Frauen in der Politik: Was in Zeiten der Gleichberechtigung eigentlich selbstverständlich sein sollte, war bis vor einigen Jahrzehnten noch ungewöhnliche Ausnahme. Fast vergessen ist eine Persönlichkeit, die am 20. Februar 1899 in Wehr geboren wurde und in der Bundespolitik Karriere als Berufspolitikerin gemacht hat: Emmy Meyer-Laule.
Sie gehörte schon im Jahr 1949 als eine von nur 28 Frauen dem ersten Deutschen Bundestag an. Damals betrug der Frauenanteil im deutschen Parlament gerade einmal 6,8 Prozent. Bis 1961 war sie Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, bekleidete in dieser Zeit auch einige Parteiämter, war von 1953 bis 1957 stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Besatzungsfolgen und von 1953 bis 1961 stellvertretende Delegierte zum Europarat.

Ein Vorbild für viele Politikerinnen in der Region, wie bereits die frühere Wehrer SPD-Vorsitzende Karin Kaiser betonte. Sie hatte 2010 gemeinsam mit Karin Gallmann und Imma Annecke-Hein anlässlich des 100-jährigen Bestehens der SPD einige Informationen über die Bundestagsabgeordnete zusammengetragen.
Was trieb Emmy Meyer-Laule an
Und doch ist Wehrerin, die in Bonn Karriere machte, weitgehend unbekannt. Wer war Emmy Meyer-Laule? Und wie kam es dazu, dass eine frühere Wehrerin ein Mandat im Bundestag erringen konnte? Was trieb sie an, sich in der Politik zu engagieren?
"Ich komme aus einem Bauerngeschlecht, besuchte die [Wehrer] Grundschule, dann kam ich auf der gegenüberliegenden Rheinseite in eine Schweizer Klosterschule", schrieb Emmy Meyer-Laule 1953 in einem Wahlkampfflugblatt über ihre Kindheit und Jugend. Von ihrem Vater habe sie den Blick für soziale Gegensätze geerbt, aber erst in der Klosterschule sei ihr die Verpflichtung zum christlichen Handeln zum Bewusstsein gebracht worden.

Durch die wirtschaftlichen Folgen des Krieges musste sie 1917 ihre Schulausbildung in der Schweiz abbrechen, zwei Jahre später folgte – im Alter von 20 Jahren – ihre Heirat. Doch auch das Leben als Hausfrau und angehende Mutter hinderte Emmy Meyer-Laule nicht daran, sich politisch zu engagieren.
Ganz im Gegenteil: "Kaum selbständig, stand ich vor der inneren Notwendigkeit, mich für eine politische Partei zu entscheiden. Ich wählte die sozialdemokratische, weil sie das Ziel hatte, was mir als junge Klosterschülerin als christliche Verpflichtung übermittelt wurde. Ich erkannte, daß es nicht genügt, christliche Worte aufzustellen, sie müssen im alltäglichen Leben realisiert werden, was nur mit politischen Mitteln möglich ist", schrieb sie über ihre Motivation, in die SPD einzutreten.
Ab 1946 aktiv in der SPD
Als ihr Mann, ebenfalls ein SPD-Mitglied, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 strafversetzt wurde, zog die Familie nach Nordbaden. "1946 stellte ich mich wieder der Partei aktiv zur Verfügung und arbeitete für das Ziel, das heute nach Krieg und Nachkriegszeit notwendiger ist denn je: Verwirklichung wahren Menschentums und dadurch Verbesserung der Zustände", schrieb sie 1953.
Über die Landesliste von Württemberg-Baden konnte sie 1949 ein Mandat im ersten Deutschen Bundestag erringen: Als eine von nur 28 Parlamentarierinnen stand sie hier 392 Männern gegenüber. Es waren vor allem Menschenrechts- und Grundrechtsfragen, die sie beschäftigten: Neben der Frauenpolitik engagierte sie sich vor allem gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe, die zwei Fraktionen 1952 unter dem Eindruck mehrerer brutaler Kriminalfälle beantragt hatten. Bis 1961 gehörte Emmy Meyer-Laule dem Parlament an.

1985, im Alter von 86 Jahren, starb Emmy Meyer-Laule in Wiesloch bei Heidelberg.
Abgeordnete
In den ersten Bundestag wurden 1949 von 410 Abgeordneten 28 Frauen gewählt. Die meisten Frauen saßen in der Fraktion der SPD. 13 weiblichen Abgeordnete entspricht einem Frauenanteil von 9,6 Prozent. 11 Frauen waren in der Fraktion der CDU/CSU, das entspricht 7,8 Prozent. Den höchsten Sitzanteil hatte die CDU/CSU mit 141 Sitzen worauf die SPD mit 136 folgte.