Das Hochwasser im Raum Stockach hat bei der Kläranlage Stockacher Aach zwischen Bodman, Ludwigshafen und Espasingen am Samstag ein kritisches Ausmaß erreicht. Wiesen und Straßenteile waren rund um die Anlage und den benachbarten Hofladen so stark überflutet, dass THW und Feuerwehr eingreifen mussten: Laut den Einsatzkräften bestand die Gefahr, dass bei einem weiter steigenden Wasserpegel das Hochwasser in die Klärbecken eingedrungen wäre und zum Beispiel noch nicht fertig geklärtes Wasser Richtung Bodensee mitgespült hätte. Zudem drohte dem Trafogebäude an der Kläranlage Gefahr, so dass dort frisch gefüllte Sandsäcke aufgestapelt wurden.
Steffen Bretzke, Gesamtkommandant der Feuerwehr Bodman-Ludwigshafen, erklärte vor Ort im Gespräch mit dem SÜDKURIER, warum der Bereich so problematisch ist: „Die Stockacher Aach macht hinten einen Bogen, dort läuft es in ein Feld rein und das kommt alles hierher. Wir wollen die Kläranlage schützen – das ist unser Hauptbestreben.“ Daher sei das THW Radolfzell mit der Großpumpe angefordert worden. Zum Trafogebäude ergänzte er, dass die Kläranlage für den Notfall über eine Notstromversorgung verfüge.

Zwei Einsatzstellen für die Pumpen
Der Großteil der Fahrbahn sowie der Wiesen direkt um den Maschendrahtzaun bei den Klärbecken standen unter Wasser. Mehrere Tauchpumpen des THW sollten dort den Wasserstand senken. Mit mehreren Schläuchen beförderten sie das Hochwasser in ein Feld auf die anderen Seite der voll gesperrten Straße „An der Hurtbrücke“.
An der benachbarten Einsatzstelle beim Hofladen Müllers Obstkiste lief ein Großgerät. Thomas Zimmermann, Zugführer des THW Radolfzell, erläuterte, dass die Schmutzwasserpumpe 5000 Liter pro Minute befördern könne. Das Wasser, das vom Bereich hinter der Kläranlage aus der überlaufenden Stockacher Aach kam und Obstanlagen sowie Wiesen bei Müllers Obstkiste geflutet hatte, wurde mit diesem Gerät auf die andere Seite der Kreisstraße in eine Wiese gepumpt.
THW hat die Lage im Griff
Da die Pumpe eine gewisse Wassertiefe brauchte, wurde mit einem kleinen Bagger wiederholt eine Vertiefung geschaffen. Während die Radolfzeller THW-Kräfte an der Kläranlage im Einsatz waren, halfen die Stockacher Kollegen übrigens, in Radolfzell Sandsäcke zu füllen. An der Kläranlage sollten dann im Straßenbereich ein Sandsack-Wall errichtet werden, damit das Wasser in die Äcker geleitet werden.
Wie die Feuerwehr weiter berichtet, mussten zudem am Abend weitere Kräfte in die Bahnhofstraße ausrücken und dort den Abwasserkanal mit Pumpen entlasten, da die Kläranlage die Leistung habe drosseln müssen und es dadurch zu einem Abwasser-Rückstau gekommen sei.
Wie Steffen Bretzke am Sonntagvormittag bestätigte, konnte der Einsatz an der Kläranlage mittlerweile wieder beendet werden, die Aach laufe derzeit nicht mehr über.

