Allensbach steht kurz vor einem der größten Bauprojekte der vergangenen Jahre. Und vor der Lösung eines Problems, das seit langem schon die Bürger und die Politik des Ortes drückt: die Zukunft des Adler-Areals. 2015 hatte die Gemeinde das verfallene Traditions-Gasthaus für 700.000 Euro ersteigert und müht sich seitdem, einen Investor zu finden.
Geschichte des legendären Gasthauses
Es gab zahlreiche Runden mit potenziellen Kandidaten, lange hieß es, ein neues Hotel würde entstehen. Doch am Ende kam es nie zum Abschluss, zu viele Risiken waren mit dem Gelände zwischen Hauptstraße und Bahnlinie verbunden.
Nun gibt es sehr konkrete Pläne und die Gespräche zwischen dem potenziellen Investor und der Gemeinde sind weit. Im Kern könnten alle Beteiligten schon jetzt einschlagen und die Zukunft der Ortsmitte gemeinsam gestalten – ein Punkt ist aber noch offen, der so banal wie wichtig gleichermaßen ist: Stellplätze für Autos.

Ein Ringtausch und in der Mitte: die Sparkasse
Die Sparkasse Reichenau-Allensbach steht dabei im Mittelpunkt eines großen Ringtauschs aus Gebäuden und Grundstücken. Die Sparkasse hat großes Interesse, der Gemeinde das Adler-Problem zu lösen – selbstverständlich nicht aus Nächstenliebe, es muss sich für das Institut auch lohnen. Aber die Lösung, die im Raum steht, hört sich nach einer Lösung an, von der viele profitieren könnten. Doch über was wird hinter den Kulissen gesprochen?
Der Reihe nach: Die Sparkasse betreibt aktuell schräg gegenüber vom Adler-Areal ihre Filiale, zum Gebäude gehören ein großer Parkplatz und eine angrenzende, unbebaute Wiese (Ziffer 1 und 2 in der Grafik). Daneben steht ein Gebäude, in dem sich der örtliche Polizeiposten befindet und das der Gemeinde gehört (Ziffer 3). Da die Polizei voraussichtlich im Sommer 2023 in den Neubau in der Kaltbrunner Straße ziehen wird, kann das Haus neu genutzt werden. Aber wie?
Das Bauvorhaben könnte bis zu 20 Millionen Euro schwer sein
Die Idee ist: Die Sparkasse erwirbt dieses Haus und das dazugehörige Grundstück, verbindet es mit den eigenen Grundstücken und reißt alle existierenden Gebäude darauf ab, auch das eigene, das Ende der 1970er-Jahre gebaut worden ist. Auf der dann frei werdenden Fläche sollen vier neue Mehrfamilienhäuser mit 16 Mietwohnungen entstehen, dazu Spielplatz, Tiefgarage und rund 1000 Quadratmeter Fläche für Läden und Geschäfte. Erste konkrete Entwürfe sind bereits ausgearbeitet und liegen vor, die Planungen sind weit vorangetrieben.


Zu den Entwürfen gehört aber auch eine Neuplanung des Adler-Areals – das für die Gemeinde bisher nahezu unverkäuflich war (Ziffer 4 in der Grafik). Die Sparkasse würde es ebenfalls erwerben, das alte Gasthaus abreißen und auf dem nahezu identischen Grundriss einen Neubau errichten – darin dann voraussichtlich auf zwei Etagen die neue Sparkassen-Filiale und darüber weitere sechs Wohnungen. Das kleine denkmalgeschützte Haus neben dem Adler würde aufwändig saniert, denn abgerissen werden darf es nicht. Auch hier entstünden drei neue Wohnungen.


Die Sparkasse, so heißt es, plant für das gesamte Vorhaben eine Investitionssumme zwischen 15 und 20 Millionen Euro. Ein großes Projekt für das kleine Dorf Allensbach mit mehreren positiven Aspekten: Es entsteht neuer Wohnraum, der sich bei den Mietpreisen am Mietspiegel orientieren soll, die Sparkasse kann neue Räume beziehen, die Gemeinde hat das Adler-Problem gelöst und der Ort erhält eine lebendigere Mitte.
Wohin mit 90 Parkplätzen?
Sowohl Bürgermeister Stefan Friedrich als auch die Mehrheit der Fraktionen im Gemeinderat unterstützen die Idee. „Das ist wirklich eine große Chance“, sagt Friedrich. Allein ein Punkt ist noch unklar, der bei Bauvorhaben in Allensbach immer wieder für Diskussionen sorgt: Wohin mit den Autos der Bürger in den neuen Häusern?


Die Sparkasse plant zwar Tiefgaragen sowohl unter den Mehrfamilienhäusern als auch unter dem Adler – aber nach den derzeitigen Plänen decken sie den Bedarf an Stellplätzen fürs Gesamtprojekt nicht. Benötigt werden zwei Parkplätze pro Wohnung, also mindestens 50.
Das schreibt die Gemeinde vor und Ausnahmen erhält praktisch niemand im Dorf, auch der normale Bürger um die Ecke nicht. Hinzu kämen Mitarbeiter- und Kundenparkplätze für die Sparkasse selbst, es werden in Summe also mindestens 80 Stellplätze benötigt werden, vielleicht auch 90.
Ein Problem, das man lösen kann:
- Erste Variante: Die Sparkasse treibt eine zweite Parkebene in die Erde unter die neuen Häuser. Wahrscheinlichkeit: gering, denn zu teuer.
- Zweite Variante: Die Sparkasse erwirbt von der Gemeinde ebenfalls noch das Grundstück an der Bahnlinie (in der Grafik Ziffer 5) und baut einen ebenerdigen Parkplatz. Wahrscheinlichkeit: möglich, aber nicht effizient.
- Dritte Variante: Sparkasse und Gemeinde bauen gemeinsam ein mindestens zweistöckiges Parkdeck auf der Wiese an der Bahnlinie, so dass auch noch öffentliche Parkplätze im Dorf entstehen können. Wahrscheinlichkeit: hoch, denn die Gemeinde hätte damit die Chance, den Rathausplatz autofrei zu kriegen.
Günter Weber, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse, hat mit viel Engagement das Projekt vorangetrieben und will nicht drängen. „Uns ist sehr wichtig, mit der Gemeinde gutes Einvernehmen zu haben.“ Dennoch hofft er auf eine Vorentscheidung im Gemeinderat, idealerweise bei der nächsten Sitzung im Juni.
„Wenn es gut läuft, können wir Anfang 2023 einen Bauantrag einreichen“, sagt Weber. Der weitere Zeitplan steht in den Sternen, aber die neue Sparkassenfiliale am alten Adler könnte Ende 2024 fertig sein, die Mehrfamilienhäuser könnten 2025 stehen. Den Gemeinderäten steht eine wegweisende Entscheidung für die Ortsmitte von Allensbach bevor.