Die Planungen der Sparkasse Reichenau für das Adler-Areal im Allensbacher Ortszentrum bewegen viele Gemüter im Dorf. Rund 100 Besucher erschienen zum Infoabend in der Bodanrückhalle, darunter auch Bürgermeister Stefan Friedrich und einige Gemeinderäte. Zu Wort kamen aber vor allem Anwohner und kritisch gesinnte Vertreter der Bürger-Gruppe Adler-Areal.

Günter Weber, Vorstand der Reichenauer Sparkasse.
Günter Weber, Vorstand der Reichenauer Sparkasse. | Bild: Zoch, Thomas

Als besonders umstritten erwiesen sich dabei die geplanten 15 Parkplätze an der Brunnengasse beim Bahnwärterhäuschen, aber auch die Art der Architektur wurde teils kritisiert. Sparkassenchef Günter Weber zog dennoch ein positives Fazit. „Den falschen Eindruck, dass an den Interessessen der Bevölkerung vorbei geplant wird, konnten wir mit Sicherheit heute korrigieren. Es sind Anregungen dabei, die wir aufnehmen können.“

Was in Allensbach geplant ist

Weber sowie die Architekten Götz Poll und Lars Kratzheller stellten wie schon vor einem Monat im Gemeinderat die Planung vor. Wobei Weber betonte: „Wir sind immer noch im Vorplanungsstadium.“ Aber Grundsätzliches soll sich nicht mehr ändern.

Auf der Südseite der Radolfzeller Straße wird das alte und schon lang leer stehende Gasthaus Adler abgerissen werden. Dort entsteht ein ebenso hoher Neubau mit neuer Sparkassen-Filiale und sechs Wohnungen plus kleiner Tiefgarage darunter. „Wir wollen und müssen neu bauen“, sagte Weber.

Das ehemalige Gasthaus Adler an der Radolfzeller Straße mit dem denkmalgeschützten kleineren Gebäude links daneben.
Das ehemalige Gasthaus Adler an der Radolfzeller Straße mit dem denkmalgeschützten kleineren Gebäude links daneben. | Bild: Matthias Kiechle

Das denkmalgeschützte Adler-Nebengebäude, das Fischerhaus, soll saniert werden. Dort sind Büros und drei Wohnungen geplant. Um den erforderlichen Stellplatznachweis zu erbringen, sei ein begrünter Parkplatz mit 15 Stellplätzen an der Brunnengasse geplant.

Bei den Kosten für diesen südlichen Bereich, der zuerst umgesetzt werden soll, kalkuliere die Sparkasse mit 6,8 bis 8,5 Millionen Euro.

Nach der Präsentation diskutierten einige noch mit den Architekten und Vertretern der Sparkasse – hinten mit der roten Krawatte ...
Nach der Präsentation diskutierten einige noch mit den Architekten und Vertretern der Sparkasse – hinten mit der roten Krawatte Sparkassen-Chef Günter Weber. | Bild: Zoch, Thomas

Vier Mehrfamilienhäuser im Norden

An der Nordseite der Straße sollen danach die alte Sparkasse und das Polizeigebäude aus den 1960er-Jahren verschwinden. Hier sind drei Mehrfamilienhäuser mit Gewerbe- und Arzträumen in den Erdgeschossen geplant.

Ein weiteres ähnliches Mehrfamilienhaus soll an der Höhrenbergstraße entstehen, wo sich heute der Sparkassen-Parkplatz befindet. Insgesamt 18 Wohnungen sind vorgesehen. Zwischen den Häusern und dahinter soll es Freiräume und Spielflächen geben, darunter eine große Tiefgarage.

Auf der Nordseite sind Mehrfamilienhäuser geplant. Rechts in der Visualisierung die Radolfzeller, links die Höhrenbergstraße.
Auf der Nordseite sind Mehrfamilienhäuser geplant. Rechts in der Visualisierung die Radolfzeller, links die Höhrenbergstraße. | Bild: rheinform Architekten

Für diesen Komplex, der etwa ab 2025 realisiert werden könnte, kalkuliere die Sparkasse aktuell mit circa 15 Millionen Euro. Aufgrund von kritischen Stimmen im Vorfeld erklärte Architekt Kratzheller, bei den bisherigen visuellen Darstellungen seien die Grünanlagen nicht so dargestellt, wie sie einmal aussehen sollen. Weber meinte: „Wir sind überzeugt, dass wir hier die möglichst beste Lösung für diese Grundstücke bringen. Und dass der dörfliche Charakter gestärkt wird.“

Was die Besucher sagten

Eine Frau meinte: „Ich finde es bedauerlich, dass es keine kleineren Wohnungen gibt.“ Sparkassenchef Weber erklärte, es gebe sie wohl, aber der Wunsch des Gemeinderats seien vor allem größere Wohnungen.

