Ruhig und sauber sei es in Deutschland, in diesem Punkt sind sich alle Schüler der Vorbereitungsklasse (VKL) an der Wehrer Gemeinschaftsschule einig. Hier gebe es Regeln und das sei sehr gut so. Keine Angst mehr zu haben – ein wichtiger Punkt für alle Flüchtlingskinder. Die Möglichkeit zur Schule zu gehen, der Schutz für Kinder: Punkte, die auch von den jüngeren Schülern ganz klar wahrgenommen werden.
Mari (15) stammt aus Georgien. Auch wenn Georgien bald als sicheres Herkunftsland gelten soll, sei das Leben dort nicht frei: Es gebe keine Demokratie, keine Arbeit. Als der Arzt ihren Bruder nach einem schweren Unfall nur gegen ein hohes Schmiergeld behandelt wollte, ist die Familie vor eineinhalb Jahren nach Deutschland geflüchtet. Dem Bruder gehe es hier mittlerweile besser. Mari möchte gerne Abitur machen und Kinderärztin werden.
Rayan (16) ist aus dem Irak nach Deutschland gekommen. "Im Irak hatte ich oft Angst zur Schule zu gehen und bin dann irgendwann nicht mehr gegangen." Die Kurdin ist mit ihren Eltern und zwei kleinen Schwestern vor dem Krieg über die Balkanroute nach Deutschland geflüchtet. "Wir sind bis in die Türkei gekommen, von dort mit einem Boot nach Griechenland. Wir sind lange zu Fuß gelaufen, es war oft sehr kalt". In ihren drei Jahren in Deutschland hat die Familie in acht verschiedenen Unterkünften gelebt. Rayan möchte gerne den Realschulabschluss machen und vielleicht Krankenschwester werden.
Ivona (15) aus Kroatien lebt seit eineinhalb Jahren in Deutschland. Ihr Vater hat hier Arbeit im Baugewerbe gefunden. Auch ihre Mutter arbeitet mittlerweile in Frankfurt. "Meine ältere Schwester macht in Kroatien ihren Schulanschluss und möchte dann auch nach Deutschland kommen". Ivona möchte vielleicht ein Praktikum bei einem Friseur machen, weiß aber noch nicht genau was sie werden möchte.
Mohamed (13) ist vor zwei Jahren aus Palästina nach Deutschland gekommen. Er hat im Gazastreifen gelebt: "Wir hatten oft kein Essen und Trinken und auch keine Arbeit." Zusammen mit seinem Vater und älteren Bruder ist er durch einen Tunnel nach Ägypten gekommen. "Der Tunnel war sehr eng, wir mussten lange kriechen". Das Boot, welches sie dann über das Mittelmeer bringen sollte, war defekt, so dass sie elf Tage auf dem Wasser trieben: "Nach fünf Tagen hatten wir kein Wasser mehr und mussten Salzwasser trinken". Schließlich wurden sie von einem Rettungsschiff entdeckt und über Italien und Österreich gelangte die kleine Familie letztendlich nach Wehr. Mohamed könnte sich vorstellen, später Maurer zu werden.
Xhemal (13) am vor zweieinhalb Jahren aus dem Kosovo. Seine Familie ist, wie viele aus seiner Heimatstadt, vor dem Krieg geflüchtet. Bis heute gibt es Konflikte in der Region, sodass sein Vater vor fünf Jahren nach Deutschland gegangen ist. Deutsch lernen fällt Xhemal noch schwer, aber er möchte gerne in Deutschland bleiben und Fußballer werden.
Rahman (12) kam im Rahmen des Familiennachzugs aus dem Irak nach Deutschland. Sein Vater arbeitete als Polizist und wurde bedroht. Als sein älterer Bruder, ebenfalls in der VKL, ins Gesicht geschossen wurde und ein Auge verlor, ist die Familie schließlich geflüchtet. "Wir sind stundenlang bergauf durch den Wald gelaufen. Wir mussten uns vor der Polizei verstecken". Über die Türkei und Griechenland kam die Familie vor einem Jahr nach Deutschland. Wie viele Jungen seines Alters möchte Rahman gerne Fußballer werden.
Andjela (15) ist Bosnierin, wurde aber in Serbien geboren. Nachbzwölf Jahren dort ging die Mutter mit ihr und dem Bruder zurück nach Bosnien. Ihr Stiefvater hat Arbeit in Deutschland gefunden, und vor vier Monaten die Familie nachgeholt. Sie ist erst seit wenigen Tagen in der Klasse, hat aber in Bosnien schon etwas Deutsch gelernt. Zuerst kam sie auf die Gewerbeschule, jetzt ist sie zur Einordnung in die VKL gekommen. Andjela möchte gerne Polizistin werden.