Die Oberbürgermeisterwahl in Waldshut-Tiengen rückt näher. Die Bürger können am 23. Juli ihre Stimme abgeben und der Wahlkampf bereits jetzt auf Hochtouren. Doch was kostet so ein Wahlkampf eigentlich und wie wird er finanziert?

Die beiden bislang einzigen OB-Kandidaten, Philipp Frank und Martin Gruner, sprechen über die Kosten.

OB-Kandidat Philipp Frank: Er hat monatlich Geld für den Wahlkampf gespart

Philipp Frank
Philipp Frank | Bild: Juliane Vatter

Waldshut-Tiengens Oberbürgermeister Philipp Frank kandidiert erneut für das Amt OBs. Er schätzt, dass sich sein Wahlkampf auf einen „nennenswerten fünfstelligen Betrag“ belaufen wird. „Wie viel genau, wird sich erst am Ende beziffern lassen. Jedenfalls habe ich in meiner Amtszeit vom monatlichen Gehalt immer einen dreistelligen Betrag zurückgelegt, sodass ich da zum Glück flexibel bin.“

Diese Faktoren schlagen am meisten zu buche

Die größten Kostenpunkte im Wahlkampf sind für ihn die Broschüre, Giveaways und die Website. „Aber auch die grafische Gestaltung der Werbemittel und die Fotografie schlagen zu Buche“, informiert Frank. Laut eigener Aussage finanziert er den Wahlkampf allein aus eigener Tasche, „denn Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig. Ich sehe mich als Kandidat der Bürgerinnen und Bürger und nicht von Parteien. Darum verzichte ich auch ganz bewusst auf die Finanzierung durch politische Gruppierungen und Unternehmen“.

Unterstützung gibt es von der Familie

Weiter sagt er: „Da ich im Vergleich zu meinem bisherigen Mitbewerber kein Parteienkandidat bin, ist mein Wahlkampf vor allem ein Familienprojekt. Meine Frau leistet unheimlich viel in der Organisation des Wahlkampfes, aber auch unsere Söhne und viele Freunde bringen sich toll ein. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Philipp Frank setzt auf den direkten Kontakt zu den Menschen

Wer in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, dem werden derzeit fast täglich Fotos des Kandidaten bei der Verteilung seiner Wahlbroschüre angezeigt. Denn Frank betont, dass ihm der direkte Kontakt zu den Menschen wichtig sei. „Das klingt vielleicht etwas „oldschool“, aber ich finde persönliche Gespräch einfach immer noch bereichernder als eine digitale Botschaft. Deswegen verteile ich meine Wahlbroschüre auch selbst, eigenhändig. Die Menschen stehen bei mir im Mittelpunkt.“ Das ist zeitintensiv. „Deshalb bringe ich dafür auch viel Freizeit und meinen Jahresurlaub ein. „Walking-Urlaub in Waldshut-Tiengen und seinen Ortsteilen.“

Weiter sagt er: „Ich habe in den vergangenen acht Jahren eine Wochenarbeitszeit von oft 70 bis 80 Stunden gehabt. Zugegeben, dieser Wert sinkt durch den Wahlkampf ein bisschen. Mein Arbeitspensum als OB liegt aber immer noch über 50 Stunden. Und das Wichtigste: Die Amtsgeschäfte laufen“, betont Philipp Frank.

OB-Kandidat Martin Gruner: Er nimmt selbst keine Wahlkampfspenden an

Martin Gruner
Martin Gruner | Bild: privat

Martin Gruner ist derzeit Bürgermeister der Stadt Weil am Rhein und war zuvor Beigeordneter von Waldshut-Tiengen. Er beziffert die Kosten für seinen Wahlkampf voraussichtlich auf zwischen 1,50 und 2 Euro pro Einwohner. „Dies sind Erfahrungswerte aus anderen Wahlkämpfen, die auf den tatsächlichen Kosten basieren. Für meinen Wahlkampf in Waldshut-Tiengen bedeutet dies Gesamtkosten von voraussichtlich 35.000 bis 50.000 Euro.“

