Nein, er war nicht immer da – dieser atmosphärische Platz im Herzen der Engener Altstadt. Wo heute Einheimische und Touristen ihren Kaffee mit Sicht auf das wunderschöne, historische Gebäude-Ensemble trinken, die Kinder um die Martinssäule spielen und Passanten in den Geschäften und im Bürgerzentrum ihre Erledigungen machen, parkten einst die Autos vor einem wenig anmutenden Gebäudekomplex.

Der ließ mit seinem Zweckbau-Charme so gar nicht auf dessen mittelalterlichen Ursprung schließen. Erst durch die Sanierung der Engener Altstadt in den siebziger Jahren bekam der zentrale Platz seinen historischen Charakter zurück.
Manfred Sailer, Engener Bürgermeister von 1972 bis 1996, erinnert sich noch genau, wie die Altstadt vor der Sanierung ausgesehen hat. „1975 war in dem Haus der Polizeiposten, das Notariat, eine Wohnung und der Rest stand leer“, erinnert er sich mit Blick auf das Gebäude am Marktplatz, in dem sich heute unter anderem eine Buchhandlung, ein Teil der Stadtverwaltung und ein Café befinden.

Auf dem Platz selbst hätten sich die parkenden Autos aneinandergereiht, so Sailer. Dass die historischen Gebäude innen wie außen dringend sanierungsbedürftig waren, zeigt Manfred Sailer anhand eines Fotos aus dem Inneren des „Adler“, an der Flanke des Marktplatzes. Das Bild von 1980 zeigt ein in die Jahre gekommenes Plumpsklo, das bis zur Sanierung im Einsatz war.

Aus heutiger Sicht vollkommen klar, dass hier etwas geschehen musste. Und trotzdem, so erinnert sich Manfred Sailer, seien die Engener zunächst nicht von seiner Sanierungsidee begeistert gewesen. „Die Engener wollten keine Altstadtsanierung. Das historische Ensemble wurde nicht als wertvoll angesehen. Und die Hauseigentümer hatten Angst, nach der Investition keine Mieter zu finden“, schildert Sailer. Es kostete den engagierten Bürgermeister viel Überzeugungsarbeit bis das Projekt umgesetzt werden konnte. Großzügige Sanierungszuschüsse oder steuerliche Vorzüge, griffen sanierungswilligen Eigentümern unter die Arme. Wollten Hausbesitzer nicht investieren, bot die Stadt den Kauf der Gebäude an.

So wandelte sich der Marktplatz, wie viele weitere Gebäude und Freiflächen, Stück für Stück vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan. Die kunstvollen Malereien an den Fassaden, wie auch am Adler am Marktplatz, haben keinen Anspruch dem ursprünglichen Äußeren zu gleichen. Im Zuge der Arbeiten habe man aber im Adler, der wenn man genau hinschaut, aus drei Einzelgebäuden besteht, Renaissancemalereien gefunden. Ebenso ein halbrundes Fenster, das sich seit der Sanierung wieder am Haus befindet. Auch auf mittelalterliche Decken und Fresken stießen die Experten. „So hat man die mittelalterlichen Malereien an der Fassade nachempfunden“, weiß Manfred Sailer. Auf der Stirnseite des Hauses ist eine Frau aufgemalt, die sich aus dem Fenster beugt und einen Brief in der Hand hält, in dem Brief der Maler seiner Frau mitteilen soll – wie Sailer verrät – dass es jetzt kalt geworden ist und er nach Hause zurückkomme.
„Die Furcht der Engener hat sich völlig ins Gegenteil verkehrt“, erzählt der ehemalige Bürgermeister. Mit der Sanierung habe sich die soziale Struktur in der Altstadt zum Positiven gewandelt und die Engener hätten „ihre“ Altstadt schätzen gelernt. Und das ist bis heute so.

„Sie ist der zentrale Ort in der Stadt und die Identifikation von Heimat mit der Stadt Engen. Wir sind sehr dankbar, dass die Sanierung durchgeführt wurde“, konstatiert Engens heutiger Bürgermeister Johannes Moser.