Im Jahr 1256 erstmals erwähnt sind in der Stadt besonders rund um die Kaiserstraße kaum Gebäude zu finden, die weniger als 700 Jahre alt sind. Willy Riegger empfiehlt:

Stadtführer Willy Riegger kann bei seiner Führung „Altstadthäuser in Waldshut“ viele spannende Geschichten erzählen.
Stadtführer Willy Riegger kann bei seiner Führung „Altstadthäuser in Waldshut“ viele spannende Geschichten erzählen. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

„Nehmen Sie sich Zeit, bleiben Sie mal stehen und blicken Sie nach oben. So sieht man Waldshut mit ganz neuen Augen – auch ich entdecke nach 40 Jahren als Stadtführer, der sogar in der Kaiserstraße aufgewachsen ist, immer wieder Neues!“

Er bietet unter anderem Führungen wie „Altstadthäuser in Waldshut“ an.

Bild 2: Hätten Sie es gewusst? So viel Geschichte steckt in diesen Waldshuter Gebäuden
Bild: Schönlein, Ute

Zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten gehören auch der Hexenturm (Wallstraße 48, 16. Jahrhundert), das Rathaus (Kaiserstraße 28-32, um 1766), die Heinrich-Hansjakob-Schule (Johannisplatz 1, 1906-1908), die Liebfrauenkirche (Marienstraße 10, 1804-1808), das Greifeneggschlösschen (Amthausstraße 8, um 1404) und das Untere Tor (Ende 12. Jahrhundert).

1. Acht dunkle Gefängnis-Zellen

Das Obere Tor aus dem 13. Jahrhundert ist das Wahrzeichen von Waldshut. „In den oberen Stockwerken lebte der Torwächter, der einst darüber entschied, wer die Stadt betreten darf“, weiß Waldshut Stadtführer-Urgestein Willy Riegger (75). Auch acht Gefängniszellen, in die kaum Tageslicht drang, waren darin untergebracht. Heute ist hier die Narro-Zunft Waldshut 1411 daheim.

Das Obere Tor heißt auch Schaffhauser Tor und ist das Wahrzeichen von Waldshut.
Das Obere Tor heißt auch Schaffhauser Tor und ist das Wahrzeichen von Waldshut. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

2. Beim Lernen die Füße ins Wassre strecken

Das erste Schulhaus steht in der Wallstraße 2. Und die Buben, die hier bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts unterrichtet wurden, konnten sich an heißen Sommertagen freuen: „Der Stadtbach floss damals durch das Klassenzimmer und Pfarrer Joseph Ruch berichtete einst, dass sie Kinder hin und wieder die Holzluken öffnen und ihre Füße hineinstecken durften“, sagt Riegger.

Direkt neben der Katholischen Kirche war das erste Schulhaus von Waldshut.
Direkt neben der Katholischen Kirche war das erste Schulhaus von Waldshut. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

3. Heu, Stroh und ein prächtiger Saal

Den Wilden Mann (Kaiserstraße 18) ziert seit 1929 eine Halbrelieffigur mit Lendenschurz. „Im Dachvorsprung ist zudem wie oft in der Kaiserstraße eine Vorrichtung zu erkennen, um Lagerwaren hochzuziehen“, sagt Riegger, „Da wurden nämlich oft Heu und Holz gelagert.“

Im dritten Stock des Wilden Mannes befindet sich ein Repräsentationssaal.
Im dritten Stock des Wilden Mannes befindet sich ein Repräsentationssaal. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Und auch im Inneren verstecke sich ein Schatz: „Ein prächtiger Repräsentationssaal mit Wandbemalungen befindet sich im dritten Stock“, weiß der Stadtführer. Zu Kriegszeiten wurde der Saal zu vier Wohnungen umfunktioniert, Prunk und Pomp wurden überstrichen. Doch 1980 wurde er restauriert. Heute sind hier die ehemaligen Junggesellen zuhause und man kann den Saal mieten.

4. Eines von 14 Gasthäusern für damals 900 Einwohner

Das Gasthaus „Zur Taube“ (Kaiserstraße 23) war schon im Mittelalter eine von mindestens 14 Gaststätten. „Waldshut hatte gerade mal 900 Einwohner, aber eine enorme Gastronomiedichte – das hatte schon damals mit regem Durchgangsverkehr entlang des Hochrheins zu tun“, so Riegger.

Hat schon drei mal gebrannt: Das historische Gasthaus „Zur Taube“ in der Kaiserstraße 23. Einst war hier im ersten Stock die ...
Hat schon drei mal gebrannt: Das historische Gasthaus „Zur Taube“ in der Kaiserstraße 23. Einst war hier im ersten Stock die Gaststube. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Oft war die Gaststube im ersten Stock, während sich im Erdgeschoss ein Stall befand.

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Das Gebäude kann man als den Kämpfer unter den Historik-Bauten Waldshuts bezeichnen: „Ganze drei Mal hat es schon gebrannt – und immer wieder wurde es aufgebaut“, sagt Riegger. „Bei den Stadtbränden und zuletzt in den 90er-Jahren.“

5. Metzger rettet Witwe mit 14 Kindern

Das Lamm (Kaiserstraße 24) kann mit einer Liebesgeschichte aufwarten. Als beim zweiten Stadtbrand (1726) mehr als 45 Häuser abbrannten und kurz vorher auch Eisenhändler Sutter verstorben war, stand Witwe Sutter mit vier Kindern und einem Schutthaufen alleine da.

