Mit zwei hübschen jungen Hegnerinnen, so die Überlieferung, fing alles an. Lisa Karrer und Sophia Bernhard machten sich am Fasnachtssamstag des Jahres 1949 wohl in fröhlicher Stimmung auf nach Allensbach zum fasnächtlichen Tanz im Gasthaus Löwen. Doch lustig wurde es offenbar nicht.
Der Narrenverein Alet als Veranstalter soll dabei im Lauf des Abends immer wieder Damenwahlen für Mäschgerle aus anderen Orten ausgerufen haben – aber nie für die Hegnerinnen, heißt es in der Schlafkappen-Chronik. Und als sie darum baten, habe es geheißen, das bräuchten Hegner nicht. „Ihr seid doch sowieso Schlafkappen.“
Martin Kininger, bis 2019 über zwei Jahrzehnte lang Präsident der Narrengesellschaft aus Hegne, erklärt: „Das wollten die Hegner nicht auf sich sitzen lassen und sind am Fasnetmäntig zum Umzug nach Allensbach als Schlafkappen.“ Entsprechend gewandet, auf einem motorisierten Leiterwagen und mit dem Straßenschild: Schlafkappen Hegne. Gründungsmitglieder waren Robert Apel, Rudolf Bernhard, Siegfried Böhler, Ludwig Mayer, Josef Miehlich und Paul Schieß.
Gern in Allensbach dabei
Die Schlafkappen aus Hegne sind bis heute regelmäßig beim Allensbacher Mäntigumzug dabei. Darüber hinaus seien sie nicht so oft bei größeren Umzügen in anderen Orten dabei, erklärt Simon Malkmus, seit 2019 Präsident: „Die meiste Energie stecken wir in die Dorffasnet.“ Vor allem die Saalfasnacht habe sich in Hegne entwickelt.
Kassierer Ulrich Malkmus berichtet, 1967 habe es erstmals eine Art Bunter Abend in Hegne gegeben – im damaligen Gasthaus Wellenreuther – ohne Mikrofone und ohne Bühne. Die Büttenredner seien auf einem Stuhl gestanden. Martin Kininger fügt schmunzelnd an, dass zur Beleuchtung drei 60-Watt-Birnen an der Decke angebracht gewesen seien. Bis heute stemmt der kleine Verein an jeder Fasnacht zwei Bunte Abende, längst im Gemeindesaal. Das seien diesmal zugleich die Jubiläumsabende, erklärt Simon Malkmus.
Deshalb laute das Motto der Abende „Hegne juweliert“. Es gebe „ein glänzendes, brillierendes Programm“, kündigt der Präsident an. Martin Kininger verrät zu einem geplanten Sketch: „Wir haben Geburtstagsgratulanten aus dem Dorf. Und die drei Tenöre treten auf.“
Grund zu feiern hätten die Schlafkappen auch wegen einer positiven Entwicklung der Dorffasnet in den vergangenen Jahren, sagt Simon Malkmus. „Wir haben wieder ein größeres, bunteres Narrenbild.“ Es gebe neue, jüngere Mitglieder, Familien mit Kindern machen mit. Es habe sich eine Bändelhängergruppe gebildet. Und es würden auch wieder mehr Mäschgerle im Dorf Fasnacht machen und nicht in die Stadt gehen. Trotzdem fiel der Hemdglonkerumzug zuletzt mangels Teilnehmer aus.
Am Schmotzigen Dunschtig sei jedoch recht viel los gewesen. Zusammen mit dem Fanfarenzug und der Häsgruppe Bächlebutzer, die eigenständige Vereine sind, gehe es durchs Dorf zum Wecken, Ortsvorsteher und Lehrer werden abgesetzt und die Schulkinder befreit. Und zum Narrenbaumumzug und Stellen des Baums bilde sich eine schöne närrische Gemeinschaft rund ums Narrenloch, sagt Simon Malkmus.
Eine Besonderheit in Hegne ist das Kloster. Seit 1976 laden die Schwestern am Schmotzigen zum Narrenfrühstück ein. Die Schlafkappen haben stets ein Geschenk dabei – meist ein humorvolles, wie Ulrich Malkmus erklärt. So etwa vor einigen Jahren, als der Zwiebelturm des Schlosses im Kloster zur Restaurierung abmontiert war, eine Nachbildung in Originalgröße – allerdings aus Styropor.
Eine andere Besonderheit der Schlafkappen ist es, dass sie seit 1956 den befreundeten Schneckenbürglern aus Konstanz den Narrenbaum stiften, so Martin Kininger, „weil die keinen Wald haben. Deshalb trifft man sich seit Jahr und Tag und haut Bäume um“.
Dolden passt nicht ins Auto
Groß sei der Kinderball am Fasnachtsdienstag, betont Simon Malkmus: „Da haben wir sehr aktive Mütter und Leute, die die Kinder toll bespaßen.“ Da kämen stets Gäste aus anderen Orten. Ein Höhepunkt der Hegner Fasnacht sei am Dienstag die Usfägete (Hochdeutsch: Ausfegen) zum Abschluss mit Fasnachtsverbrennung, Narrenbaumversteigerung und Tombola.
Ulrich Malkmus weiß von einer Baumversteigerung vor rund 30 Jahren zu berichten, bei der es nur um den Stamm ohne Krone, hier Dolden genannt, ging. Den Dolden wiederum habe es dann bei der Tombola als Preis gegeben – gewonnen habe diesen ein Mann aus Hamburg, der gerade zu Besuch war. Die Hegner Feuerwehr habe später einen Ausflug nach Hamburg gemacht und den Dolden mitgenommen, weil der nicht in den Koffer des Gewinners gepasst habe.
Hauptpreis bei der Tombola sei eine Ausfahrt auf den Bodanrück im Sommer mit dem Tuk-Tuk, dem Umzugswagen der Schlafkappen – einem fahrenden Bett. Da gebe es immer Spiel und Spaß und zum Schluss ein Drei- oder Vier-Gänge-Menü, serviert von den Schlafkappen, erklärt der Kassierer.

Unvergesslich sei das Seenarrentreffen der Bodanrückzünfte gewesen, das 2011 zum ersten und bislang einzigen Mal in Hegne stattfand, so Martin Kininger. Beim großen Umzug am Sonntag seien 1800 Narren durchs kleine Dorf gezogen – „vor 2104 Zuschauern“. Ulrich Malkmus berichtet schmunzelnd, dass es beim Nachtumzug am Freitag zuvor noch einen unfreiwilligen Teilnehmer gegeben habe.
Der Umzug startete oberhalb des Dorfs bei der Meisterklause. Die dortige Zufahrt aus Dettingen sei deshalb gesperrt gewesen. Doch ein Taxifahrer habe die Absperrung einfach umfahren. „Er war dann 40 Minuten lang Umzugsteilnehmer. Ich hab noch nie einen Menschen so gestikulieren sehen.“
Malkmus erklärt Allensbach zum Hegner Teilort
Eigentlich hätte das Seenarrentreffen zum 75. Jubiläum der Schlafkappen wieder in Hegne sein können. Doch Simon Malkmus sagt: „Wir sind noch nicht in der Lage, das auszurichten.“ Der Narrenrat bestehe derzeit nur aus sieben Personen, der Verein versuche, diesen zu erweitern und auch zu verjüngen.
Die Allensbacher Alet hätten dankenswerterweise das Seenarrentreffen übernommen, dafür helfe man dort beim Narrenbändelaufhängen, sagt Malkmus – und fügt schmunzelnd an: „Allensbach ist ja ein Teilort von uns – da muss man ein bisschen unterstützen.“