Eigentlich hätte der Allensbacher Ortsverein der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) einigen Grund zu feiern. Seit der Hauptversammlung Anfang März ist der Vorstand endlich wieder fast komplett. Nur der Posten des zweiten Vorsitzenden ist aktuell vakant.

Jubiläumsfeier auf 2021 verschoben

Die eigenständige Allensbacher DLRG-Gruppe wurde vor 50 Jahren gegründet. Und das Gnadenseeschwimmen sollte am 18. Juli bereits zum 40. Mal stattfinden. Doch dann kam Corona – und änderte vieles.

Beim ersten Seeschwimmen im Jahr 1973. Bild: dlrg
Beim ersten Seeschwimmen im Jahr 1973. Bild: dlrg | Bild: Zoch, Thomas

Die Jubiläumsfeier beim Auftakt der Wachsaison am 24. Mai fiel aus. „Wir versuchen es jetzt nächstes Jahr“, so der Vorsitzende Heiner Fritze. Einige Gründungsmitglieder gebe es noch – inklusive ihm selbst. Und das Seeschwimmen sei gestrichen. „Wenn schönes Wetter ist, ist das Strandbad voll“, begründet Fritze. Und bei rund 200 Teilnehmern wie in den Vorjahren sei es kaum möglich, diese auseinander zu halten.

Wegen Corona kein Schwimmunterricht

Wegen Corona konnte die Gruppe auch eine ihrer Hauptaufgaben nicht erfüllen: Kindern das Schwimmen beizubringen. „Wir hatten im März noch Training“, so Fritze. Doch dann seien die Bäder geschlossen worden – das in der Schmieder-Klinik und das von Schloss Königsegg auf der Reichenau, wo es eine Kooperation mit der dortigen Gruppe gibt. Normalerweise mache man zwei Schwimmkurse im Jahr mit jeweils 30 bis 35 Kindern, berichtet Fritze.

Das Fischerstechen bei einem der esrten Seetorfeschte Ende der 1980er-Jahre. Bild: dlrg
Das Fischerstechen bei einem der esrten Seetorfeschte Ende der 1980er-Jahre. Bild: dlrg | Bild: Zoch, Thomas

„Das ist im Frühjahr komplett ausgefallen. Und für den Herbst haben wir noch keine positive Rückmeldung.“ Das Problem seien zum einen die Zugangsbeschränkungen der Bäder. Und: „Kinderausbildung geht nur im direkten Kontakt.“ Damit kann die Allensbacher DLRG aktuell nicht ihre stolze Bilanz ausbauen. Denn in den vergangenen Jahrzehnten habe man rund 1600 Kindern das Schwimmen beigebracht und bei noch einmal derselben Zahl von Kindern und Jugendlichen weiterführende Prüfungen abgenommen.

Gnadenseeschwimmen seit 1973

Doch nicht nur damit hat die Allensbacher DLRG das Dorf mit geprägt. Zwei besondere Anlässe im Jahresverlauf hat die Gruppe etabliert: Zum einen das Gnadenseeschwimmen, das 1973 zum ersten Mal mit 132 Teilnehmern stattfand. Damit sei die Allensbacher Gruppe die erste am Untersee gewesen, die solch ein Schwimmen für Jedermann angeboten habe, so Fritze. Und weil die Strecke mit 1500 Metern nicht so lang und das Wasser nicht so kalt sei wie an manch anderem Ort, gebe es viele Teilnehmer, darunter auch ganz junge und recht alte sowie auch von weiter weg.

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Den Höchststand habe man Mitte der 1990er-Jahre mit rund 450 Teilnehmern erreicht. Und es habe auch einen traurigen Tiefpunkt gegeben: 2010 verstarb ein Mann infolge eines Herzinfarkts. „Das war ein prägendes Erlebnis für uns“, so Fritze. Seither weise man die Teilnehmer nachdrücklicher darauf hin, auf ihre Gesundheit zu achten, die Teilnehmerzahl sei begrenzt und es gebe ein Zeitlimit von 60 Minuten, dann hole man die Nachzügler aus dem Wasser.

