Man sieht sie derzeit überall: Traktoren, die Hänger mit vollen Apfelkisten hinter sich herziehen. Es duftet nach Äpfeln, sobald man in die Nähe der Anlagen kommt, und das Obst sieht aus wie gemalt. Momentan ist Haupterntezeit. Zwei Obstbauern aus Bodman erzählen, wie die Apfelernte 2022 läuft.

Der 34-jährige Philipp Kuppel hat 16 polnische Erntehelfer. Sie kamen im Bus her, wohnen auf dem Hof der Familie und versorgen sich selbst. Zum Einkaufen stehen ihnen die Hof-Autos zur Verfügung. Im Ort können sie aber auch fußläufig alles besorgen, was sie zum Kochen brauchen. Der Obstbaumeister kennt die Helfer schon lange. Einige verstehen etwas Deutsch, sonst spricht er englisch mit ihnen.

Philipp Kuppel in seiner Pinova-Anlage. Die Äpfel sehen aus wie gemalt, sind gleichmäßig rot gefärbt und haben nahezu die gleiche Größe ...
Philipp Kuppel in seiner Pinova-Anlage. Die Äpfel sehen aus wie gemalt, sind gleichmäßig rot gefärbt und haben nahezu die gleiche Größe – ein hervorragendes Ergebnis, findet der 34-Jährige. | Bild: Claudia Ladwig

„Perfektes Jahr für den Obstanbau“

In diesem Jahr hätten sie deutlich früher als sonst mit dem Pflücken begonnen. „Das ist dem Sommer geschuldet. Das war ein perfektes Jahr für den Obstanbau, eine gute Blüte, kein nennenswerter Frost, kein Hagel“, erklärt Philipp Kuppel.

Nachdem der Bienenflug vorbei war, hat er die Hagelschutznetze geöffnet. Dadurch war es auch etwas schattiger und die Früchte waren vor Sonnenbrand durch intensive Sonneneinstrahlung geschützt. Die Netze werden erst nach der Ernte wieder geschlossen.

„Andere Regionen hatten mit Trockenheit zu kämpfen, hier am Bodensee gab es keinen Wasserstress. Die Äpfel haben eine super Qualität und eine schöne Fruchtgröße“, schwärmt der Obstbauer. Es seien die besten Äpfel seit langem, betont Kuppel.

Äpfel wie gemalt – dieses Jahr gibt es die besten Früchte seit langem, sagt Obstbaumeister Philipp Kuppel aus Bodman. Bild: ...
Äpfel wie gemalt – dieses Jahr gibt es die besten Früchte seit langem, sagt Obstbaumeister Philipp Kuppel aus Bodman. Bild: Claudia Ladwig

Mensch und Maschine arbeiten bei Ernte zusammen

Zehn Stunden am Tag läuft die Arbeit in den Obstanlagen. Drei halbautomatische Erntemaschinen unterstützen die Erntehelfer. Philipp Kuppel sagt: „Niemand muss mehr schwere Kisten heben, die Pflückleistung wird extrem gesteigert. Man legt die Äpfel auf die Förderbänder, den Rest erledigen die Maschinen.“ Deren Einsatz sei bei den steigenden Lohnkosten unerlässlich.

Klima ist ein zunehmendes Problem

Der Landwirt weist darauf hin, dass Obstbau nicht planbar sei. „Das Klima ist unser Hauptgegenspieler. Es wird extremer, deshalb muss der Boden noch vitaler werden.“ Er setze dabei auf Mulchabdeckung und bodenschonendes Arbeiten. Beregnung im großen Stil funktioniere nicht, die Wasserentnahme sei schwierig.

„Man muss einfache Lösungen finden, schlau mit der Natur arbeiten und ihr dadurch helfen“, so Kuppel. Ein Baustein seien Leguminosen wie Klee und Luzerne. Sie binden an ihrem Wurzelwerk Stickstoff aus der Luft, wodurch eine kostenintensive und umweltbelastende Zufuhr von Stickstoffdüngern entfällt.

Ernte noch bis Anfang November

Die Ernte wird aufgrund der Menge der Früchte bis in die erste Novemberwoche dauern. Zwei Drittel der Äpfel gehen an den Großmarkt, der Rest zunächst ins CA-Lager und später auf Abruf an den Großhändler. Auch im Hofladen werden die eigenen Äpfel verkauft. CA steht für den englischen Begriff „controlled atmosphere“, also ein Lager mit kontrollierter Atmosphäre.

Michael Koch erntet gerade die Sorte Pinova. Die Äpfel, die ganz oben hängen, werden im zweiten Durchgang mit Hilfe eines Traktors mit ...
Michael Koch erntet gerade die Sorte Pinova. Die Äpfel, die ganz oben hängen, werden im zweiten Durchgang mit Hilfe eines Traktors mit Hebebühne gepflückt. | Bild: Claudia Ladwig

Ähnlich läuft es bei Michael Koch. Auch der 54-Jährige ist zufrieden mit der aktuellen Ernte. Bei ihm arbeiten 30 polnische Erntehelfer, die meisten sind schon seit vielen Jahren für ihn tätig. Er hat sie in eigenen Wohnungen vor Ort untergebracht und auch eine Ferienwohnung angemietet. Acht weitere Helfer wohnen in zwei Mobile Homes, einer Mischung aus Wohnwagen und Haus, in Orsingen.

In Kochs Betrieb kommt eine Erntemaschine zum Einsatz, sonst wird mit Erntezügen geschafft. So oder so müsse aber jeder Apfel in die Hand genommen werden, macht Koch klar.

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Steigende Produktionskosten sind Problem

Er erzählt, dass eine Anlage prinzipiell 15 bis 25 Jahre genutzt werden könne. Wenn aber am Markt die Sorte nicht mehr nachgefragt werde, könne es vorkommen, dass die schönste Anlage mit der besten Apfelqualität nicht abgeerntet werden könne, weil es sich wirtschaftlich nicht rentiere.

Mindestlohn, Energie- und Produktionskosten – alles werde teurer. „Ein paar Cent mehr pro Kilo und wir wären alle Sorgen los, denn wir können unsere gestiegenen Kosten nicht weitergeben“, sagt Michael Koch.

Unter dem Hagelschutznetz sind die Äpfel neben Hagel auch etwas vor direkter Sonneneinstrahlung und der Gefahr eines Sonnenbrandes ...
Unter dem Hagelschutznetz sind die Äpfel neben Hagel auch etwas vor direkter Sonneneinstrahlung und der Gefahr eines Sonnenbrandes geschützt. | Bild: Claudia Ladwig

Auf die Apfel-Größe kommt es an

Für den Verkauf muss die Qualität stimmen. Koch sagt deutlich: „Zu große oder zu kleine Äpfel sind nicht verkäuflich, die wandern direkt ins Mostobst. Obst zweiter Klasse drückt den Preis für die erste Klasse. Die Supermarktketten bestimmen das Geschäft. Auch deren Spenden werden verrechnet, am Ende zahlen wir Erzeuger.“

Der Lebensmitteleinzelhandel habe eine große Macht, sagt er. Dort werbe man zwar gerne mit regionaler Ware, biete aber deutlich mehr Äpfel aus dem Ausland an, weil diese im Einkauf günstiger seien.

Regionalität könnte bei Lieferketten helfen

Dabei sei aus seiner Sicht mehr Regionalität notwendig. „Wir haben in letzter Zeit gesehen, was passiert, wenn Lieferketten nicht funktionieren. Lebensmittelsicherheit in Deutschland finde ich einfach wichtig.“

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