuz der regionalen Stromversorgung und so gehören auch zwei Umspannwerke zum Ortsbild. Für die Anwohner soll sich nach den Plänen der Netzbetreiber innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Besserung einstellen, da die Transformatoren gebündelt werden können und somit weniger Leitungen erforderlich werden. Auch eine neu nutzbare Fläche von etwa zwölf Fußballfeldern würde nach diesen Plänen entstehen.

Seliger Pater

Heute leben im größten Stadtteil von Waldshut-Tiengen 1727 Einwohner, die es auf eine stolze Zahl von 21 aktiven Vereinen bringen. Die bekannteste Gurtweiler Persönlichkeit dürfte wohl Pater Franziskus Jordan sein. Er wurde am 16. Juni 1848, als Bauernsohn Johann Baptist Jordan in Gurtweil geboren. Am 15. Mai 2021 fand die Seligsprechung des katholischen Priesters und Ordensgründers der Salvatorianer durch den Papst in Rom statt.

Selig: In diesem kleinen Haus wurde am 16. Juni 1848 Pater Jordan geboren. Am 15. Mai 2021 wurde er vom Papst in Rom seliggesprochen.
Selig: In diesem kleinen Haus wurde am 16. Juni 1848 Pater Jordan geboren. Am 15. Mai 2021 wurde er vom Papst in Rom seliggesprochen. | Bild: Melanie Mickley

Das Ereignis war auch live in den Medien mitzuverfolgen. Die Feierlichkeiten in Gurtweil und Freiburg mussten jedoch auf das Jahr 2022 verschoben werden – die Corona-Pandemie macht auch nicht vor einer Seligsprechung halt. Die Ordensangehörigen der Salvatorianer sind auch heute noch in 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten aktiv.