Noch einmal überprüfen Jule Leonhardt und Hedda Albert, ob ihre Schwimmbrillen gut sitzen. Die Mädchen, zehn und elf Jahre alt, zeigen auf eine gelbe Boje im See, die auf dem glitzernden Wasser tänzelt. Sie sind aufgeregt, aber auch voller Vorfreude: Sobald das Startsignal ertönt, beginnt der Massenstart des Gnadenseeschwimmens. Die 1500 Meter lange Strecke führt um mehrere Bojen herum zurück ans Ufer, wo die Sportler unter dem Jubel der Zuschauer empfangen und mit einer Teilnehmermedaille belohnt werden.

Jeder Schwimmer des Seeschwimmens Allensbach bekommt im Ziel eine Teilnehmermedaille überreicht.
Jeder Schwimmer des Seeschwimmens Allensbach bekommt im Ziel eine Teilnehmermedaille überreicht. | Bild: Carolin König

Zum 41. Mal fand am Samstag das Seeschwimmen in Allensbach statt. Überall wimmelt es von Helfern in gelben und roten T-Shirts: Der Allensbacher Ortsverein der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) aktiviert zahlreiche Mitglieder und bekommt Unterstützung von der Feuerwehr Allensbach und dem Angelsportverein. Vorsitzender Heiner Fritze verkündet stolz: „Wir haben mit 203 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Marke geknackt“. Zehn bis 73 Jahre sind die Teilnehmer alt und kommen größtenteils aus der Region, aber auch aus Berlin, München und der Schweiz.

Der 7-jährige Tamino Goldschmidt wartet im Ziel mit einem selbst gebastelten Schild auf seine Schwester Mascha, die mit ihren 11 Jahren ...
Der 7-jährige Tamino Goldschmidt wartet im Ziel mit einem selbst gebastelten Schild auf seine Schwester Mascha, die mit ihren 11 Jahren am Seeschwimmen teilnimmt. | Bild: Carolin König

Sarah Kraffzik kann ihre Schwester Tabea Thiele ganz kurzfristig zum Mitmachen bewegen. Ihr Ziel ist es, die Strecke gemeinsam zu absolvieren und die Stimmung in der großen Gruppe zu genießen. „Die Distanz ist nicht die Herausforderung, aber Schwimmen im Freiwasser fühlt sich ganz anders an als im Schwimmbecken“, sagt Kraffzik. „Die Sonne blendet, die Sicht im Wasser ist schlechter und die Wellen sind ungewohnt.“ Ebenfalls dabei ist die 38-jährige Alice Kovalova-Müller. Sie kennt die Situation bereits aus dem vergangenen Jahr und hat sich vorgenommen, die Strecke dieses Mal in unter vierzig Minuten zu schaffen. Für Teilnehmer Klaus Petermann, der aus Karlsruhe für das Seeschwimmen angereist ist, gilt die Devise: Dabei sein ist alles. „Die Stimmung ist wunderbar und ich habe gut trainiert, um die Strecke zu schaffen“, so der 72-Jährige.

Startschuss bei perfekten Bedingungen

Um 12 Uhr dann der Startschuss bei perfekten Bedingungen und einer Wassertemperatur von 24 Grad: Die Sportler stürzen sich ins Wasser und schwimmen auf die erste Boje zu – manche im zügigen Kraul, andere mit kraftvollen Brustzügen, denn alle Schwimmstile sind erlaubt. Mehr als 20 Boote sind an der Schwimmstrecke positioniert, darunter zahlreiche Fischerboote, jeweils mit einem DLRG-Mitglied an Bord. Sie kümmern sich um die Sicherheit der Schwimmer und sind da, falls jemand Hilfe benötigt.

„Man darf nicht unterschätzen, wie viel Schweiß der Körper beim Schwimmen verliert, auch wenn sich das Wasser wie eine Abkühlung anfühlt“, erklärt Marcel Indlekofer, zweiter Vorsitzender der DLRG Allensbach. Für zusätzliche Sicherheit sorgen die Schwimmbojen, die jeder Schwimmer hinter sich herzieht. Der leuchtend gelbe Ballon wird mit einem Gurt um die Taille befestigt. „Man bemerkt die Boje beim Schwimmen kaum, aber sie hilft uns enorm, die Schwimmer im Wasser gut zu sehen“, so Indlekofer.

DLRG-Jugendleiter Manuel Häusle macht es vor: An diesem heißen Tag müssen die Schwimmer gut auf ihren Wasserhaushalt achten.
DLRG-Jugendleiter Manuel Häusle macht es vor: An diesem heißen Tag müssen die Schwimmer gut auf ihren Wasserhaushalt achten. | Bild: Carolin König

Ein 13-Jähriger ist strahlender Gewinner

Nach knapp 27 Minuten lauter Jubel an Land: Als erster Schwimmer kommt der 13-jährige Liam Greis ins Ziel. Er ist ein echter Freiwasser-Profi und das Wasser ist sein Element. „Heute habe ich einen guten Rhythmus gefunden und konnte am Ende noch mal richtig Gas geben“, sagt der Konstanzer, der beim Schwimmverein Sparta mehrmals pro Woche trainiert.

Der 13-jährige Konstanzer Liam Greis kam nach knapp 27 Minuten beim Seeschwimmen in Allensbach als Erster ins Ziel.
Der 13-jährige Konstanzer Liam Greis kam nach knapp 27 Minuten beim Seeschwimmen in Allensbach als Erster ins Ziel. | Bild: Carolin König

Nach und nach kommen weitere Schwimmer aus dem See und freuen sich über ihren Erfolg. Eine gute Stunde nach dem Start bekommt Heiner Fritze die Information: Alle Schwimmer sind wohlbehalten an Land, keiner ist früher ausgestiegen, niemand musste aufgeben. Bis auf einen einzigen Wadenkrampf gab es keine Probleme. „Das ist das erste Mal, dass alles so glattläuft“, freut sich Fritze. Wenn es einer weiß, dann er. Seit dem ersten Seeschwimmen in Allensbach im Jahr 1973 ist er als Helfer und Organisator dabei. Für ihn sei es jeweils der Höhepunkt des DLRG-Jahres.

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Dieses Ereignis lässt sich auch der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung nicht entgehen und nimmt selbst am Seeschwimmen teil. „Mein Bronze-Schwimmabzeichen bei der DLRG ist schon lange her“, lacht er. „Aber das hier ist eine große Gaudi und gute Werbung für unsere Heimat“, sagt der CDU-Politiker. Er betont seinen Respekt gegenüber den ehrenamtlichen Helfern, die das ganze Jahr über für die Sicherheit am Wasser sorgen. „Für mich sind sie unsere Helden vom See.“

Bundestagsabgeordneter Andreas Jung wurde von Helferin Renate Hog dazu motiviert, selbst als Schwimmer ins Allensbach teilzunehmen.
Bundestagsabgeordneter Andreas Jung wurde von Helferin Renate Hog dazu motiviert, selbst als Schwimmer ins Allensbach teilzunehmen. | Bild: Carolin König

Die Veranstaltung hinterlässt viele strahlende Gesichter: „Es war toll. Ich habe mich dank der ständigen Begleitung im Wasser sicher gefühlt“, sagt Alice Kovalova-Müller. Auch Jule und Hedda halten stolz ihre Teilnehmermedaillen in der Hand: „Wir machen nächstes Jahr auf jeden Fall wieder mit“.