Die ehemaligen Gästezimmer im Gasthaus Adler sind bereits vollständig ausgeräumt. Lediglich die Lampen hängen noch an den Decken. In der großen Stube im Erdgeschoss stehen die Stühle in der Ecke, in der alten Küche verschwinden jetzt die alten Töpfe vom Herd. Die grüne Mulde hinter dem Haus füllt sich mit immer mehr Flaschen und Unrat.



Mit den Gegenständen weicht nun auch der letzte Rest des Lebens aus dem Haus, das einst in der Dorfmitte Gäste beherbergte und in dem die Allensbacher zahlreiche Feste feierten. Doch wann genau hier erstmals das Tanzbein geschwungen wurde, lässt sich aus dem Buch „Allensbach am Bodensee – Die Geschichte der Gemeinde von den Anfängen bis heute“ aus dem Jahr 2010 nicht entnehmen.
Zweifelsfrei gehört es aber zu den ältesten Gasthäusern Allensbachs. So wird der Adler bereits in einem Verzeichnis aus dem Jahre 1835 aufgeführt. Der Adler von damals, ist allerdings ein anderer als der, der in Kürze abgerissen werden soll. 1861 brannte das Gasthaus nieder und wurde durch einen Neubau ersetzt.
Dieser wird in einer Beschreibung aus den 1870ern als zweistöckiges Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit Metzgerei, Schweineställen, Keller, Tanzsaalanbau mit Schopfraum und Wasch- und Backküche beschrieben. Im Jahr 1908 verfügte der Adler über vier Fremdenzimmer. Sieben waren es nach einem Umbau 1942. Kurz darauf, im Sommer 1944, stellte der Adler den Wirtschaftsbetrieb für eine kurze Zeit ein – die Auswirkungen des Krieges machten auch vor dem Allensbacher Gasthaus keinen Halt.
Doch das Wirtschaftswunder nahte und so herrschte in den 1950ern schon wieder reges Treiben im Adler und die Zahl der Fremdenzimmer wuchs auf 14 Stück, rund zehn Jahre später konnten die Gäste in den warmen Monaten sogar in einer Gartenwirtschaft Platz nehmen. Im Jahre 1984 stab mit Franz Göhring der letzte Wirt des Adlers. Seit seinem Tod blieb das Gasthaus geschlossen.
Zahlreiche Geschichten haben sich in diesen Jahrzehnten hier abgespielt, doch das Ende der Geschichte des Gasthauses ist beschlossene Sache. Es wird abgerissen. An dieser Stelle entstehen Neubauten: Die Sparkasse Reichenau plant dort neben Wohnraum auch Platz für eine Bankfiliale, Gewerbeflächen und Parkplätze. Vor wenigen Tagen haben die Arbeiten begonnen, die das Gasthaus auf den Rückbau vorbereiten sollen.
Asbest wird fachgerecht entfernt werden
Ralf Volber vom Ortsbauamt der Gemeinde Allensbach berichtet dem SÜDKURIER, dass die Entrümpelung bis Samstag, 4. November, abgeschlossen sein soll. So sei es mit der beauftragten Firma abgesprochen. Wie der Leiter des Ortsbauamts, Frank Ruhland, bereits Ende September erklärte, belaufen sich die Kosten der Entrümpelung auf rund 18.250 Euro.
Ab Montag, 6. November, würde dieselbe Firma für rund 21.600 Euro mit der Schadstoffsanierung beginnen. Diese sei nötig, da unter anderem Asbest und alte Teerpappe im Haus verbaut sei. Natürlich würden diese Schadstoffe „fachmännisch entfernt“ und entsorgt werden, wie Volber deutlich betont.

Rückbaudatum steht noch nicht fest
Die Sparkasse will dann möglichst im ersten Quartal 2024 den Bauantrag einreichen. Wann genau der Rückbau des Adlers beginnen wird, sei noch nicht klar, so Volber. Man habe den Auftrag allerdings schon ausgeschrieben. Allzu lang wird es also nicht mehr dauern, bis das Allensbacher Gasthaus Adler endgültig aus dem Ortsbild verschwindet.