Frau Müller, wie kamen Sie erstmals in Kontakt mit der Initiative „Omas gegen Rechts“?

Einige Familienmitglieder leben in Berlin und haben mir von den „Omas gegen Rechts“ erzählt, die es dort als großen und sehr aktiven Verein gibt. Bereits seit längerer Zeit weiß ich, dass auch der recht große Freiburger Verein sehr aktiv ist und etliche Aktionen organisiert. Ich fand, dass die Gruppen wirklich gute Sachen machen, sie sind aufmerksam für das, was in der Politik und der Gesellschaft passiert.

Seit es die „Omas gegen Rechts“ gibt, habe ich bedauert, dass es in Waldshut-Tiengen keine derartigen Gruppen gibt. Zunächst dachte ich, dass ich zu alt wäre, um selbst aktiv zu werden und eine Gruppe zu gründen. Aber als dann diese Abstimmung im Bundestag war, sagte ich mir, dass ich jetzt meine Energie zusammennehmen und aktiv werden muss.

Ulrike Müller (rechts) spricht mit unserer Mitarbeiterin Ursula Freudig über ihr Vorhaben, in Waldshut eine Gruppe „Omas gegen rechts“ ...
Ulrike Müller (rechts) spricht mit unserer Mitarbeiterin Ursula Freudig über ihr Vorhaben, in Waldshut eine Gruppe „Omas gegen rechts“ zu gründen. | Bild: Ulrich Müller

Meinen Sie die Abstimmung im Bundestag zur Migrationspolitik, die Merz mit AfD-Stimmen gewonnen hat?

Ja, diese Abstimmung hat mich wütend gemacht. Ich sagte mir, jetzt ist es höchste Zeit, dass auch in Waldshut was passiert und Menschen gegen Rechts Position beziehen. Für mich ist es schon mehr als fünf Minuten vor zwölf. Wir haben so viele Freunde in der ganzen Welt, auch in Amerika, und alle sind entsetzt über das, was gerade passiert.

Die Gesellschaft müsste viel aufmerksamer sein, auch was das Internet und Plattformen wie TikTok betrifft. Ich finde -auch im Sinne von Margot Friedländer – dass vielleicht die Schulen noch mehr tun müssten, um junge Leute aufzuklären.

Sind Sie schon einmal in einer Gruppe mitgelaufen?

Ja, letztes Jahr in Waldshut war ich bei der Demo in der Kaiserstraße als einzige mit einem Schild „Omas gegen Rechts“ und mit meinem Button, den ich immer am Mantel trage, dabei. Ich werde aber kaum mal auf den Button angesprochen.

Viele wissen so gut wie nichts von den „Omas gegen Rechts“. Es wäre schön, wenn es anders wäre. Ich weiß auch von der Freiburger Gruppe, dass sie sich vor Corona in Waldshut einmal vorgestellt hat, aber ohne Ergebnisse wieder gefahren ist. Und mit der Pandemie war dann so oder so alles vorbei.

Auch am Bodensee gibt es eine Regionalgruppe von „Omas gegen Rechts“, hier eine Aktion 2023 (Archiv).
Auch am Bodensee gibt es eine Regionalgruppe von „Omas gegen Rechts“, hier eine Aktion 2023 (Archiv). | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

„Rechts“ ist ein weit gefasster Begriff – wofür stehen die „Omas gegen Rechts“ genau?

Ziel ist es, auf rechte Tendenzen in Politik und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die „Omas gegen Rechts“ setzen sich für die Demokratie und die Grundrechte ein. Sie sind für eine offene, vielfältige, tolerante Gesellschaft und gegen Fremdenhass, Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Ausgrenzung und Gewalt.

Auch der Umweltschutz gehört zu ihren Anliegen. Ich bin Jahrgang 1943 und habe die Auswirkungen des Krieges noch mitbekommen. Dass jetzt rechte Tendenzen und Antisemitismus wieder so stark sind, kann ich einfach nicht verstehen. Haben wir denn nichts gelernt? Wir müssen jetzt zusammenhalten.

