Über mehrere Monate zog sich der Rechtsstreit um die Ansiedlung eines Drogeriemarkts auf dem Rewe-Aldi-Areal an der Öflinger Straße hin. Nun hat das Verwaltungsgericht Freiburg entschieden: Neben den beiden genannten Märkten kann es keinen weiteren Markt mit sogenannten „zentrumsrelevanten Sortimenten“ geben. Die Klage auf Erteilung eines Bauantrags wurde vom Gericht zurückgewiesen. Dem Urteil, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist, ging ein komplexes Mammutverfahren voraus. Über 50 Seiten umfasst das Urteil, allein die chronologische Darstellung des Sachverhalts füllt elf Seiten. Von Anfang an: 2015 wurde bekannt, dass die Drogeriemarktkette dm sich auf dem Areal an der Öflinger Straße ansiedeln will. Die Stadt verhinderte dies zunächst mit einer Veränderungssperre für dieses Gebiet, denn sie sah in der Ansiedlung nicht nur eine Gefahr für den innerstädtischen Handel, sondern auch für das zuvor verabschiedete Innenstadtentwicklungskonzept und die geplanten Neugestaltung des Brennet-Areals im Zentrum. Denn hier galt ein großer Drogeriemarkt neben Schmidts-Markt und Lidl als wichtiger Magnet für den Handel. Entsprechend leitete die Stadt die Änderung des Bebauungsplans für das Areal an der Öflinger Straße in die Wege. Eine erneute Bauvoranfrage im Herbst 2018 wurde deshalb von der Baurechtsbehörde des Landratsamts abgelehnt. Dagegen wehrte sich der Grundstücksbesitzer allerdings juristisch.

Im Mai 2020 beschloss der Wehrer Gemeinderat den neuen Bebauungsplan „Bündenfeldt II Einzelhandel“, der die Flächen der Handelsbetriebe im Detail festlegte. Kernpunkt: Neuansiedlungen, wie die eines zusätzlichen Drogeriemarkts, sind demnach nicht möglich. Die bestehenden Märkte erhalten hingegen einen Bestandschutz. Eine Erweiterung, den Umbau oder die Umnutzung dieser Märkte schloss der Bebauungsplan aber ausdrücklich aus. Dies sieht das Verwaltungsgericht nun als einen „beachtlichen Bewertungsfehler“, denn diese Vorgabe sei nicht verhältnismäßig. Nicht jede Veränderung im Planungsgebiet könne per se untersagt werden, weil der innenstädtische Handel darunter leiden könne. Dies müsse im Einzelfall belegt werden. Die Stadt habe bei der Erstellung des neuen Bebauungsplans die Interessen der Beteiligten nicht ausreichend abgewogen, stellt das Gericht fest. Somit gibt es für das Gebiet keinen gültigen Bebauungsplan, denn auch der ursprüngliche Plan ist ungültig, wie auch die Stadt einräumt. Für den Drogeriemarkt spielt dieser Mangel aber keine Rolle. Denn auch bei einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans sei das Vorhaben unzulässig. „Denn von dem geplanten Drogeriemarkt sind schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Stadt zu erwarten“, so das Gericht. Der Einwand des Klägers, dass in Wehr die Kaufkraft für zwei Drogeriemärkte vorhanden sei, überzeugt das Verwaltungsgericht hingegen nicht.

Bürgermeister Michael Thater begrüßt das Urteil des Verwaltungsgerichts, bestätigt es doch die Linie der Stadt, die eine Ansiedlung eines Drogeriemarkts im Süden immer verhindern wollte. Dass das Gericht den neuen Bebauungsplan für unwirksam erklärt hat, kann er dabei verschmerzen. Ob hier nun gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird oder die weitere Entwicklung entsprechend den Regelungen des Baugesetzbuchs zum nichtüberplanten Innenbereich erfolgen, sei noch nicht entschieden. Stadtplanerisch habe die Stadt eine Erweiterung der bestehenden Märkte Aldi und Rewe gar nicht verhindern wollen, so Thater. Im Gegenteil: „Wir werden künftig zwei starke Nahversorgungszentren in Wehr haben: Im nördlichen Ortszentrum und im Süden von Wehr.“ Das Brennet-Areal werde dabei stärker sein als jenes an der Öflinger Straße, das aber dennoch eine große Bedeutung für die südlichen Wohngebiete und den Ortsteil Öflingen habe. Da sei es durchaus wünschenswert, wenn den bestehenden Märkten auch die Möglichkeit einer Erweiterung gegeben werde.

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