Zum Eintreten in das Haus an der Seestraße 26 in Bodman gehört momentan ein bisschen Mut. Der Zugang ist nur über den Steg eines Baugerüsts möglich. Nach der Schwelle folgen zwei alte Türen, die als provisorischer Fußboden umfunktioniert sind. An der Rückseite des Gebäudes fehlen momentan sogar große Teile der Fassade, da das Fachwerk aufgrund der angeschütteten Erde total verfault gewesen sei, erzählt der Bauherr.

Doch Astrid und Mathias Kreibich schwärmen, wenn sie von der Geschichte des Gebäudes erzählen. Sie sanieren aufwendig das Gemäuer aus dem Jahr 1607, in das sie einziehen wollen. Der Architekt und die Historikerin aus Nürnberg sind von dem Haus und seiner Geschichte fasziniert – und das steckt an, wenn man es betritt. Dabei sind an diesem Tag Vertreter der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Glücksspirale und dem Museumsförderverein Bodman.

Sie freuen sich über die Sanierung (von links): Wilderich Graf von und zu Bodman, Marina Roßmann (Glücksspirale), Regina Modenbach ...
Sie freuen sich über die Sanierung (von links): Wilderich Graf von und zu Bodman, Marina Roßmann (Glücksspirale), Regina Modenbach (Museums-Förderverein), Bauherrin Astrid Kreibich, Bauherr Mathias Kreibich und Christine Blessing (Deutsche Stiftung Denkmalschutz). | Bild: Löffler, Ramona

Denn das Ehepaar wird bei seinem Großprojekt unterstützt: Vom Land hat es bereits 320.000 Euro Fördermittel für die Sanierung erhalten. Von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gab es nun mit Hilfe aus Mitteln von der Glücksspirale von Lotto Baden-Württemberg für das Fundament noch 80.000 Euro. „Das ist reales Betongold“, scherzt Matthias Kreibich bei der Führung durch das Haus.

Beim Abschreiten der Wände beschreibt Kreibich zu den verschiedenen Steinmaterialien in den Wänden, man könne daran die gesamte Geologie ...
Beim Abschreiten der Wände beschreibt Kreibich zu den verschiedenen Steinmaterialien in den Wänden, man könne daran die gesamte Geologie des Bodensees sehen. Und Graf Bodman ergänzt, dass sicherlich auch Steine aus der ehemaligen Kaiserpfalz von Bodman darunter sein könnten. | Bild: Löffler, Ramona

Sanierung könnte bis zu 2 Millionen Euro kosten

Auf SÜDKURIER-Nachfrage schätzt er die Gesamtkosten der Sanierung auf 1,5 bis 2 Millionen Euro. „Über das Geld darf man nicht nachdenken, wenn man so etwas anfängt. Das kann man nur machen, wenn es eine Herzenssache ist“, ist sich das Ehepaar einig, das die Finanzierung gesichert hat. Mehr möchten sie dazu nicht sagen. Ihr Fokus liegt auf dem Erhalt des Hauses und seiner besonderen Geschichte.

Damit wagen sie etwas, was Christine Blessing von der Stiftung bei ähnlichen Häusern nur selten beobachtet: „Es gibt so viele Schätze, aber nur wenige trauen sich heran.“

Hier wohnte ein wichtiger Amtsträger

Familie Kreibich und Wilderich Graf von und zu Bodman wechseln sich beim Erzählen von der Geschichte des Hauses ab: Ehe der Uferpark aufgeschüttet worden sei, habe das Haus an einer kleinen Bucht gelegen und man erkenne noch die Rampe zum Haus hin. Zudem sei das Gebäude sehr großzügig angelegt und habe im Erdgeschoss an der linken Ecke, von der Straße aus gesehen, einmal ein Fensterband gehabt. Jemand habe also Wert auf Seesicht gelegt. Erst später sei ein Teil davon zugebaut worden.

All dies zeige, dass das Haus eine besondere Funktion im Ort gehabt habe: Es sei nach dem aktuellen Wissensstand die Vogtei gewesen, also Sitz des Gemeindeverwalters der Herrschaft. Der Vogt sei in etwa das gewesen, was heute ein Bürgermeister sei. „Der Vogt wurde auf einen Vorschlag der Bürger hin von der Herrschaft berufen“, so Graf Bodman. In diesem Fall: von seinen Vorfahren.