Das ist am teuersten in seinem Wahlkampf

Martin Gruner: „Die größten Kostenblöcke in meinem Wahlkampf sind die Ausgaben für eine Agentur und deren Dienstleistungen, die Produktion von Flyern und Plakaten, die Erstellung und Pflege der Website und der Online-Inhalte (Podcast, Social-Media-Beiträge) sowie die Organisation von Veranstaltungen und die Schaltung diverser Anzeigen.“

So finanziert sich Gruner den Wahlkampf

„Einen Teil der Wahlkampfkosten finanziere ich aus meinem Privatvermögen. Für einen weiteren Teil, dessen Größenordnung ich noch nicht kenne, haben die mich unterstützenden Parteien ein zweckgebundenes Spendenkonto eingerichtet, auf das Bürgerinnen und Bürger, aber auch Unternehmen spenden können. Von diesem Konto werden Teile der anfallenden Wahlkampfkosten direkt von den Parteien bezahlt. Ich habe weder Zugang noch Einblick in dieses Konto und weiß daher nicht, wer meinen Wahlkampf mit finanziellen Mitteln unterstützt, beziehungsweise unterstützt hat. An dieser Stelle ist es mir wichtig zu betonen, dass ich selbst keine Wahlkampfspenden von Privatpersonen oder Unternehmen annehme.“

Unterstützung von Parteien und Familie

„Politisch unterstützt werde ich derzeit vor allem von den Freien Wählern, der SPD und der FDP – darüber hinaus organisatorisch von der bereits erwähnten Agentur, inhaltlich und mental von engen Freunden und natürlich von meiner Familie. Außerdem hoffe ich, dass ich in der heißen Phase des Wahlkampfes auch auf das Engagement von ehrenamtlichen Helfern zurückgreifen kann.“ Mittlerweile sprechen sich auch die Mitglieder der Gemeinderatsfraktion wie auch des Ortsverbands der Grünen für die Wahl von Martin Gruner aus.

Soziale Netzwerke, Video-Postcasts und persönlicher Kontakt

„In meinem Wahlkampf setze ich auf mehrere Strategien, um möglichst viele Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Dazu gehören gezieltes Social Media Marketing auf Facebook, Instagram und LinkedIn sowie natürlich eine eigene Website. Mit der Produktion von Video-Podcasts habe ich mich für ein neues Medium entschieden, da ich damit Menschen erreichen kann, die mich unabhängig von Tag und Uhrzeit kennenlernen möchten. Später kommen dann noch ganz klassisch Flyer und Plakate dazu. Das Wichtigste bleiben aber die persönlichen Begegnungen und Kontakte. Dazu plane ich verschiedene Veranstaltungen, auch in den einzelnen Ortsteilen, um direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen.“

Die Vorbereitungen für den Wahlkampf nehmen laut Gruner einen großen Teil seiner Freizeit in Anspruch, „zumal ich als Bürgermeister von Weil am Rhein voll berufstätig bin und nicht immer in Waldshut-Tiengen sein kann. Da ist es wichtig, die richtige Balance zwischen Wahlkampf und Beruf zu finden. Für die besonders zeitintensive Phase in den letzten Wochen vor der Wahl werde ich mir Urlaub nehmen.“

Was ist überhaupt bei einer OB-Wahl an Unterstützung erlaubt?

  • Inwiefern dürfen Parteien oder auch Privatpersonen einen Wahlkampf unterstützen?

Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg, informiert auf Anfrage: „Für Amtsträger oder amtliche Organe oder deren Mitglieder gilt grundsätzlich die Neutralitätspflicht zu Gunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder eines Bewerbers. Andererseits dürfen Amtsträger, gemeindliche Organe wie Bürgermeister und Gemeinderat unter anderem nicht nur als Wähler an der Wahl teilnehmen, sondern auch im Wahlkampf als Bürger das Recht der freien Meinungsäußerung ausüben.“ Sie erklärt, dass Amtsträger sich wie andere Bürger insbesondere bei Auftritten, Anzeigen oder Wahlaufrufen aktiv im Wahlkampf beteiligen dürfen. Auch Amtsträgern stunde das Recht der (privaten) Meinungsäußerung zu. „Dies bedeutet aber auch, dass Wahlempfehlungen oder Ähnliches in amtlicher Funktion nicht vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind“, so Spannagel. Und weiter: „Stellt die Gemeinde ihre Einrichtungen und Dienste für den Wahlkampf zur Verfügung, hat sie im Interesse der Chancengleichheit strengste parteipolitische Neutralität zu wahren und alle Bewerber entsprechend von der Gemeinde hierfür getroffener Regelungen an der Benutzung der Einrichtung zu beteiligen.“