Schon 1729 war das Gasthaus zum Lamm erstmals eine Gaststätte – nachdem ein Metzgergeselle eine Wittwe in Not rettete.
Schon 1729 war das Gasthaus zum Lamm erstmals eine Gaststätte – nachdem ein Metzgergeselle eine Wittwe in Not rettete. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

„In kirchlichen Kreisen schaute man sich nach einem Mann um und fand einen Metzger von außerhalb“, sagt Riegger. „Der scheute nicht davor, 120 Gulden, umgerechnet rund 12.000 Euro, für sein Bürgerrecht zu bezahlen, um die Wittwe heiraten zu können.“ Weil der Metzger seine kulinarischen Kreationen anbieten wollte, baute er den Eisenhandel 1729 zur Gaststätte um.

6. Im ersten Rathaus lagert der Wein

Das erste Rathaus von Waldshut lag im 15. und 16. Jahrhundert nicht etwa in der Kaiserstraße, sondern hinter dem jetzigen Rathaus in der Wallstraße 24. Ein Meerjungfrauen-Bild ziert die Fassade und weist auf die Nutzung als „Gasthaus zum Meerfräulein“ hin.

Erstes Rathaus, Weinkeller und Gasthaus zum Meerfräulein – manche Gebäude, wie dieses hier in der Wallstraße 24, blicken auf eine ...
Erstes Rathaus, Weinkeller und Gasthaus zum Meerfräulein – manche Gebäude, wie dieses hier in der Wallstraße 24, blicken auf eine vielseitige Geschichte zurück. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Im zweistöckigen Gewölbekeller wurden Weinfässer gelagert: „Waldshut war einst die Weinhochburg am Hochrhein“, sagt Willy Riegger, „Um 1888 vernichtete die Reblaus die Reben.“

7. Ein Haus wird nach der Verpfändung geteilt

Das geteilte Haus (Kaiserstraße 42/44) war das Amtshaus der vorderösterreichischen Vögte – „also quasi das erste Landratsamt von Waldshut“, sagt Riegger. Einst seien die beiden Gebäude ein großes Haus gewesen: Das sei am Wappen in der Mitte der Fassade zu erkennen.

Links rosa, rechts hellblau – aber einst waren diese beiden Gebäude ein großes Haus. Das Wappen in der Mitte der Fassade zeigt es.
Links rosa, rechts hellblau – aber einst waren diese beiden Gebäude ein großes Haus. Das Wappen in der Mitte der Fassade zeigt es. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Erst 1468, mit der Verpfändung an Burgund, wurde es geteilt. Und auch zur Bezeichnung „Zum Pfauen“ hat Riegger Spannendes zu berichten: „Das ist hier ausnahmsweise keine historische Bezeichnung, sondern erst in den 1980ern von Hans Kübler erfunden worden.“

8. Ein Rabe muss klein bleiben

Die zwei Raben (Kaiserstraße 50/52) sind zwei Gebäude aus dem 16. oder 17. Jahrhundert. Der kleine Rabe ist niedriger als die meisten Altstadtbauten. „Das hat einen Grund, den wir erst spät entdeckt haben“, lacht Riegger.

Der kleine Rabe (rosa) ist niedriger als die meisten Altstadthäuser. Der Grund ist ein Spionage-Guckloch an der rechten Wand im großen ...
Der kleine Rabe (rosa) ist niedriger als die meisten Altstadthäuser. Der Grund ist ein Spionage-Guckloch an der rechten Wand im großen Raben (braune Fensterläden) links daneben. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

„An der Wand des großen Raben links daneben gibt es hoch oben ein Guckloch, das genau auf das Obere Tor gerichtet ist – hätte man das Gebäude vergrößert, wäre das Fensterchen verbaut worden.“

Auch auf der andere Seite gab es ein solches Guckloch in Richtung Unteres Tor. „Wir vermuten, dass hier das Sicherheitspersonal der Stadt gewohnt hat“, sagt Riegger.

9. Im Tor baumelt das Vieh von den Decken

Das Metzgertörle (Kaiserstraße 62) aus dem Jahr 1588 diente allen Metzgern gemeinsam als Schlacht- und Verkaufshaus. Durch den Torbogen floss der Stadtbach: „An den Pflastersteinen ist der Verlauf zu erkennen“, sagt Willy Riegger. „Da landete alles was beim Metzgen so abfiel drinnen – man kann sich vorstellen, wie das hier roch!“

Im Metzgertörle hing einst das Vieh von der Decke.
Im Metzgertörle hing einst das Vieh von der Decke. | Bild: Stadt Waldshut-Tiengen

Wer im Tor einen Blick hinauf zur Decke wagt, erkennt massive Eisenringe, an denen Vieh für den Schlachtprozess aufgehängt wurden. Heute ist in der Alten Metzig das Heimatmuseum.

10. Von der Fabrik, zur Bank wieder zur ursprünglichen Bestimmung

Die Spitalkapelle des Heilig-Geist-Spitals (Rheinstraße 53) wurde ab etwa 1422 als Kapelle genutzt. Um 1900 wurde sie erst zur Schirm-, dann zur Kerzenfabrik und dann nach dem zweiten Weltkrieg zur Zweigstelle der Volksbank, bevor sie verfiel.

Die Spitalkapelle war in den 1980er-Jahren völlig verfallen und zugestellt. Willy Riegger hat als einer der ehemaligen Junggesellen ...
Die Spitalkapelle war in den 1980er-Jahren völlig verfallen und zugestellt. Willy Riegger hat als einer der ehemaligen Junggesellen damals dabei geholfen, das historische Schmuckstück zu retten. Heute sieht man die historische Prunkbemalung wieder. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Erst 1983 retteten die ehemaligen Junggesellen samt Willy Riegger den historischen Bau: „Damals war es die Abstellkammer umliegender Geschäfte. Wir haben die Wandbemalungen mit fachmännischer Unterstützung wieder freigelegt“, sagt er stolz. Tagsüber ist die Kapelle für Besucher geöffnet.

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