Als ein positiver Rückschlag auf dem Weg zum staatlich geförderten Glasfasernetz in Wehr könnte sich die Neuregelung der Förderung herausstellen: Zwar muss der bereits weitestgehend ausgearbeitete Antrag nun überarbeitet werden, dafür werden Glasfaseranschlüsse nun auch bis ins Haus unterstützt. Stadtverwaltung und der mit der Erstellung beauftragte Ingenieur Hardy Gutmann zeigten sich am Dienstag im Gemeinderat optimistisch, bald in den Genuss von Bundesmitteln zum Netzausbau zu kommen.
Wie will die Stadt für schnelles Internet sorgen?
Mit den Fördermitteln werden weiße und graue Flecken in Wehr erschlossen, also Bereiche mit keiner bis sehr schlechter Internetverbindung. Hierfür werden von der Stadt Glasfaserkabel verlegt, welche wiederum von zum Beispiel Telekom oder Unity Media gepachtet werden können. Das Netz bleibt also Eigentum der Stadt, die Versorgung erfolgt durch einen privaten Anbieter.
Was ändert sich durch die Neuregelung der Förderanträge?
Ursprünglich sollten nur die Verlegung von Glasfaser bis zur Grundstücksgrenze gefördert werden. Nun wird auch der komplette Hausanschluss bis ins Gebäude gefördert. So erhöht sich voraussichtlich die Förderquote, allerdings müssen die Einnahmen aus der Verpachtung des kommunalen Netzes für zehn Jahre an den Bund zurückgezahlt werden. Außerdem zielte die Förderung bisher stark auf Gewerbetreibende: Je höher deren Interesse, desto wahrscheinlicher war die Förderung. Dieser Bedarf muss nun nicht mehr nachgewiesen werden. Ein Vorteil für den Wehrer Antrag, da bei einer Befragung von den 525 Gewerbetreibenden im Ort nur 30 Rückmeldungen kamen und davon nur acht Firmen Interesse an höheren Bandbreiten bekundeten.
Wie hoch sind die Kosten und wieviel Förderung ist möglich?
Für die Erstellung des Förderantrags hat der Gemeinderat im vergangenen Jahr 262 000 Euro bereitgestellt. Der Förderantrag ist sehr komplex, weil der Bedarf genau nachgewiesen werden muss. Für die Versorgung von 2400 Haushalten müssen 50 Kilometer Kabelgraben erstellt und über 115 Kilometer Glasfaserkabel verlegt werden.Die Gesamtkosten hierfür belaufen sich auf etwa 30 Millionen Euro. „75 bis 80 Prozent Zuschuss sind von Anfang an nötig“, erklärt Bürgermeister Michael Thater. Durchaus möglich sei eine Förderung von bis zu 90 Prozent, so Ingenieur Hardy Gutmann. „Wenn wir nicht mindestens 50 Prozent gefördert bekommen, ist das Projekt gestorben“, stellte Thater bereits mehrfach fest.
Wann geht es denn mit dem Bau des kommunalen Netzes los?
Der Förderantrag soll im Oktober eingereicht werden, teilte Ingenieur Hardy Gutmann am Dienstagabend im Gemeinderat mit. Da man bereits in engem Kontakt mit der Förderstelle stehe, rechnet der Ingenieur mit einer schnellen Zusage. Als erster Schritt werden dann auf die Stadt verteilt die vier PoPs (Points of Presence), Knotenpunkte für das Glasfasernetz gebaut.
Wird es auch in Öflingen ein öffentliches Netz geben?
Öflingen ist durch den Anbieter Unity Media nahezu flächendeckend mit schnellem Internet versorgt. Darum wurde der Ortsteil auch von vornherein vom Förderantrag ausgenommen und ist damit auch nicht Teil eines zukünftigen städtischen Glasfasernetzes. Durch die Erweiterung des Förderantrags auf Öflingen würden allein 115 000 Euro zusätzliche Kosten entstehen. Die komplette Versorgung mit Glasfaser ohne Fördermittel würde die Stadt rund 15 Millionen Euro kosten.
Warum bauen die privaten Anbieter das Netz nicht weiter aus?
Wehr ist im Vergleich bereits verhältnismäßig gut versorgt, so Bürgermeister Thater. Gut versorgt sind etwa die neuen Baugebiete, hier wurden von der Telekom bereits Glasfaser bis in die Wohnungen verlegt. Trotzdem gibt es einige weiße Flecken im Stadtgebiet, etwa im Hölzle und auf dem Meierhof, die nicht oder nur schlecht versorgt sind. Private Anbieter haben hier aus Kostengründen kein Interesse an einem modernen Glasfasernetz.
Zuletzt wurde die Telekom im Februar aktiv und beschleunigte das Netz im Seeboden durch Super-Vectoring. Die Kupferkabel bleiben erhalten, allein durch technische Anpassungen wird die Internetgeschwindigkeit auf bis zu 250 Mbit/s gesteigert. Mit Glasfaser können aktuell bis zu 1000 Mbit/s erreicht werden. Hiervon profitieren aber nur 1500 Haushalte. Bei einer aktuellen Anfrage der Stadt gab es von der Telekom keine Auskunft, ob zeitnah Vectoring für weitere Bereiche geplant sei.
Zeitplan
- Juli 2015: Die Stadt beauftragt den Eigenbetrieb Moderne Kommunikationstechnologie der Gemeinde Hohentengen (MKTH GmbH) mit der Ausarbeitung eines Masterplan zum Breitbandausbau.
- März 2017: Der Masterplan zur Breitbandversorgung wird im Gemeinderat vorgestellt. Diese Analyse von Ist-Zustand und Bedarf ist Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln.
- Juni 2018: Der Gemeinderat vergibt die Ingenieursleistungen für den Förderantrag mit einem Volumen von 262 000 Euro an das Ingenieurbüro Hardy Gutmann.
- Frühjahr 2019: Durch die Neustrukturierung der Förderung ist eine Anpassung des Antrags notwendig. Die Fertigstellung verschiebt sich entsprechend auf Oktober.
- Oktober 2019: Geplante Fertigstellung des Förderantrags.
- Anfang 2020: Beginn der Ausführungsplanung und Vorbereitung der Vergabe der Bauleistungen.
- Juni/Juli 2020: Voraussichtliche Zustellung des Förderbescheids.
- Frühjahr 2021: Geplanter Baubeginn des Glasfasernetzes. Die Einzelbereiche des Netzes sollen direkt nach Fertigstellung in Betrieb genommen werden. Das Glasfasernetz soll bis 2023 fertig gestellt sein.