Mit einem Vergleich endete das Enteignungsverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe, das die Stadt Wehr gegen die Besitzerin eines Grundstücks im Wohngebiet Große Zelg II angestrengt hatte. Wie die Pressesprecherin des Gerichts mitteilte, einigten sich die Parteien auf die Zahlung eines weiteren Geldbetrags an die Grundstücksbesitzerin. Die Stadt kann diesen Vergleich allerdings noch widerrufen. Eine Frist dazu läuft kurz vor Weihnachten ab, so dass sich der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung des Jahres am Dienstag, 18. Dezember, mit der Rechtsfrage befassen kann.
Der Streitgegenstand: 99 Quadratmeter
In dem Rechtsstreit ging es um 99 Quadratmeter, die die Stadt benötigte, um eine Zufahrt zum östlichsten Teil des Wohngebiets zu realisieren. Während alle anderen Grundstückbesitzer in diesem Wohngebiet ihre Grundstücke zum Einheitspreis von 55 Euro pro Quadratmeter an den Erschließungsträger KE verkauften, weigerte sich die Besitzerin eines größeren Grundstücks. Denn nach der Vermessung des Geländes wurde ihr Grundstück rund 122 Quadratmeter kleiner kartiert als in einer alten amtlichen Karte. Entsprechend geringer wurde also das Kaufangebot für das Grundstück.
Weil sich Stadt und Grundstücksbesitzerin im Bebauungsplanverfahren nicht einigten, wurde das Grundstück nicht als Bauland, sondern als private Grünfläche ausgewiesen. Eine Bebauung ist damit nicht möglich. Allerdings fehlten der Stadt auch knappe 100 Quadratmeter an der südlichen Zufahrt zum Wohngebiet. Hier setzte die Stadt das härteste Mittel an, das ihr zur Verfügung steht: Die Enteignung.
Gegen den Enteignungsbeschluss des Regierungspräsidiums Freiburg klagte die Grundstücksbesitzerin vor der Kammer für Baulandsachen beim Landgericht Karlsruhe. Dort endete der Rechtsstreit nun mit einem Vergleich: Die Stadt zahlt der Eigentümerin nicht nur den Kaufpreis für die 99 Quadratmeter, sondern auch für die 122 Quadratmeter, die der Besitzerin bei der Neukartierung verloren gingen, also insgesamt über 12 000 Euro. Dafür akzeptiert die Klägerin die Enteignung.
Überaus zufrieden mit dem Vergleich zeigte sich Bürgermeister Michael Thater. Er werde dem Gemeinderat die Zustimmung empfehlen, da der Rechtsstreit damit engültig beendet werden könnte. Sollte es der Rat dagegen auf ein besseres Urteil ankommen lassen, drohe eine Verlängerung des Verfahrens in der nächsten Instanz.

Die Bauarbeiten an der neuen Zufahrt sind übrigens schon fertiggestellt. Möglich macht dies eine Besonderheit des Enteignungsrechts, das bei eilbedürftigen Maßnahmen die „vorzeitige Besitzeinweisung“ vorsieht. Die Stadt hatte diese Möglichkeit genutzt und im Oktober eine Baufirma mit der Straßenverbreiterung beauftragt.