Sanierung der Waldshuter Kläranlage oder Leitungsbau zum Anschluss an die Kläranlage Albbruck – die Entscheidung über diese Frage sorgte vor zwei Jahren für eine heftige Debatte im Waldshut-Tiengener Gemeinderat. Nun kam das Thema erneut auf die Agenda. Und Referent Jochen Molitor von SAG Ingenieure hatte dabei auch zwei Hiobsbotschaften im Gepäck: Die zu erwartenden Kosten für die Sanierung haben sich inzwischen um 25 Prozent erhöht. Demnach stehen für die noch fälligen Maßnahmen rund 16 Millionen Euro an Kosten im Raum. Außerdem muss nach der Ablehnung eines Förderantrags muss ein neuer gestellt werden.
Zweites Nachklärbecken dringend benötigt
Gemessen am Alter der Anlage, die in weiten Teilen aus den 70er Jahren stammt, sei der Zustand „ordentlich“, wie Molitor darstellte. Das liege teilweise daran, dass in den vergangenen Jahren bereits einige Maßnahmen durchgeführt wurden.
Indes ist die Technik an vielen Stellen veraltet, die Dimensionen der Kläranlage sind zu klein und auch gesetzliche Vorschriften machen Sanierungen nötig. Entsprechend wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet und vom Gemeinderat beschlossen.
Unerwartet drastisch macht sich allerdings die Kostenentwicklung bemerkbar, die Molitor auf 25 Prozent beziffert. Besonders deutlich machen sich diese beim Neubau eines zweiten Nachklärbeckens bemerkbar. Hier war mit 4,7 Millionen Euro kalkuliert worden, inzwischen rechnen die Experten mit mindestens sieben Millionen Euro Kosten. „Der Aushub und die Entsorgung des belasteten Untergrunds sind ein Grund für diese Kostenentwicklung“, schildert Molitor.
Fördermittel heiß umkämpft
Dass ein Förderantrag der Stadt für die Sanierung Anfang des Jahres ebenso abgelehnt wurde wie ein weiterer Förderantrag für den geplanten Neubau eines Regenrückhaltebeckens in Tiengen, schmerzt in diesem Zusammenhang besonders, wie auch Oberbürgermeister Martin Gruner einräumen musste: „Es gibt nur begrenzte Mittel und der Wettkampf der Antragssteller ist groß“, begründete er die Ablehnung. Neue Anträge seien aber bereits gestellt.
Kosten „machen sprachlos“
Nicht zuletzt bei Harald Würtenberger (FW) riss die aktuelle Entwicklung alte Wunden auf, wie er unumwunden einräumte: „Es ist kaum zwei Jahre her, dass uns die Leitung nach Albbruck kaputt gerechnet wurde, und wir uns deshalb für diese Sanierung entschieden haben. Jetzt haben wir den Salat.“ Er sei überzeugt, dass die Alternativlösung für die Stadt langfristig die bessere Variante gewesen wäre.
Dieser Darstellung widersprach Naiara Belucci vom Tiefbauamt entschieden: „Ich bin von Beginn an für dieses Projekt zuständig. Es wurde niemals gelogen. Der Anschluss an Albbruck war damals mit 24 Millionen Euro teurer, und auch bei dieser Variante gäbe es Kostensteigerungen.“
Auch Gruner betonte: „Ich gehe nicht davon aus, dass an irgendeiner Stelle falsche Zahlen präsentiert wurden.“ Gleichzeitig ließ er aber auch keinen Zweifel an der Dringlichkeit der Sanierung und des Baus eines zweiten Nachklärbeckens: „Wenn das vorhandene ausfällt, wäre es fatal, denn das bedeutet die Verschmutzung des Rheins.“
Dennoch musste auch Petra Thyen (Grüne) einräumen, dass es um einen Kostenfaktor gehe, „der einfach sprachlos macht“. Immerhin: Danach habe die Anlage eine wahrscheinliche Nutzungsdauer von etwa 50 Jahren, so Ingenieur Molitor.
Weitere technische Innovationen in Diskussion
Noch nicht berücksichtigt sind bei der anstehenden Sanierung derweil moderne technische Einrichtungen wie eine UV-Anlage, wir Dieter Flügel (SPD) anmerkte. Laut Molitor habe das den Grund, dass der Einbau einer solchen zusätzlichen Reinigungsstufe, mit der Medikamentenrückstände aus dem Wasser entfernt werden können.
Frühestens in 20 Jahren ein Thema werde, denn noch werde über die geeignete technische Lösung diskutiert. Allerdings: „Dann wird wiederum eine Millioneninvestition notwendig sein“, so Molitor.