Zurückhaltung – dieses Wort beschreibt die momentane Situation im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Allensbach. Nur die FDP wagt sich aus der Deckung. Die anderen Fraktionen im Allensbacher Gemeinderat dagegen sehen keine Veranlassung, sich zur Kandidatur des Amtsinhabers Stefan Friedrich zu äußern.

Auf die Anfrage des SÜDKURIER erklärte Karin Heiligmann (Freie Wähler) auch im Namen der anderen Fraktionen lapidar: Man sehe keine Veranlassung, eine Bewertung abzugeben. „Der Souverän war, ist und bleibt der Bürger von Allensbach. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden, nicht der Gemeinderat.“

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Liberale stimmen sich ab

FDP-Gemeinderat Patrick Konopka sieht das anders und gibt – in Abstimmung mit anderen Parteimitgliedern – eine differenzierte Bewertung ab. Man sehe einiges Verbesserungspotenzial, den Liberalen ist der Bürgermeister bei manchen Themen zu passiv. So verweise Stefan Friedrich gern auf die Zuständigkeit höherer Behörden, anstatt die Belange der Bürger deutlich wahrnehmbar zu vertreten.

Als Beispiel nennt Patrick Konopka die vor allem für Eltern wichtige Verkehrssicherheit oder den Erhalt des asphaltierten Radweges entlang der Bahnlinie zwischen Hegne und der Waldsiedlung. „Die Passivität geht teilweise mit Schwächen in der Kommunikation und zu vielen nicht öffentlichen Diskussionen einher“, erläutert Patrick Konopka, „wie zum Beispiel beim Adlerareal oder der fehlenden Kommunikation darüber, dass in der Kaltbrunner Straße eine Erstunterkunft für Migranten entstehen wird. Das sorgt, meist völlig unnötig, für Missstimmung in der Bevölkerung. Hier wäre künftig dringend mehr Transparenz angebracht.“

„Die Kliniken Schmieder werden tun, was sie können“, ist der Allensbacher Gemeinderat Patrick Konopka überzeugt.
„Die Kliniken Schmieder werden tun, was sie können“, ist der Allensbacher Gemeinderat Patrick Konopka überzeugt. | Bild: Tassilo Stewanowitsch

Angesichts des hohen Wohnraumbedarfs gerade junger Familien, aber auch älterer Menschen, hätte sich die FDP nach Angaben ihres Sprechers einen Bürgermeister gewünscht, der das Thema weitsichtiger angeht. Im Baugebiet Breite in Kaltbrunn etwa entstehe im ersten Bauabschnitt für viel zu wenige Menschen Wohnraum.

Und gerade im Zuge der so wichtigen Nachverdichtung sei noch immer nicht diskutiert worden, wie die Gemeinde in Allensbach künftig bauen lassen wolle beziehungsweise müsse. „Weitsicht beziehungsweise Vision ist auch das Stichwort, das in Gesprächen mit Bürgern häufig fällt, wenn es um die Politik des Bürgermeisters geht. Wohin will er die Gemeinde führen? Diese Frage sollte er im Wahlkampf klären.“

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Allerdings bewertet die FDP manches auch positiv. Zum einen gebe es für einen jungen Bürgermeister sicherlich einfachere Aufgaben als einem langjährigen und anerkannten Bürgermeister wie Helmut Kennerknecht nachzufolgen.

„Bürgermeister Friedrich war aber von Beginn an bewusst, dass Traditionen und das Vereinsleben in einer kleinen Gemeinde wie Allensbach einen hohen Stellenwert haben.“ Unter anderem das Christbaumloben vor Weihnachten und die Einführung der Hütte „Zur Auszeit“ seien dabei sehr gute Initiativen zur Stärkung der Dorfgemeinschaft gewesen.

Gut im Blick hat der Bürgermeister nach Ansicht der Freien Demokraten auch die Belange der Ortsteile. „Und in der Kinderbetreuung wurden nach anfänglichen Schwierigkeiten rund um den Kindergartenneubau zuletzt wichtige Fortschritte erzielt.“

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FDP gibt keine Wahlempfehlung

Gut findet die FDP zudem – neben dem guten Miteinander im Gemeinderat – die „ruhige Kommunikation und das besonnene Handeln in Krisensituationen wie zuletzt beim Keimbefall des Wassers oder in der Pandemie, als anders als in anderen Gemeinden auf eine Sperrung des Ufers verzichtet wurde und stattdessen mit dem Aufstellen von Mülleimern das Signal gesetzt wurde, sich draußen aufzuhalten“.

Und wo sollen die Wähler bei der Wahl ihr Kreuz machen? „Die Freien Demokraten werden“, so Patrick Konopka zur Frage aller Fragen, „auch angesichts der noch völlig unklaren Bewerberlage, keine Wahlempfehlung abgeben, sondern der erneuten Bewerbung Bürgermeister Friedrichs und allen anderen möglichen Bewerbern offen gegenübertreten. Aus demokratischer Sicht wäre es aber natürlich wünschenswert, wenn es einen seriösen Gegenkandidaten gäbe.“

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Die Wahl vor acht Jahren hat Stefan Friedrich übrigens klar mit knapp 80 Prozent der Stimmen gewonnen. Er trat damit die Nachfolge von Helmut Kennerknecht an, der sich in 32 Jahren als Bürgermeister hohes Ansehen erworben hatte.