  • Wer trägt die Kosten einer Wahl?

Heike Spannagel: „Nach den kommunalwahlrechtlichen Vorschriften trägt die Kosten für die Gemeindewahlen die Gemeinde. Wahlkosten sind die durch die Wahl veranlassten Ausgaben, das heißt alle Ausgaben, die in Durchführung der Gemeindeordnung, des Kommunalwahlgesetz und der Kommunalwahlordnung notwendig entstehen, zum Beispiel für Stimmzettel. Die Gemeinde hat nur die ihr entstehenden Kosten zu tragen.“ Zu beachten ist: „Ausgaben Dritter (zum Beispiel Wähler oder Bewerber) zählen nicht zu den Wahlkosten. So findet bei Kommunalwahlen auch keine Erstattung von Wahlkampfkosten der Parteien statt. Es ist davon auszugehen, dass der Wahlkampf einer Bürgermeisterwahl in der Regel vom Bewerber selbst finanziert wird und soweit Veranstaltungen von den Parteien organisiert werden, diese auch von den Parteien finanziert werden.“

Und wie groß ist der Unterschied der Wahlkampfkosten in Waldsht-Tiengen zu denen in einer kleinen Gemeinde? Dazu weiß Jürgen Wiener mehr, der jüngst zum neuen Bürgermeister der rund 4400 Einwohner große Gemeinde gewählt wurde.

Zum Vergleich: So viel hat Jürgen Wiener für seinen Wahlkampf in Hohentengen ausgegeben

Jürgen Wiener hat am 26. März die Bürgermeisterwahl in Hohentengen gewonnen.
Jürgen Wiener hat am 26. März die Bürgermeisterwahl in Hohentengen gewonnen. | Bild: Duygu-D'Souza, Susann

Auch Jürgen Wiener hat, ähnlich wie Frank und Gruner, mit Kosten zwischen einem und zwei Euro pro Einwohner kalkuliert. „Je kleiner die Kommune, je dichter kommt man an die zwei Euro heran, da die Fixkosten ja überall gleich sind. Diesen Rahmen habe ich auch bei meinem Wahlkampf einkalkuliert und schlussendlich auch eingehalten.“ Die größten Posten waren bei Wieners Wahlkampf laut eigener Aussage Website, Flyer und Plakate, da er teilweise auf externe Dienstleister angewiesen war, um seine Ideen umsetzen zu können.

So hat Jürgen Wiener seinen Wahlkampf finanziert

„Mir war und ist es ein wichtiges Anliegen unabhängig zu sein. Daher habe ich meinen Wahlkampf auch ohne Unterstützung selbst finanziert.“ Unterstützung hat er sich bei seiner Website, Webhosting, Drucksachen und Fotos bei einer externen Firma geholt, um seine Wünsche und Ideen in die Tat umzusetzen. „Ansonsten haben mich meine Familie sowie Freunde und Bekannte bei meinem Haustürwahlkampf und meinen Bürgergesprächen vor Ort unterstützt. Auch Jürgen Wiener hat während seines Wahlkampfes auf eine Mischung aus persönlichen Kontakten und die Bespielung digitaler Formate gesetzt.

Alles rund um die OB-Wahl

Am 23. Juli 2023 wählt Waldshut-Tiengen einen Oberbürgermeister. Wir halten Sie während des Wahlkamps bis zur Wahl auf dem Laufenden. In unserem Überblicksartikel erfahren Sie alles Wissenswerte und alle aktuellen Entwicklungen rund um die OB-Wahl:

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