Das Pfarrhaus Degernau, in dem sich eine Mietwohnung und der beliebte Mariensaal befinden, soll verkauft werden. Stiftungsrat-Stellvertreter Heinz Giesen erläuterte bei der Pfarrversammlung in der Kirche Degernau den, dass der Stiftungsrat sich bereits seit vier Jahren mit dem Thema befasst.
Nach einer Studie über den Zustand sämtlicher pastoraler Gebäude der Seelsorgeeinheit Klettgau-Wutöschingen wurde anhand eines Ampelsystems gekennzeichnet, wo dringender Handlungsbedarf entsteht: „Diese Studie war erschreckend, weil sie auswies, wie viele Mittel wir zurückstellen müssen, um die Bausubstanz zu erhalten.“
Die SE hat jährliche Rückstellungen für die Bausubstanz der 27 kirchlichen Gebäude in Höhe von rund 15,4 Millionen Euro, was auf Dauer nicht zu stemmen sei. Vier Pfarrhäuser sollen veräußert werden, darunter das Pfarrhaus Degernau.

Heinz Giesen, der selbst seit 30 Jahren im Pfarrhaus Bühl lebt, weiß um die spirituelle Bedeutung von Pfarrhäusern: „Natürlich müssen wir Preise erzielen, aber der Preis des sozial gerechten Vorgehens und einer Mitmenschlichkeit darf nicht untergehen. Alle vier Gebäude sind bewohnt und genutzt. Wir sind aufgerufen, Lösungen zu finden, die uns sowohl aus der Schwierigkeit der Finanzen hinausfinden, aber auch für die Gemeinden verträglich sind.“
Winfried Ebner, Leiter der Verrechnungsstelle Stühlingen kennt die Problematik aus den zwölf Seelsorgeeinheiten: „Die Situation ist die, die Kirchensteuer geht zurück in Zahlen. Die Kirchengemeinden sind aufgefordert, zu prüfen, was sich machen lässt. Und mit Abstand ist das Bausanierungsthema der größte Block der Bestandsaufnahmen. Die voraussichtlichen Investitionskosten der nächsten 20 bis 30 Jahre sind 50,8 Millionen Euro, was diese Kirchengemeinde bei weitem nicht stemmen kann. Die Gebäude können nur unterhalten werden, wenn ein Drittel der Gebäude anders genutzt wird.“
Es dürfe kein Ausverkauf gemacht werden, sondern soll überlegt werden, mit welchen Lösungen gearbeitet werden kann, als Beispiele nannte er das Nutzen kommunaler Gebäude, Nutzungsrechte von Räumen in den Gebäuden oder den Verkauf.
„74 Pfarreien im Gebiet mit 20 Pfarrern, es hat um die 50 Pfarrhäuser gegeben, klar ist das eine Diskrepanz. Unsere Aufgabenstellung: Wir wollen das Leben erhalten, das Gemeindeleben. Aber die Baukosten steigen, die Unterhaltung der Gebäude wird mehr.“

Fragerunde
In der anschließenden Fragerunde meldeten sich sowohl der Mieter des Pfarrhauses als auch Vertreter der Frauengemeinschaft Degernau und Gläubige, welche durch ihre Aussagen und Lautstärke ihre Emotionen deutlich zeigten. Dennoch bemühten sich alle Anwesende um eine respektvolle Wortwahl. Der Mieter des Pfarrhauses Steffen Huber wohnt mit seiner Familie seit 26 Jahren im Pfarrhaus Degernau. Er könne die Gründe der Kündigung nachvollziehen, die mangelnde Kommunikation aber störte ihn massiv. Coronabedingt war vonseiten der Kirche kein persönlicher Kontakt möglich.

Stiftungsrat Heinz Giesen: „Wir können das Ganze nur für uns als Lehrbeispiel auffassen, es anders zu machen.“ Pfarrer Veit Rutkowski verwies auf die Corona-Pandemie: Er sagte, dass in dieser Zeit im Grunde „eine Pastoral mit angezogener Handbremse“ bestand. Die Pfarrer durften in dieser Zeit keine Hausbesuche unternehmen. Es war also eine Situation, die vorher noch nicht bekannt war.
Vor diesem Hintergrund wurde trotzdem versucht, mit dem Mieter in anderer Form Kontakt aufzunehmen. Als dies nicht gelang, sprachen die Pfarrer mit der Verwaltungsfachfrau Ulrike Hirzle, um mit dem Mieter Kontakt aufzunehmen. Nach diesen Gesprächen kam man überein, dem Mieter beim Auszug zwei Monatsmieten zu erlassen.
Frauengemeinschaft Degernau
Rosa Stoll von der Frauengemeinschaft Degernau erinnerte in einem Brief, den sie vorlas, an die vergangenen Jahre: „Alle wurden im Mariensaal jahrelang angezogen und verköstigt, es gab Seniorenzusammenkünfte, der Erlös kam immer der Kirche oder einer caritativen Einrichtung zugute. Wenn unser Mariensaal verkauft wird, dann gehört unsere Frauengemeinschaft der Vergangenheit an.“
Bürgermeister Georg Eble bietet den Gruppierungen der Pfarrgemeinde an, die Räume der politischen Gemeinde in Degernau zu nutzen. Dafür ist die Kirchengemeinde sehr dankbar.

Auch Thomas Hofacker, der 15 Jahre im Vorstand des Kirchenchors war, befürchtet den Wegfall des ehrenamtlichen Engagements in der Pfarrgemeinde: „Es nützt uns nicht – ein Saal im Rathaus unten. Die Kirche darf sich nicht nur als normales Wirtschaftsunternehmen sehen. 500.000 Euro kann man doch aufnehmen, mit zwei vermieteten Wohnungen, damit der Mariensaal weiter erhalten werden kann. Corona, ganz klar, aber wir hoffen doch, dass wir das überwinden. Zwei neue Pfarrer, die nicht wissen, was früher gelaufen ist, Corona, dann die Skandale der katholischen Kirche. Gebt uns bitte ein paar Jahre Zeit, dass dies überwunden werden kann.“
Die in der Kirche Anwesenden applaudierten Thomas Hofacker nach diesen Worten. Winfried Ebner erinnerte jedoch daran, dass die Renovation der Kirche Degernau vor einigen Jahren 750.000 Euro gekostet hatte: „750.000 Euro mal 74 Pfarreien, es ist unwahrscheinlich zu glauben, dass die Kirche das tragen kann, aber es ist eine Entscheidung vor Ort. Das muss das Ziel sein, dass man einen Raum zur Verfügung stellen kann.