Herr Schmid, die Brauerei Waldhaus hat Jahr für Jahr neue Rekordergebnisse erzielt. Das dürfte 2020 allerdings schwierig werden.
Ja, die Schließung von Kneipen, Bars, Restaurants und Gasthöfen sowie die Absage von vielen Veranstaltungen schmerzt uns natürlich. Aber wir wissen um die Stellschrauben im Kostenmanagement und haben rechtzeitig angefangen, an den richtigen zu drehen. Trotzdem rechnen wir mit einem Absatzminus. Aber in Anbetracht eines solchen Jahrhundert-Einschnitts können wir damit leben.
Sie würden aber eine baldige Öffnung der Gastronomien gut heißen?
Die meisten Gastronomiebetriebe haben seit Wochen null Umsatz. Der Hotel- und Gaststättenverband rechnet mit 70.000 Pleiten, und die Branche hat immerhin 2,5 Millionen Beschäftigte. Es sind also dringend Liquiditätshilfen nötig. Es geht ums Überleben unserer Gastronomie-Landschaft. Tatsache ist, dass manch kleines Geschäft rein baulich die Abstandsregeln gar nicht realisieren kann. Große Biergärten dagegen böten genügend Platz, die Hälfte der Tische mit ausreichend Abstand zu bewirten.
Die Gastronomie-Schließung macht das Handelsgeschäft für Bierbrauer wichtiger denn je. Sehen Sie die Gefahr, dass die Preisschlachten im Einzelhandel wieder zunehmen?
Grundsätzlich sind wir im Moment mit unserem Flaschenbier-Handelsumsatz von 70 Prozent wirklich gesegnet – wir merken sogar, dass im Moment öfter zu unseren Bierspezialitäten gegriffen wird. Wir rechnen ab Mai mit einem deutlich verstärkten Aktionsgeschäft im Handel. Viele sogenannte Fernseh-Biere werden dann ihren Kasten wieder nahe an der 10-Euro-Marke anbieten. Diese Preisschlachten sind für uns allerdings nichts Neues. Auch wenn wir mit unseren Bierspezialitäten schon immer preislich wesentlich höher angesiedelt waren, hat dies unserer Entwicklung in den vergangenen Jahren nicht geschadet.
Wie wirkt sich der Absatzrückgang in Ihrer Brauerei aus? Haben Sie Kurzarbeit angemeldet?
30 Prozent Umsatzeinbruch sind natürlich kein Pappenstiel, deshalb haben wir zum ersten Mal in unserer über 185-jährigen Geschichte Kurzarbeit angemeldet. Trotzdem braucht sich niemand um uns Sorgen zu machen. Wir sind starkes Familienunternehmen. Auch die Corona-Krise werden wir meistern. Die Möglichkeit der staatlichen Hilfe haben wir bisher nur für unsere fünf Marken-Botschafter in Anspruch genommen, die nun zu 80 Prozent zu Hause bleiben. Weitere Kurzarbeit wird aber mit Sicherheit folgen. Bei allen Kolleginnen und Kollegen, die wir in Kurzarbeit schicken, stocken wir die staatliche Leistung auf 90 Prozent der Bezüge auf.
Nutzen Ihre Braumeister die Situation, um an neuen Bierspezialitäten herumzutüfteln?
Dem ist tatsächlich so. Aktuell bringen wir zwei neue alkoholfreie Spezialitäten auf den Markt: das Waldhaus Ohne Filter als alkoholfreie Variante und unser Naturradler Süß, ebenfalls alkoholfrei. Die Besonderheit bei diesen Bieren ist die Verwendung eines ganz neuen Hefestamms, der in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Weihenstephan gezüchtet wurde. Diese Hefe bildet bei der Vergärung fast keinen Alkohol, sodass wir im Nachhinein auch nichts entziehen müssen und somit alle wertvollen Inhaltsstoffe der Gärung unverändert im Bier bleiben. Jetzt möchten meine Braumeister auch das Diplom Pils mit dieser Hefe als alkoholfreie Variante herstellen.