Der Start zum Gnadenseeschwimmen im Jahr 2010.
Der Start zum Gnadenseeschwimmen im Jahr 2010. | Bild: DLRG

Aufwand für Seetorfescht zu groß

Zudem war die DLRG-Gruppe 1986 Mitbegründer des Seetorfeschts – und sorgte dort gleich für eine besondere Attraktion: das Fischerstechen. Anfangs seien die Teilnehmer ganz normal in Badekleidung angetreten und hätten Besenstiele oder dergleichen als Lanzen verwendet, um den Kontrahenten aus dem Boot ins Wasser zu befördern.

Bei einem der ersten Seetorfeschte machte die DLRG zusammen mit der Feuerwehr eine Demonstration.
Bei einem der ersten Seetorfeschte machte die DLRG zusammen mit der Feuerwehr eine Demonstration. | Bild: DLRG

Die originellen Verkleidungen seien dann nach und nach dazu gekommen. Und als Höhepunkt habe der SWR 1995 ein Fischerstechen für den Film „Der Fischerkrieg“ an der Lände gedreht, zum Teil mit örtlichen DLRG-Aktiven. „Seither haben wir die schönen bemalten Lanzen.“ Vor mehr als zehn Jahren stieg die DLRG aber beim Seetorfescht aus – wegen Personalmangels und aus wirtschaftlichen Gründen, wie Fritze erklärt.

Großprojekt Wasserrettungswache

Die größte vereinsinterne Aktion war der Bau einer Wasserrettungswache (WRW). Rund 30 000 Euro Eigenmittel und 100 000 Euro Landeszuschuss seien dafür nötig gewesen. Deshalb habe man 1994 beschlossen, aus der Ortsgruppe einen Ortsverein zu gründen, was 1997 erfolgte. Ein solcher sei besser geeignet, um so ein Projekt zu managen, meint Fritze.

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Damals habe es auch schon erste Pläne gegeben. Doch bis zur Umsetzung und Einweihung im Jahr 2015 dauerte es dann doch recht lang. Das habe schließlich geklappt, weil die Gemeinde das Strandbad komplett neu gebaut habe. In ihren Anfängen waren die Allensbacher DLRG-Aktiven noch im alten Strandbad im Bereich des heutigen Seegartens im Einsatz. Im Bad am jetzigen Standort dienten viele Jahre ein altes Zelt und ein Baucontainer als Unterkunft.

Kein Eis-Dienst mehr im Winter

Manch andere Aufgabe hatte sich irgendwann erledigt. So habe die DLRG im Wechsel mit Feuerwehrleuten im Winter Eis-Dienst geleistet, um gestürzten oder eingebrochenen Schlittschuhläufern zu helfen. Bis 2017, so Fritze: „Dank Klimawandel spielt das keine Rolle mehr.“

Und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrtausends gab es sogar eine eigene Tauchergruppe. Diese sei dann im wahrsten Sinne abgetaucht, als der Hauptverantwortliche und andere Mitglieder wegzogen – aus schulischen oder beruflichen Gründen. Das sei eines der Probleme bis heute, so Fritze. Deshalb fehle bei den Aktiven die Altersgruppe von 16 bis etwa Mitte 20. Der technische Leiter Michael Hog, der die Badeaufsicht im Strandbad macht, habe meist nur jüngere Rettungsschwimmer zur Unterstützung.

Ersatz für „Moby Dick“

Eine größere Anschaffung steht möglicherweise in den kommenden Jahren an: ein Ersatz für das seit 1981 genutzte Rettungsboot „Moby Dick“. Ob Heiner Fritze, seit 1990 Vorsitzender, das noch managen wird, wisse er nicht. Eigentlich hat er angekündigt, dass er 2021 abtreten wolle.

„Theoretisch ja“, sagt er heute lachend, werde das so sein. Doch abgesehen davon, dass ein Nachfolger nicht in Sicht ist, sei er aufgrund der veränderten Lage bereit, noch mal für eine Amtsperiode von drei Jahren anzutreten, so Fritze: „Wie sich das mit Corona entwickelt, muss man sehen.“