Die Besucher sind fast ganz oben. Über eine Treppenleiter, an der Graf Bodman steht, würde es noch ein Stückchen weiter gehen.
Die Besucher sind fast ganz oben. Über eine Treppenleiter, an der Graf Bodman steht, würde es noch ein Stückchen weiter gehen. | Bild: Löffler, Ramona

Gab es eine Gefängniszelle?

Graf Bodman brachte sogar das Jahrhunderte alte Urbar ins Haus, also den Vorgänger des Grundbuchs. Mathias Kreibich stockt fast der Atem, als er davon erzählt. Denn was in Archiven mit Anträgen und strengen Vorschriften verbunden ist, kann der Graf einfach aus dem eigenen Archiv holen und quer durch den Ort tragen, um es in der Seestraße 26 auf den Küchentisch zu legen. „Das war unglaublich und hat mich sehr berührt.“

Ein interessantes und vielleicht pikantes Detail der bisherigen Entdeckungen: Das Haus könnte eine Arrestzelle gehabt haben. Die Kreibichs und Graf Bodman vermuten dies bei einem kleinen Raum, der so etwas wie eine kleine Durchreiche in der Wand gehabt habe. Das sei aber bisher nicht belegbar.

War die kleine Holzmauer einmal eine Wand einer Arrestzelle und hatte eine Durchreiche? Diese Vermutung gibt es, lässt sich laut Bauherr ...
War die kleine Holzmauer einmal eine Wand einer Arrestzelle und hatte eine Durchreiche? Diese Vermutung gibt es, lässt sich laut Bauherr Mathias Kreibich und Graf Bodman bisher aber nicht belegen. | Bild: Löffler, Ramona

Aufwendige Arbeiten, um das Denkmal zu retten

Und wie sieht es momentan im Haus aus? Manche Räume haben keinen Fußboden oder keine Decke – je nach Perspektive. Im Erdgeschoss sind die Decken kaum höher als die Türen. Im ersten Stock und unter dem Dach ist mehr Luft nach oben. Aber warum dieser Unterschied? Im Erdgeschoss waren die Wohnräume, in denen sich die Wärme gut halten sollte.

Das Fensterband von früher wollen die Kreibichs im ersten Raum restaurieren. Zwischen den Behörden, dem Land und Bauherren sei es ein Geben und Nehmen mit Forderungen und Wünschen gewesen. Man habe ihnen das Fensterband zugestanden.

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Das denkmalgeschützte Haus sei bereits etwas angehoben worden, um Verformungen auszugleichen. Zudem habe man Stück für Stück ein Fundament bauen müssen, da es zuvor keines gegeben habe. Eine Art Stahlskelett und Stützbalken halten momentan alles zusammen, bis die Wände entsprechend saniert und stabilisiert seien, erklärt Kreibich auf Rückfrage.

Von Nürnberg zum Traumhaus am Bodensee

In der ganzen Geschichte des Hauses seit 1607 seien die Kreibichs erst die dritten Besitzer. Zunächst habe das Grundstück mit Haus dem Gräflichen Haus gehört. Später sei es an eine Familie verkauft worden und innerhalb dieser weitervererbt worden. Die Kreibichs haben es im Jahr 2020 gekauft.

Die Vorderfront.
Die Vorderfront. | Bild: Löffler, Ramona

Das Paar habe gemeinsam mit Freunden und Bekannten alles selbst entkernt. Dabei seien viele spannende Fundstücke zutage gekommen. Sie stellen den ursprünglichen Grundriss wieder her, an dem sie bis auf einen Durchbruch nichts verändern wollen. So werde das Original-Denkmal sichtbar und erhalten. Alle Wandverkleidungen oder Umbauten würden rückgängig gemacht.

Bereits jetzt zeigen die Kellerwände auch so einiges an Historie. Beim Abschreiten beschreibt Kreibich zu den verschiedenen Steinmaterialien in den Wänden, man könne daran die gesamte Geologie des Bodensees sehen. Graf Bodman ergänzt, dass Steine aus der ehemaligen Kaiserpfalz von Bodman darunter sein könnten.

Alle Beteiligten freuen sich bereits: „Wenn wir fertig sind, sieht man das 17. Jahrhundert“, sagt Mathias Kreibich. Bis dahin braucht es aber noch Geduld: Er rechnet damit, dass der Einzug im Jahr 2025 sein wird.