Auf dem Küchentisch von Maryna Hrynyuk ist wieder einmal wenig Platz. Neben den Spenden stapeln sich die ersten Päckchen, die sie für die nächste Lieferung in die Ukraine zusammengestellt hat. Die gebürtige Ukrainerin hat von Bodman aus mithilfe eines Helferkreises und ihrer Freunde, Bekannten und Kollegen schon einige erfolgreiche Aktionen zur Unterstützung der Menschen in ihrem Heimatland organisiert.

Gleich nach Kriegsbeginn im März 2022 sei die Helferkreis-Gruppe gegründet worden. Die Idee dazu hatte Erika Zahn, Jennifer Mendler habe dafür eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, sagt Maryna Hrynyuk. Schnell waren damals zwei Carports übervoll mit Kisten, Windeln und Konserven. Drei Transporte gingen dank eines alten Bekannten bis an die Grenze zur Ukraine und wurden dort übergeben.

Die Helferin kommt selbst aus der Ukraine

Maryna Hrynyuk stammt aus einem Dorf in Transkarpatien, rund 60 Kilometer entfernt von der Grenze zu Europa. Nachdem sie Anfang der 2000er-Jahre als Aupair in Bodman gewesen war, kam sie 2019 mit ihren heute zehnjährigen Zwillingen zurück an den Bodensee. Sie fühlen sich hier sehr wohl. Die 45-Jährige ist eigentlich Englischlehrerin, bereitet aber an zwei Schulen ukrainische und andere ausländische Schüler darauf vor, am Regelunterricht teilnehmen zu können und dank entsprechender Deutschkenntnisse einen Schulabschluss zu erlangen.

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Bisher sei ihr Heimatdorf von Schüssen und Luftangriffen verschont geblieben, erzählt sie. Einige der Männer, die sich von dort freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatten, seien aber gestorben. Ihre Spenden gingen an die vielen Bedürftigen im Ort, aber auch an die Männer, die im Einsatz sind. Auch die dortigen Einwohner würden die Männer unterstützen. Hrynyuk sagt: „Neulich haben die Mitarbeiterinnen des Kindergartens unsere heimischen Spezialitäten gebacken und hingeschickt. Die Schule in meinem Heimatort ist auch immer wieder im Einsatz.“

Ihre erste eigene Aktion von Bodman aus wurde im November 2022 zum Auftakt der Adventszeit ins Leben gerufen. Sie nannte sie „Advent, Advent, ein Lichtlein brennt“. Es war die Zeit, als es in der Ukraine häufig stundenlang keinen Strom gab. Daher sammelte sie Kerzen und Taschenlampen sowie Winterbekleidung wie Schals und Handschuhe und Süßes. Im Februar 2023 ging das Sammeln in die zweite Runde mit Kerzen, Taschenlampen, Kleidung und Süßem.

Auf ihren jüngsten Spendenaufruf kamen wieder viele Artikel. Weil sie alle Tüten gleich befüllt, muss Maryna Hrynyuk manchmal warten, ...
Auf ihren jüngsten Spendenaufruf kamen wieder viele Artikel. Weil sie alle Tüten gleich befüllt, muss Maryna Hrynyuk manchmal warten, bis von allen Dingen gleich viele vorhanden sind. | Bild: Maryna Hrynyuk

Zu Ostern folgte die dritte Aktion mit 80 einheitlichen Lebensmittelpaketen voller 500 Gramm Kaffee, Schinken, Süßes und je ein Shirt für einen Mann und eine Frau.

Keine Spenden für Kriegsgerät

Auch für die vierte Aktion im Dezember 2023 und Januar dieses Jahres fand sie einen Schwerpunkt: Verschickt wurden Spaghetti, Nudelsoße, Stollen, Tee und Schokolade für die Kinder zu Weihnachten, das in der Ukraine später als bei uns gefeiert wird. „35 einheitliche Pakete habe ich zusammenbekommen“, berichtet Maryna Hrynyuk. Diese habe sie zum Teil selbst in die Ukraine gebracht.

Das Geld, das ihr gespendet wurde, habe sie einem Mann in ihrem Heimatdorf gegeben, der von dort aus Transporte Richtung Osten organisiert, wo sie den Soldaten gezielt helfen sollen. Ganz wichtig ist ihr dabei, dass von dem gespendeten Geld keinerlei Kriegsgerät gekauft wird.

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So kommen die Pakete in die Ukraine

Maryna Hrynyuk verpackt alle Spenden in Tüten und diese in große Kartons. Die Pakete bringt sie nach Radolfzell, wo Pendelfahrer, die regelmäßig in verschiedenen Orten Südbadens Personen und Pakete aufnehmen, sie abholen. Sie erklärt: „Die Pendler geben die Kartons in der Ukraine zur Post. Sie werden an meine Schwägerin geschickt, die dann verantwortlich fürs Verteilen ist. Unsere Spenden gehen vor allem an alleinstehende Menschen oder an Familien mit vielen Kindern.“

Aktuell sammelt sie für die „Fasten“-Aktion. Da sich in der Ukraine viele Menschen ab dem 18. März, wenn dort die Fastenzeit beginnt, streng an die Regeln halten und vorwiegend pflanzliche Nahrungsmittel aufnehmen, hat sie in den verschiedenen Spenden-Gruppen genau mitgeteilt, was sie benötigt: 500 g trockene Linsen, Fischkonserven, Nüsse, einen Liter Speiseöl und für die Kinder Schokolade. Die würden schließlich nicht fasten, erklärt sie.

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Sie achtet auf flache, kompakte und platzsparende Verpackungen. „Erwünscht sind nur Plastikverpackungen, kein Glas oder Dosen.“ So merkwürdig sich das anhöre, sie denke dabei auch an die Umwelt: „Eine Glasflasche kann schon beim Transport kaputtgehen. Und es gibt dort keine Glascontainer. Es gibt auch keinen gelben Sack wie hier. Konservendosen sind noch dazu schwerer als die Plastikverpackung.“

Engagement hat nachgelassen

Das Engagement habe mit der Zeit schon etwas nachgelassen, stellt Maryna Hrynyuk fest. Aber auf ihre Freunde und Bekannten kann sie zählen. 24 Tüten hatte sie Anfang März schon beisammen. Im Wechsel bittet sie im Helferkreis, bei ihren Ex-Kollegen der Grundschule Güttingen und bei ihren aktuellen Kollegen an der Gemeinschaftsschule Eigeltingen sowie dem BSZ Radolfzell um Unterstützung. Den vielen großzügigen Menschen, die immer wieder Waren abgeben, sei sie unglaublich dankbar, betont sie.