Glockengießen ist eine aufwändige und diffizile Angelegenheit, die große Handwerkskunst erfordert. Es dauert ein paar Wochen, bis alle Vorarbeiten abgeschlossen und die Bronze in die Hohlräume der Lehmformen fließen kann. So auch in der Gießerei Grassmayr im österreichischen Innsbruck. Vor Ort schaute eine Delegation aus Waldshut zu, wie die neuen Glocken der Liebfrauenkirche entstehen.

Drei Glockenteile aus Ziegelsteinen und Lehm werden zur Herstellung einer Glocke benötigt. Eine dünne Schicht aus einem bestimmten Gemisch zwischen den Teilen ermöglicht es, dass diese später wieder voneinander getrennt werden können.

Glockenguss in Innsbruck Video: Ursula Freudig

Der erste Teil ist der Glockenkern, der aus Ziegelsteinen und Lehm gebaut wird und dem Innenraum der Glocke entspricht. Dann werden Lehmschichten aufgetragen, die als sogenannte Falsche Glocke genau die Dicke und Form der späteren Glocke nachbilden. Ihr Verhältnis zueinander bestimmt die Tonart der fertigen Glocke.

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Nur geringfügig können später „falsche Töne“ durch Schleifen korrigiert werden. Die genaue Nachbildung der späteren Glocke durch die sogenannten falsche Glocke ermöglichen senkrecht hängende Holzschablonen, die um die Lehmglockenform herum geführt werden.

Der Guss der „Mittleren“: Die Bronze fließt in die Hohlräume der zweitgrößten Liebfrauenglocke, die Papst Johannes XXIII. ...
Der Guss der „Mittleren“: Die Bronze fließt in die Hohlräume der zweitgrößten Liebfrauenglocke, die Papst Johannes XXIII. gewidmet ist. | Bild: Ursula Freudig

Ist die falsche Glocke geformt, werden aus Wachs Verzierungen und Inschriften aufgebracht, die die spätere Glocke zeigen soll. Danach wird wieder Lehm in mehreren Schichten aufgetragen, die den dritten Glockenteil, den sogenannten Mantel, bilden.

Ein Holzfeuer im Inneren des Kerns trocknet die Lehmschichten und bringt die Wachsverzierungen zum Schmelzen, so dass diese danach spiegelverkehrt als Hohlraum auf der Innenseite des Mantels abgebildet werden.

Ist der Trocknungsprozess abgeschlossen, wird der Mantel mit entsprechendem Gerät abgehoben und die falsche Glocke darunter entfernt. Danach wird der Mantel wieder auf den Kern gesetzt. Das heißt, zwischen Mantel und Kern ist jetzt ein Hohlraum, der genau der Form der späteren Glocke entspricht.

Die Abfüllung: Die Bronze fließt aus dem Ofen in große, aufgehängte Tonnen, in denen sie gleich zu den Glockenformen transportiert wird.
Die Abfüllung: Die Bronze fließt aus dem Ofen in große, aufgehängte Tonnen, in denen sie gleich zu den Glockenformen transportiert wird. | Bild: Ursula Freudig

Auf die Lehmform kommt jetzt noch eine Hohlform einer Glockenkrone, die später zum Aufhängen der Glocke benötigt wird. Für den Glockenguss wird in speziellen Öfen Bronze, eine Mischung aus etwa 80 Prozent Kupfer und rund 20 Prozent Zinn, auf gut 1100 Grad erhitzt, durch Filter von Schlacke befreit und in die Hohlräume der Lehmformen gegossen.

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Damit diese den Druck des heißen Metalls aushalten, werden die Lehmformen gewöhnlich in die Erde eingegraben und die Bronze läuft über Rinnen in deren Hohlräume. Wie die Bilder zeigen, wählt die Firma Grassmayr einen anderen Weg: In großen, aufgehängten „Eimern“, wird die glühende Bronze vom Ofen zu den Lehmglockenformen transportiert, die sich in stabilen, metallenen Behältnissen befinden.

Glockenguss in Innsbruck Video: Ursula Freudig

Dort neigt sich der „Eimer“ und die Bronze fließt in die Hohlräume. Je nach Größe der Glocke, braucht es danach mehrere Tage Abkühlungszeit, bis Mantel und Kern vorsichtig mit entsprechendem Werkzeug entfernt werden können.

Es geht los: Ein Mitarbeiter der Fima Grassmayr öffnet die Verschlusskappe des Ofens.
Es geht los: Ein Mitarbeiter der Fima Grassmayr öffnet die Verschlusskappe des Ofens. | Bild: Ursula Freudig

Übrig bleibt nach ihrer Reinigung, eine golden glänzende Bronze Glocke, deren Wirken Friedrich Schiller in seinem Gedicht so zum Ausdruck bringt: „Dass sie in das Reich des Klanges steige, in die Himmelsluft.“

Glockenguss in Innsbruck Video: Ursula Freudig

Glocken stehen im Vergleich zu Menschenleben, auch für ein Stückchen Ewigkeit. Gute Glocken können über Jahrhunderte hinweg schlagen. Im Turm der Liebfrauenkirche Waldshut hängt die älteste Glocke des Erzbistums Freiburg, sie stammt aus dem Jahr 1351.