Sandsäcke-Füllen als Vorbereitung
Aber nicht nur an der Kläranlage war die Feuerwehr am Samstag im Einsatz. Auch in Bodman-Ludwigshafen liefen Vorbereitungen für den Ernstfall. Die Feuerwehr und die Gemeinde gingen davon aus, dass der Seepegel noch steigen wird, 1500 kleine Sandsäcke seien darum gefüllt worden und circa 2000 leere Säcke seien noch in Reserve da, so Steffen Bretzke.
Neben diesem Großeinsatz gab es eine Vielzahl weiterer Einsatzstellen im Raum Stockach. In Ludwigshafen sei Wasser im Keller des Adlers und des Zollhauses eingedrungen und in Stockach und den Ortsteilen war die Feuerwehr ab dem Morgen bis in die Nacht hinein im Einsatz.
Wie Pressesprecher Felix Ritter auf Nachfrage berichtet, sei die Feuerwehr so zunächst am Samstagvormittag bis zum Mittag in Winterspüren im Einsatz gewesen. Dort sei der Bach im Bereich der Bonndorfer Straße über die Ufer getreten, dadurch seien in einigen Häusern Keller vollgelaufen. Auch Anwohner hätten sich dort gegenseitig geholfen. Und auch später sei die Feuerwehr in den Ortsteilen und der Kernstadt noch bis in die Nacht zu weiteren Einsätzen ausgerückt, unter anderem, um Bachläufe zu kontrollieren. Außerdem habe es einige umgestürzte Bäume, kleinere Erdrutsche und überflutete Straßen gegeben.
Zudem sei zwischen Orsingen-Nenzingen und Stockach ein Stromleitungsbrand gemeldet worden, da dort durch den Regen ein Ast auf die Oberleitung gefallen sei. Hier habe die Feuerwehr Stockach die Feuerwehr Orsingen-Nenzingen mit einem Fahrzeug unterstützt, allerdings habe es laut Felix Ritter „kein größeres Einsatzgeschehen“ gegeben.

Die Stadt Stockach veröffentlichte am Samstagmorgen in den sozialen Medien die Meldung über die Sperrung kleiner Fußgängerbrücken sowie des Radwegs am Bierkellerweg, wo es einen Hangrutsch gegeben hat: „Aufgrund der aktuellen Situation sind folgende Wege in Stockach gesperrt: Fußgängerbrücke Waldstraße/Heinrich-Bettinger-Straße und Im Grün/Untere Walke. Ebenso ist wegen Baum- und Hangrutsch der provisorische Radweg an den Bierkellern Richtung Rißtorf-Kreisel nicht befahrbar und daher für die Durchfahrt gesperrt.“
Auch Julian Schmitt von der Feuerwehr Espasingen, der auch einer der Pressesprecher der Gesamtwehr ist, erzählte am Samstag von Hochwassereinsätzen in verschiedenen Stockacher Stadtteilen. Das neue Hochwasserwarnsystem zeige, wie überall entlang der Stockacher Aach die Pegel angestiegen seien, ergänzt er. Der Gemeindeverbindungsweg von Espasingen nach Wahlwies stand am Samstag teilweise 40 Zentimeter unter Wasser. Absperrungen, die eigentlich für das Espasinger Dorffest am Sonntag bereitgestellt worden seien, kämen nun dort zum Einsatz, da das Fest im Werner-und-Erika-Messmer-Haus stattfindet, berichtete er.
L194-Teilstück ist gesperrt
In Hohenfels gab es nicht nur mindestens eine überschwemmte und gesperrte Straße, sondern die Landesstraße 194 ist zwischen Mahlspüren im Tal und Kalkofen musste wegen eines Erdrutsches gesperrt werden, teilte der Hohenfelser Bürgermeister Florian Zindeler in den sozialen Medien mit. Dort war ein Stück aufgeweichter Hang über den Radweg neben der Fahrbahn gerutscht. Wie Florian Zindeler mitteilt, müsse sich ein Geologe die Situation ansehen.
Am Sonntagvormittag hatte sich die Situation wieder etwas entspannt. Wie Felix Ritter berichtete, waren bei der Feuerwehr Stockach keine weiteren Einsatzmeldungen eingegangen. In Bodman-Ludwigshafen musste die Feuerwehr dagegen bereits wieder zu vollgelaufenen Kellern ausrücken, zudem habe auch das Seehotel Adler mit Rückstauwasser zu kämpfen.