Ein Mann fragte, ob die Gemeinde an der Planung beteiligt sei. Die Antwort: Nein. Die Sparkasse als Bauherr sei aber immer wieder mit der Gemeinde in Kontakt und habe bisher die Signale bekommen, dass die Richtung stimme.

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Eine Frau fragte: „Ist es zeitgemäß, in einem Ort wie Allensbach Parkplätze in seenaher Lage zu bauen?“ Ein Anwohner stimmte zu: Die Brunnengasse sollte so erhalten werden, wie sie ist. Ein Parkplatz würde sie verschandeln und für noch mehr Verkehr sorgen. Eine weitere Frau ergänzte, die Leute müssten doch nicht zentral parken – das könnten sie zum Beispiel auch auf dem Parkplatz östlich des Bahnhofs und ein Stück zu Fuß gehen.

Weber erklärte, für die Sparkasse gehe es um den erforderlichen Stellplatznachweis im Bauantrag. Die Parkplatzfrage sei ansonsten ein politisches Thema der Gemeinde. Er persönlich finde auch, dass Autos nicht direkt bei den Häusern stehen müssten.

Das ist das Planungsgebiet

Quelle: Sparkasse Reichenau / Bild: google earth / SÜDKURIER-Grafik: Stach
Quelle: Sparkasse Reichenau / Bild: google earth / SÜDKURIER-Grafik: Stach | Bild: Maxi, Stach

Ein Architekt monierte, dass beim Architektenwettbewerb der Sparkasse keine Berufskollegen in der Jury gesessen hätten – beim „größten Projekt im Zentrum seit Jahrzehnten“. Die drei Mehrfamilienhäuser an der Radolfzeller Straße nannte er „Gebäude-Klone“. Das Bauplanungsrecht liege bei der Gemeinde, sagte Weber dazu unter anderem. Und wenn die Bürger das Projekt nicht wollten, könne der Gemeinderat es stoppen.

Ein anderer Architekt meinte, man müsse sich bewusst sein, dass man sich in der Ortsmitte befinde. Wenn man drei Häuser abreißen wolle, müsse man das gut begründen, und das Neue müsse mindestens genauso gut sein. „Es ist unser kulturelles Erbe.“

Die Sparkasse Reichenau hatte beim Infoabend zum Adler-Areal für 200 Besucher Stühle aufgestellt. Es kamen rund 100.
Die Sparkasse Reichenau hatte beim Infoabend zum Adler-Areal für 200 Besucher Stühle aufgestellt. Es kamen rund 100. | Bild: Zoch, Thomas

Weber sagte, man habe den Architekten die Ortsbausatzung gegeben; und er verwies erneut auf die Bauleitplanung der Gemeinde. Das sei zudem ein Verfahren mit Bürgerbeteiligung. Aber Weber erklärte auch: „Das Wort Nachhaltigkeit ist dehnbar. Es ist nicht nachhaltig, Gebäude nicht abzureißen, die am Ende Ruinen sind.“

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Gemeinderat Peter Böttger meinte, es brauche für die Brunnengasse ein Verkehrskonzept – auch für die Bauphase. Weber bestätigte, dort gehe es eng zu. „Das wird eine Herausforderung.“

Adler „grundsätzlich nicht erhaltenswert“

Während manche Bürger beim Infoabend gelegentlich applaudierten, die meisten aber einfach nur zuhörten, äußerte sich am Schluss noch eine junge Frau kritisch gegenüber den Kritikern. „Die Diskussion ist spannend, aber einseitig.“ Sie wohne im Sparkassen-Gebäude, und dieses sei absolut nicht erhaltenswert – ebenso wie der alte, leere Adler.

Man sollte dem Gemeinderat und der Sparkasse dankbar sein, dass hier Wohnraum im mittleren Preissegment entstehen soll, meinte sie. „Wir müssen an die Zukunft denken.“ Es gebe sicher Punkte zu diskutieren wie das Thema Parkplätze, aber: „Ich will nicht, dass das Projekt grundsätzlich in Frage gestellt wird.“

Die Filiale der Sparkasse Reichenau in Allensbach im Mai 2022. Sie kommt ebenfalls weg.
Die Filiale der Sparkasse Reichenau in Allensbach im Mai 2022. Sie kommt ebenfalls weg. | Bild: Lutz, Stefan

Bürgermeister Stefan Friedrich meinte: „Es war gut, dass die Sparkasse hört, was die Bürger vor Ort bewegt. Deshalb haben wir es gemacht. Es gibt ein großes Interesse in der Nachbarschaft.“

Hauptsächlich seien Anwohner da gewesen, die natürlich der Bauablauf und die geplante Bebauung interessierten. Doch: „Grundsätzlich ist klar, dass der Adler kein erhaltenswertes Gebäude ist.“ Und zur nördlichen Straßenseite meinte Friedrich: „Es wird immer Gebäude geben, bei denen sich eine Sanierung nicht rentiert.“