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Dürfen eigentlich nur Omas mitmachen?

Nein und man muss auch nicht 80 sein, um mitzumachen. Es laufen bei Demonstrationen auch Männer mit oder Omas mit ihren Enkelkindern. Mit dem Namen „Omas gegen Rechts“ ist man in die Öffentlichkeit gegangen, aber es ist eine offene Gruppe. Ich möchte an dieser Stelle noch sagen, dass es auch ganz tolle Angebote von Menschen gibt, die das, wofür die „Omas gegen Rechts“ sich einsetzen, in vorbildlicher Weise leben.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Ja, die Boulderhalle Hotzenblock in Tiengen. Sie ist gemeinnützig und steht für Offenheit und Inklusion. Keiner wird ausgegrenzt. Es klettern dort auch immer wieder Menschen mit Behinderung. Ich finde, das ist eine ganz wunderbare Sache. Andreas und Steffi, die die Halle betreiben, haben mir schon angeboten, dass wir uns bei ihnen in der Halle treffen können, sollte eine Gruppe zustande kommen. Es wäre schön, wenn es mehr solcher Anlaufstellen wie den Hotzenblock gäbe, die auf ihre eigene Art Position gegen Rechts beziehen.

Haben Sie schon erste Schritte für eine Waldshuter „Oma gegen Rechts“ – Gruppe eingeleitet?

Ja, einige Kontakte konnte ich schon knüpfen. Über die Tiengener Buchhändlerin Nikola Kögel habe ich Silke Padova, Leiterin des Kinder- und Jugendreferats der Stadt Waldshut-Tiengen, kennengelernt und bin auf ihre Anregung hin, mit einer Gruppe bekannt geworden, die sich aus der Veranstaltung ‚Lange Nacht der Demokratie‘ gebildet hat. Es sind rund zwölf Leute, die sich regelmäßig treffen.

Ich bin mit meinem Anliegen und meinem Button am Revers hingegangen und mit offenen Armen empfangen worden. Ich kann dort jetzt immer hingehen und auch dort Unterstützung und Anregungen finden.

Wie können Interessierte für die „Oma gegen Rechts“ – Gruppe Kontakt mit Ihnen aufnehmen?

Unter der E-Mail-Adresse uu.mueller@googlemail.com kann man sich bei mir melden. Ich würde mich sehr freuen, wenn viele jetzt die Möglichkeit nutzen, Stellung gegen Rechts zu beziehen. Auch wenn wir nur vier oder fünf wären, würde mich das motivieren.

Ich stelle mir vor, dass wir uns dann ein Mal im Monat treffen und austauschen. Solange wir nur eine kleine Gruppe wären, könnten wir uns bei mir zu Hause treffen, wenn wir mehr wären, in der Boulderhalle Hotzenblock oder in einer anderen Örtlichkeit.

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Wir sitzen in einem Raum, in dem jede Menge wunderschön bemaltes, edles Porzellan ist – ist das alles Ihr Werk?

Ja, ich bemale seit über 40 Jahren Porzellan und hab einen eigenen Brennofen. Ich fing damit an, als meine Tochter zur Welt kam und ich nicht mehr arbeiten konnte. Am Anfang war es ein Hobby, später dann habe ich Auftragsarbeiten übernommen und auch Ausstellungen gemacht.

Ulrike Müller ist eine versierte Porzellanmalerin, wie dieses Set zeigt.
Ulrike Müller ist eine versierte Porzellanmalerin, wie dieses Set zeigt. | Bild: Ursula Freudig

Haben Sie sich alles selbst beigebracht?

Eine Freundin in Frankfurt hat mir viel beigebracht, und als wir in Frankreich lebten, habe ich eine Porzellanmalerin kennengelernt, die für den Louvre Restaurierungen machte und nebenher Kurse in Porzellanmalerei gab. Bei ihr habe ich zehn Jahre lang gelernt und mich danach ständig weiterentwickelt.

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