Spätestens mit dem Blick auf die Stimmzettel dürften sich viele Wähler in Wehr und Öflingen fragen: Wie funktioniert das nochmal mit der unechten Teilortswahl? Wehr ist eine von nur noch acht Gemeinden im Landkreis Waldshut, in denen dieses Wahlsystem bei den Gemeinderatswahlen noch praktiziert wird. Die meisten anderen Gemeinden haben dieses Wahlsystem längst abgeschafft.

Was ist die unechte Teilortswahl?

Das Wahlsystem der unechten Teilortswahl garantiert jedem Ortsteil eine bestimmte Anzahl an Sitzen im Gemeinderat – diese Anzahl richtet sich nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen. So gehören dem Wehrer Gemeinderat mindestens fünf Räte aus Öflingen an und 13 aus der Kernstadt Wehr. Nach der Gemeindereform 1972 wurde dieses Wahlsystem in Baden-Württemberg fast flächendeckend eingeführt, um eingemeindeten kleineren Ortschaften ein Mitbestimmungsrecht zu garantieren.

Und was ist an dieser Teilortswahl „unecht“?

Die Bürger wählen nicht nur die Gemeinderäte aus ihrem eigenen Ortsteil, sondern auch aus den anderen. Die Wehrer dürfen also auch die Öflinger Vertreter wählen und die Öflinger auch die Wehrer.

Müssen die Wähler auch Kandidaten aus dem jeweils anderen Ortsteil wählen?

Nein, es gibt aber zwei wichtige Regeln: Die maximale Gesamtstimmenzahl darf nur nicht überschritten werden – in der Stadt Wehr sind dies 18. Außerdem dürfen nicht mehr Kandidaten gewählt werden, als in einem Ortsteil Gemeinderäte zu wählen sind: In Öflingen fünf, in Wehr 13. Zwei Beispiele: Ein Wähler kann maximal fünf Öflinger Kandidaten jeweils drei Stimmen geben und die restlichen drei Stimmen nach Wehr vergeben. Umgekehrt können alle 18 Stimmen nach Wehr vergeben werden – dürfen aber auf maximal 13 Namen verteilt werden.

Was spricht gegen dieses Wahlsystem?

Sowohl der Wahlvorgang als auch die Auszählung ist recht kompliziert. Dies führt zu einer vergleichsweise hohen Anzahl von ungültigen Stimmen. Bei der letzten Wahl lag der Anteil der Ungültigen bei 4,7 Prozent. Kritiker bemängeln außerdem eine vermeintliche Ungerechtigkeit: Im kleineren Öflingen reichen in der Regel weniger Stimmen, um ein Gemeinderatsmandat zu erlangen.

Kompliziert ist auch die Sitzverteilung: Errechnet wird zunächst die Sitzverteilung in den Ortsteilen. Hat eine Liste in der Summe mehr oder weniger Mandate errungen, als ihr eigentlich nach der Gesamtstimmenzahl zusteht, wird dieses Missverhältnis mit zusätzlichen Mandaten ausgeglichen. Bei den Wahlen 2014 zogen Kurt Wenk (SPD) und Vito Doria (Grüne) über solche Ausgleichsmandate in den Wehrer Gemeinderat. Die Gesamtzahl der Räte erhöhte sich damit von 18 auf 20.

Theoretisch könnte es in diesem Jahr zu einer Besonderheit kommen: Die CDU, die aktuell zwei Öflinger Gemeinderäte stellt, hat in dem Ortsteil diesmal nur einen einzigen Kandidaten aufgestellt, nämlich Siegfrid Griener. Sollte die Partei das Öflinger Stimmergebnis von 2014 halten, so dass ihr wieder zwei Sitze zugesprochen werden, könnte sie das zweite Mandat nicht besetzen. Es würde verfallen. Der fünfte Öflinger Gemeinderatssitz bliebe unbesetzt. Die CDU könnte das „fehlende Mandat“ bei der Sitzverteilung nach dem Gesamtergebnis allerdings ausgleichen.

Die CDU ist übrigens nicht die einizige Liste, die sich bei der Kandidatensuche im kleineren Orsteil schwer tat: Um die fünf Öflinger Sitze bewerben sich insgesamt nur 14 Personen auf fünf Listen. In Wehr kandidieren dagegen 51 Bürger für 13 Sitze.

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