Seit fast 160 Jahren produzierte die Papierfabrik Carl Lenz mitten in Wehr Papier. Nach der Schließung der ungleich größeren Papierfabrik in Albbruck war sie die letzte im Landkreis Waldshut. Auch für die Stadt Wehr hatte die Papierfabrik eine große Bedeutung: Neben der Teppichfabrik Wehra, der Brennet AG zählt die Papierfabrik zu den drei großen historischen Industriebetrieben der Wehrer Innenstadt.

Herbst 2024: Blick auf das Firmengelände der Papierfabrik Carl Lenz in Wehr.
Herbst 2024: Blick auf das Firmengelände der Papierfabrik Carl Lenz in Wehr. | Bild: Steffi Weickert

Die Wurzeln der Fabrik liegen in Schopfheim

Alles fing 1865 mit der Gründung von Johann Lenz eigener Papierfabrik an. Seine Lehrjahre bei der Papierfabrik Sutter in Schopfheim, wo sich Johann Lenz vom Maschinengehilfen zum Werkführer hocharbeitete, prägten ihn dabei sehr. Über die ersten Jahre meist sparsam gelebt, konnte Lenz vom Ersparten 1864 ein Grundstück mitten in Wehr sowie eine gebrauchte Papiermaschine aus der Schweiz kaufen. Doch Rohstoffmangel, zu geringe Wasserkraft der Wehra und schon damals hohe bürokratische Hürden, machten dem Kleinunternehmer zu schaffen. Mit der Produktion von Zäpfenpapier für Verpackungen ging es für die Firma dann langsam aufwärts. Bis eine Typhusepidemie in Wehr auch Johann Lenz erkranken ließ. Im Herbst 1872 erlag der Gründer der Papierfabrik in Wehr seiner Krankheit.

Die Ära Carl Lenz

Trotz immenser Schulden sah sein zweitgeborener Sohn Carl Lenz im Gegensatz zu seinem älteren Bruder viel Potenzial in der Papierfabrik. Carl Lenz konzentrierte sich als eifriger Geschäftsleiter vor allem auf die Produktion farbiger Hülsenpapiere für Firmen im Elsass. Nach acht Jahren war die Papierfabrik dann schuldenfrei. Um die Jahrhundertwende konnten vom Firmenkapital weitere Grundstücke und neue Papiermaschinen gekauft werden.

Ernst Lenz zählte zur dritten Generation der Papierfabrikantenfamilie Lenz und war zur Zeit der Nationalsozialisten Bürgermeister in Wehr.
Ernst Lenz zählte zur dritten Generation der Papierfabrikantenfamilie Lenz und war zur Zeit der Nationalsozialisten Bürgermeister in Wehr. | Bild: Archiv Valenta

1922 übergab Carl Lenz die Firmenführung an seinen zweitgeborenen Sohn Ernst Lenz, weil dessen älterer Bruder im Ersten Weltkrieg gefallen war. Ernst Lenz schaffte es zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise und Zweiten Weltkriegs und trotz Investitionsstopps und Materialmangel den Betrieb am Laufen zu halten. Er modernisierte die Fabrik und führte eine Altersversorgung für Mitarbeiter ein.

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Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Zum Kriegsende 1945 musste Lenz als stellvertretender Bürgermeister die Stadt Wehr an die Franzosen übergeben. Nach dessen Tod 1947 führten erst seine Ehefrau Emilie und später sein Sohn Dieter Lenz die Geschäfte um die Papierfabrik Lenz weiter. Bis weit in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts konnte die Marktnische der Papierhülsenproduktion weiter ausgebaut werden. In den 90er Jahren jedoch kämpfte die Wehrer Fabrik mit sinkenden Absatzzahlen und gestiegenen Kosten in der Papierherstellung.

Stolz aufs Badenländle: Der Wehrer Dieter Lenz überstand die schwierigen 70-iger Jahre mit der Papierfabrik Carl Lenz. Sein Sohn Ulrich ...
Stolz aufs Badenländle: Der Wehrer Dieter Lenz überstand die schwierigen 70-iger Jahre mit der Papierfabrik Carl Lenz. Sein Sohn Ulrich Lenz musste letztlich 1993 das Familienunternehmen verkaufen. | Bild: Reinhard Valenta

Letztlich sah sich der Sohn von Dieter Lenz, Ulrich Lenz, 1993 gezwungen, das Familienunternehmen aus den Händen zu geben und zu verkaufen. Fünf Generationen Lenzsche Papierproduktion im unteren Wehratal endeten. Als Nachfolger übernahm das Unternehmen Herbster Hülsen aus Schopfheim die Produktion. Unter der Geschäftsführung von Michael und Holger Jenisch konnte die Carl Lenz Papierfabrik GmbH als Produzent von hochwertig glattem Recyclingpapier aus Altpapier in den letzten 30 Jahren bestehen und einen hohen Standard halten. Mitte 2025 wird die Produktion in Wehr eingestellt.

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